Julia Festival Band 0103
und schwierig für sie ist, braucht sie nicht nur meinen Rat, sondern auch den ihrer Mutter. Und so gut, dass sich die beiden ein Hotel leisten könnten, verdient Karolina noch nicht. Die beiden sind also auf meine Hilfe angewiesen.“
„Die du ihnen äußerst großzügig gewährst!“
„Natürlich, Amber. Das gehört schließlich zu meinem Job.“
Amber lächelte, obwohl ihr nicht danach zumute war. „Das stimmt. Trotzdem wünschte ich manchmal, dass wir mehr Zeit füreinander hätten.“
Finn sah sie an. „Du wünschst dir also, dass wir nicht so erfolgreich wären?“
Amber senkte den Blick und drehte den Ring an ihrem Finger. „Ich wünschte, es gäbe ein Mittelding zwischen Arbeitslosigkeit und so viel Arbeit, dass man für die eigentlichen Dinge des Lebens keine Zeit mehr findet.“
„Aber so ist die Geschäftswelt.“ Finn zuckte die Schultern. „Da gibt es nur alles oder nichts.“
Finn hatte für seinen Erfolg so hart arbeiten müssen, dass Amber sich manchmal fragte, ob die Arbeit für ihn inzwischen nicht zu einer Droge geworden war, ohne die er nicht mehr leben konnte.
Finn hatte noch sechs Geschwister und war geboren worden, als schon niemand mehr mit Familienzuwachs gerechnet hatte – Finns Mutter schon gar nicht, da sie schon Ende vierzig gewesen war. Der kleine Finn hatte sie völlig überfordert, sodass er hauptsächlich von Philomena, seiner ältesten Schwester, aufgezogen worden war. Diese ließ dem kleinen Bruder natürlich weitaus mehr Freiheit, als eine verantwortungsbewusste Mutter es getan hätte.
Finn war also in dem Bewusstsein aufgewachsen, alles, was er wollte, auch zu bekommen. Und er hatte erfolgreich sein wollen.
Mit achtzehn hatte er die Enge des kleinen irischen Dorfes, in dem er geboren war, verlassen und sich als Dressman versucht – mit überwältigendem Erfolg. Mit fünfundzwanzig, als er es leid gewesen war, mit seinem Aussehen Geld zu verdienen, hatte er genug Kapital beisammengehabt, um eine eigene Agentur gründen zu können.
Finn unterdrückte ein Gähnen. „Ich könnte jetzt wirklich etwas zu trinken vertragen.“
Normalerweise wäre Amber sofort aufgestanden, um es ihm zu holen. Aber normalerweise hätte er sie zur Begrüßung auch in die Arme genommen und geküsst. Stattdessen hatte er nur von Birgitta und Karolina gesprochen.
Daher blieb sie sitzen und sagte: „Ich auch.“
Überrascht blickte er auf. „Okay. Wie wär’s mit einem Glas Wein?“
„Warum nicht?“, fragte sie und lächelte, obwohl ihr nach dem Champagner einfaches Mineralwasser lieber gewesen wäre. Aber wenn Finn Wein wollte, würde sie ein Glas mit ihm trinken.
Sie folgte Finn in die Küche, um den Reis und die Hühnchenkasserolle wieder auf die Flamme zu setzen. Als Finn den Korken in den Abfalleimer warf, entdeckte er die leere Champagnerflasche. „Du hast gefeiert?“, fragte er und zog die Augenbrauen hoch.
Sofort fühlte Amber sich angegriffen. Erst später gestand sie sich ein, dass es eine ganz normale Frage gewesen war, die sie an Finns Stelle auch gestellt hätte. Rückblickend erkannte sie, dass sie aus schlechtem Gewissen wegen des Interviews so reagiert hatte, denn sie hatte von vornherein gewusst, wie sehr Finn die Presse hasste, wenn es um sein Privatleben ging.
„Feiern ist nicht der richtige Ausdruck“, antwortete sie ausweichend und fragte sich, welcher Teufel sie wohl geritten hatte, Paul Millington überhaupt in die Wohnung zu lassen.
„Du trinkst allein, ohne Grund und mitten am Tag den teuersten Champagner?“ Finn schüttelte den Kopf.
„Ich habe nicht gesagt, dass ich allein war! Du weißt doch ganz genau, dass ich allein nicht eine ganze Flasche trinken kann!“ Das klang aggressiver, als sie es beabsichtigt hatte.
„Ich weiß gar nichts, Amber, da du deine Motive im Dunkeln hältst.“
„Ich und meine Motive im Dunkeln halten? Finn, das klingt wie ein Zitat aus einem billigen Krimi. Hast du das absichtlich gesagt, oder ist es dir nur so herausgerutscht?“
„Meine lieber Amber“, antwortete er gefährlich leise. „Könntest du mir bitte endlich sagen, was hier heute vor sich gegangen ist?“
Fassungslos sah Amber ihn an. Was war los? Warum stritten sie sich? Was fiel ihm ein, in diesem Ton mit ihr zu reden? So hatte sie Finn noch nie erlebt. Natürlich war dies nicht die erste Meinungsverschiedenheit, die sie hatten. Aber alle bisherigen Auseinandersetzungen waren von Liebe und Humor getragen gewesen, wovon jedoch momentan in Finns
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