Julia Festival Band 0103
das Atelier und den Laden führt. Vielleicht gründe ich auch mit anderen jungen und talentierten Designerinnen eine Gesellschaft – schließlich hat nicht jede das Glück, das Startkapital für die Selbstständigkeit in einem Preisausschreiben zu gewinnen. Einige meiner ehemaligen Kommilitoninnen haben schon ihr Interesse an Woodhampton bekundet.“
„Kein Wunder! Die hoffen doch nur, sich hier auch einen Millionär zu angeln.“
„Luke ist kein Millionär in dem Sinne, Michelle. Ein Großteil der Erbschaft ist fest angelegt und …“
„Ich weiß, das Leben ist hart.“ Michelle zwinkerte ihr liebevoll zu. „Aber ganz im Ernst, Holly, du bist wirklich eine sehr, sehr glückliche Frau.“
„Ich hätte Luke auch geheiratet, wenn er Wildhüter geblieben wäre“, erwiderte Holly.
„Das weiß ich doch, du Dummchen.“ Michelle tätschelte ihr den Arm. „Ich meine, du bist glücklich, weil du ihn gefunden hast. Die Art, wie er dich ansieht, wenn er sich unbeobachtet wähnt, hat mir den Glauben an die Männer wiedergegeben.“ Sie schniefte. „Schrecklich, gleich muss ich weinen, und dann verläuft meine Wimperntusche. Hast du übrigens Lukes Trauzeugen gesehen?“
„Natürlich. Er heißt Will und ist ausgesprochen nett.“
„Ich weiß.“ Michelle seufzte. „Er ist so gar nicht das, was ich erwartet hatte. Er macht einen durch und durch englischen Eindruck – er ist so ganz anders als Luke.“
„Die beiden sind alte Schulfreunde. Wenn du möchtest, werde ich dir Will nachher vorstellen.“
„Oh ja, bitte!“ Michelle rückte ihren extravaganten Hut ein letztes Mal zurecht. „Ach, ehe ich es vergesse, ich soll dir die herzlichsten Glückwünsche von meiner Freundin Mary übermitteln. Sie ist außer sich vor Glück, dass ausgerechnet sie das Kleid gewonnen hat.“
Holly lächelte. „Wie schön, dann scheint ja jeder glücklich zu sein.“ Sie nahm ihren Strauß entgegen und betrachtete ihn eine Weile gedankenverloren. Dann reckte sie sich. „Ich bin bereit, Michelle. Lass uns gehen.“
Der Organist hatte keinerlei Schwierigkeiten mit den afrikanischen Rhythmen, die sich Luke für die Zeremonie gewünscht hatte, und auch die Gemeinde schien Gefallen an der ungewohnten Musik zu finden, die sehr viel fröhlicher und ausgelassener klang, als man es auf einer englischen Hochzeit gewöhnt war.
Hollys Mutter war allein gekommen, ihren Mann hatte sie an der Hotelbar zurückgelassen. Männer konnten Hochzeiten einfach nicht so genießen wie eine Frau. Außerdem konnte sie so die allgemeine Aufmerksamkeit allein auf sich konzentrieren. Schließlich war sie es gewesen, die Hollys Kleid entworfen hatte. Sie seufzte. Wenn sie vor all den Jahren nur das gewusst hätte, was sie heute wusste …
Neben ihr saß Ursula O’Neil, die von der Einladung zur Hochzeit völlig überrascht gewesen war. Holly hatte ihr jedoch erklärt, allein ihren Hinweisen sei es zu verdanken gewesen, dass das Kleid entdeckt werden konnte, und daraufhin hatte Ursula die Einladung voller Freude angenommen. Ihre Schwester Amber jedoch war zu Hause geblieben. Ihre eigene Hochzeit war in letzter Minute abgesagt worden, und Amber konnte im Moment den Anblick von glücklichen Brautpaaren und festlich geschmückten Kirchen einfach nicht ertragen, ohne in Tränen auszubrechen.
Auch Caroline war eingeladen worden, hatte aber, wie erwartet, abgelehnt. Sie hatte ihnen eine schrecklich gemusterte Tischdecke geschickt und sich mit der Begründung entschuldigt, dass sie unabkömmlich sei, da sie ihr neues Haus einrichten müsse.
Luke saß neben seinem Trauzeugen Will in der ersten Reihe und genoss die Musik und die herrlichen Farben der bunt verglasten Fenster, durch die strahlender Sonnenschein fiel. Luke fühlte sich ausgeglichen und zufrieden und hielt sich für den glücklichsten Mann der Welt. Zwar wusste er nicht, was die Zukunft bringen würde, aber wer wusste das auch schon? Er hatte noch nicht einmal entschieden, ob sein Kind hier oder in Afrika geboren werden sollte. Es spielte auch keine große Rolle, denn Holly war ebenso anpassungsfähig wie er. Hauptsache, Holly und er waren zusammen, alles andere würde sich finden.
Die afrikanischen Weisen verstummten zugunsten eines traditionellen Hochzeitsmarsches, und die Gäste erhoben sich feierlich. Luke wusste nicht, ob es den Regeln entsprach, aber er tat es einfach, weil es ihm ein Bedürfnis war: Er drehte sich nach Holly um. Langsam und aufrecht schritt sie durch die Kirche. Ihre
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