Julia Festival Band 0103
erzählen. Einfach und gefährlich …
„Dazu ist es leider zu spät.“ Er trank den letzten Schluck Wein und fragte sich, warum er so schal schmeckte. „Wenn ich Ihnen zu dieser späten Stunde noch von Schießereien und Wilderern berichte, können Sie nicht schlafen.“
„Vielleicht.“ Holly lachte nervöse, denn wahrscheinlich würde sie sowieso die ganze Nacht wach liegen. Welche Frau könnte auch ruhig schlafen, wenn sie sich mit einem Mann wie Luke Goodwin unter einem Dach befand?
4. KAPITEL
Allen Befürchtungen zum Trotz schlief Holly ausgezeichnet in dem wunderschönen Schlafzimmer mit der hohen Balkendecke und den zartblau gestrichenen Wänden. Vom Fenster aus hatte man einen herrlichen Blick auf die Wiese hinter dem Haus, die von Obstbäumen umsäumt war.
Als Holly aufwachte, war es kurz vor neun. Sie reckte sich ausgiebig, rieb sich die Augen und stand auf, um ans Fenster zu gehen. Der Garten erinnerte sie stark an die Illustrationen ihrer alten Kinderbücher, und Holly wäre nicht überrascht gewesen, wenn die Bäume angefangen hätten zu sprechen.
Sie öffnete das Fenster, machte sich frisch, schlüpfte in Lukes Bademantel und wollte sich gerade auf die Suche nach ihrer Kleidung machen, als es an der Tür klopfte. Holly öffnete, und Luke stand auf der Schwelle.
Sein Haar war noch feucht vom Duschen, und die tiefen Schatten unter seinen Augen verrieten, dass er eine schlaflose Nacht verbracht hatte. Er trug Jeans und einen dicken dunkelblauen Wollpullover.
„Guten Morgen, Holly. Gut geschlafen?“, begrüßte er sie heiter und gelassen, obwohl ihr Anblick sofort wieder jene Fantasien weckte, die ihm den Schlaf geraubt hatten.
Holly nickte. „Wie ein Murmeltier!“ Sie strahlte ihn an.
„Beneidenswert.“ Er sah, wie sie hektisch versuchte, den Gürtel ihres, oder vielmehr seines, Bademantels enger zu schnüren, und reichte ihr schnell ihre Anziehsachen. „Hier, ich glaube, das können Sie jetzt gut gebrauchen. Alles gewaschen, gebügelt und zusammengefaltet.“
Sie nahm ihm die Wäsche ab und betrachtete ihn erstaunt. „Ich bin beeindruckt“, gestand sie ehrlich.
Luke zwinkerte ihr belustigt zu. „Ein richtiger Mann faltet keine Wäsche zusammen, stimmt’s? Das ist bestimmt ein weiteres Ihrer Vorurteile Männern gegenüber.“
„Ich kenne zu wenige Wildhüter, die Aufseher eines afrikanischen Nationalparks sind und in England ein Herrenhaus besitzen, als dass ich mir ein Urteil bilden könnte“, gab sie schlagfertig zurück. „Aber wenn es hart auf hart käme, könnten Sie in jeder Wäscherei problemlos einen Job finden.“
Sie drückte den Stapel mit ihren Kleidungsstücken vor die Brust, wobei ihr schwarzer Spitzenslip hervorrutschte. Siedend heiß wurde ihr bewusst, dass Luke ihn ebenso wie ihre Jeans in der Hand gehabt haben musste.
„Ich zieh mich jetzt schnell an“, sagte sie verlegen.
„Das Frühstück ist in zehn Minuten fertig.“
„Normalerweise frühstücke ich nicht.“
„Das sieht man.“ Kritisch ließ er den Blick über ihre schmalen Hüften gleiten. „Eine schlechte Angewohnheit. Körper und Geist müssen nach der langen Nachtruhe wieder auf Trab gebracht werden. Nach einem kräftigen Frühstück werden Sie gleich viel zuversichtlicher in den neuen Tag blicken. Glauben Sie mir das, Holly.“
Holly überspielte ihre Verlegenheit mit einem Lachen und machte ihm die Tür vor der Nase zu. Nach ihren Erfahrungen mit den zahllosen Liebhabern ihrer Mutter hatte Holly das Vertrauen in Männer verloren. Doch einem Mann, der die Nacht unter einem Dach mit ihr geschlafen hatte, ohne etwas von ihr zu wollen, und der für sie gekocht, gewaschen und gebügelt hatte, konnte sie glauben.
Als sie in die Küche kam, stand Luke am Herd und briet Frühstücksspeck. Ihr lief das Wasser im Mund zusammen. „Das riecht ja köstlich“, gestand sie.
Er wendete die hauchdünnen Scheiben und sah auf. „Setzen Sie sich und trinken Sie Ihren Orangensaft“, wies er sie an, wobei ihm auffiel, dass es das erste Mal war, dass er einer Frau Frühstück machte, mit der er nicht geschlafen hatte. Aus den Augenwinkeln beobachtete er, wie sie gedankenverloren das Etikett eines Marmeladenglases betrachtete. „In der Kanne dort ist Kaffee“, erklärte er ihr. „Oder möchten Sie lieber Tee?“
Sie schüttelte den Kopf und schenkte sich ein. Der Kaffee war schwarz, stark und aromatisch. „Mm, wunderbar“, seufzte sie nach dem ersten
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