Julia Festival Band 0103
Gedanken auf und blickte Paul Millington verwirrt an.
„Sie wollten mir gerade schildern, wie Finn und Sie sich kennengelernt haben“, erinnerte er sie.
„Oh ja, natürlich.“ Amber lächelte. Warum sollte sie die Geschichte auch nicht erzählen? Durch den Ring hatte Finn sich öffentlich zu ihr bekannt, hatte der Welt gezeigt, dass sie, Amber O’Neil, die Frau seiner Wahl war. Und durch dieses Interview wollte sie demonstrieren, dass sie und keine andere die Frau an seiner Seite war.
Das war der Grund, warum sie das Interview gab. Denn die Freude über den Ring hatte schnell einer tiefen Desillusionierung Platz gemacht. Ihre Hoffnung, die Verlobung würde die Beziehung zu Finn tiefer und inniger werden lassen, hatte sich nicht erfüllt, denn es hatte sich nichts geändert. Ist das nach einer Verlobung normal?, fragte sie sich. Muss das so sein?
„Tja, wie habe ich Finn kennengelernt?“, überlegte sie laut, als sie Paul Millingtons fragenden Blick nicht länger ignorieren konnte. „Eigentlich war es nichts Besonderes. Nein, ich möchte es anders formulieren, natürlich war es etwas ganz Besonderes, nur …“ Amber wusste nicht mehr weiter und biss sich auf die Lippe. Wie sollte sie Liebe auf den ersten Blick beschreiben, noch dazu zwischen einem unbedeutenden Mädchen wie ihr und einem erfolgreichen Mann, der von Frauen nur so umschwärmt wurde?
Der Reporter stellte das Tonband ab. „Ich mache Ihnen einen Vorschlag.“ Er lächelte übertrieben freundlich. „Lassen Sie uns etwas trinken, dann ist es einfacher, miteinander ins Gespräch zu kommen.“
„Soll ich uns einen Tee machen?“
„Tee? Haben Sie schon mal einen Reporter erlebt, der Tee trinkt?“ Er lachte. „Ich dachte eigentlich eher an etwas Anregenderes und habe vorsorglich eine Flasche Champagner mitgebracht. Lassen Sie uns auf Ihre Verlobung anstoßen!“
Amber nickte unsicher. Ihre Rolle als Finns zukünftige Frau war noch so neu, dass sie nicht wusste, wie sie sich zu benehmen hatte. Konnte sie mit einem Mann, den sie nicht kannte, mitten am Tag Champagner trinken? Da Robert Millington das jedoch ganz normal zu finden schien, lächelte sie. „Natürlich, Mr. Millington, sehr gern.“
„Nennen Sie mich doch ganz einfach Paul.“ Geschickt entkorkte er den Champagner und schenkte zwei Gläser ein. „Auf Ihre Zukunft!“ Er stieß mit Amber an.
Der helle Klang der Kristallgläser erinnerte Amber an Hochzeitsglocken. Ja, das war es, was sie sich für die Zukunft wünschte. Hochzeitsglocken.
Sie träumte von einer ganz altmodischen Hochzeit mit kirchlicher Trauung, zu der sie nur die Familie und die engsten Freunde einladen wollte. Medienrummel und einen Empfang mit Showeffekt in einem noblen Restaurant, wie es in Medienkreisen allgemein üblich war, lehnte sie ab. Das hatte sie jedoch Finn noch nicht sagen können, da sie über die Hochzeit noch gar nicht gesprochen hatten. Auch hier fragte sich Amber, ob das bei einem verlobten Paar normal war.
Paul Millington stürzte den Inhalt seines Glases mit einem Zug hinunter und schaltete dann den Rekorder wieder ein. „Nun schießen Sie los. Wie hat es angefangen? Lassen Sie mich raten: Es war schon immer Ihr Traum, Model zu werden, stimmt’s?“
Amber schüttelte den Kopf. „Das kann man nicht sagen.“
„Aber Sie waren doch von klein auf gewöhnt, dass man Sie wegen Ihrer Schönheit bewunderte.“
„Auch das ist falsch. In dem Viertel von London, in dem ich groß geworden bin, zählten andere Eigenschaften. Um sich in einer überbelegten und heruntergekommenen Mietskaserne durchzusetzen, braucht man mehr als ein hübsches Gesicht.“
Paul Millington blickte überrascht auf. Er hätte seine Hand dafür ins Feuer gelegt, dass Amber, die so kultiviert, so zart und zerbrechlich wirkte, eine verwöhnte Tochter aus bestem Hause war. „Wirklich?“
„Ja, wirklich.“ Amber trank einen kleinen Schluck Champagner und amüsierte sich insgeheim über den schockierten Gesichtsausdruck ihres Gegenübers. „Meine Mutter war früh Witwe geworden, und das Geld war knapp. Sie hat sich von früh bis spät abrackern müssen, um meine Schwester und mich durchzubringen. Außerdem haben wir in Verhältnissen gelebt, in denen es für ein Mädchen durchaus gefährlich ist, gut auszusehen.“
„Gefährlich?“, fragte Paul Millington plötzlich hellwach. Das hörte sich ja nach einer sensationellen Story an.
Gedankenverloren blickte Amber vor sich hin. Sie musste an ihre Mutter denken und
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