Julia Festival Band 0103
grünen Augen nicht die geringste Spur zu entdecken war.
Amber biss sich auf die Lippe und wusste nicht, was sie ihm sagen sollte. Ihm zu beichten, dass sie einem bekannten Life-style-Magazin ein Interview gegeben hatte, schien ihr wirklich nicht der geeignete Zeitpunkt zu sein.
Sie betrachtete Finn näher, und ihr fiel auf, wie schrecklich müde er aussah. Unter seinen Augen lagen tiefe Schatten, und seine Haut wirkte fahl und faltig. Er war eindeutig überarbeitet. Das musste der Grund sein, weshalb er an diesem Abend so verändert wirkte und von seinem gewohnten rücksichtsvollen Verhalten und seiner Geduld nichts zu merken war.
„Ursula war hier, und wir haben etwas getrunken“, griff sie deshalb zu einer Notlüge, um ihm die Wahrheit erst dann zu sagen, wenn es ihm besser ging. Wie sie Finn kannte, würde er dann lachen, ihr die Hand drücken und sagen, dass er ihr Verhalten nicht ganz in Ordnung finde, es jedoch nicht weiter schlimm sei.
„Ursula?“ Er runzelte die Stirn. „Deine Schwester?“
„Ich kenne nur eine Ursula.“
„Und was wollte Ursula hier? Wie kam sie dazu, mitten am Tag Champagner mitzubringen?“
Sein Tonfall gab Amber den Rest. „Wie kannst du nur so tun, als hätten wir ein Verbrechen begangen?“, brauste sie auf. „Nicht wenige von Ursulas Kolleginnen trinken jeden Mittag Wein, wenn sie in der Pause essen gehen!“
„Und machen dann bei der Arbeit nur Mist, darauf möchte ich wetten!“
„Aber es war mein freier Nachmittag!“ Zu ihrem Entsetzen brach Amber in Tränen aus. Sie floh aus der Küche und lief ins Schlafzimmer, um sich aufs Bett zu werfen und hemmungslos zu schluchzen. Aber schließlich war auch die letzte Träne versiegt, und Amber rieb sich die verschwollenen Augen. Da hörte sie, wie Finn leise die Tür öffnete. Er kam zu ihr und setzte sich neben sie aufs Bett.
Sie hielt den Atem an und versteifte sich. Finn jedoch ignorierte ihre Abwehrhaltung und legte ihr die Hand so fest auf die Schulter, dass Amber sie nicht abschütteln konnte.
„Lass mich allein!“, protestierte Amber.
„Nein, denn in Wahrheit möchtest du doch, dass ich bleibe.“ Er ließ die Hand, wo sie war. „Amber“, bat er zärtlich. „Vergessen wir, was eben passiert ist, und fangen wir noch einmal von vorn an.“
„Und wie sollen wir das tun?“, fragte sie.
Finn lächelte. „Ich weiß nicht. Hast du eine Idee?“
Amber wusste, was er wollte, und wenn sie ehrlich war, wollte sie es auch. Nach einer leidenschaftlichen Umarmung hätten sie den dummen Streit schnell vergessen, und alles wäre wieder in Ordnung. Aber sie war zu stolz, um sich nach der Auseinandersetzung verführerisch auf dem Bett zu rekeln. Deshalb stand sie schnell auf.
Finn runzelte die Stirn. „Wohin willst du?“
„In die Küche. Ich habe den Reis und die Kasserolle auf dem Herd stehen.“
„Das also bedeutet Verlobung für dich: Das Essen ist dir wichtiger als die Liebe“, neckte er sie.
Amber war betroffen. Am liebsten hätte sie wieder kehrtgemacht, sich neben ihn aufs Bett gesetzt und ihm die verspannten Schultern massiert. Sie tat es jedoch nicht, da sie das Gefühl hatte, auf dem besten Weg zu sein, Finns geduldige Sklavin zu werden. Jeden Abend hatte sie das Essen fertig, wenn Finn nach Hause kam. Nun auch noch mit ihm ins Bett zu gehen, wenn sie es eigentlich gar nicht wollte, wäre der endgültige Schritt in die totale Abhängigkeit.
„Das musst du gerade sagen! Vor der Verlobung hast du mich zur Begrüßung geküsst und umarmt, jetzt platzt du einfach herein und machst mir völlig haltlose Vorwürfe!“ Damit lief Amber aus dem Zimmer und knallte die Tür hinter sich zu.
Mit zitternden Händen stellte sie das Gas ab und nahm die vorgewärmten Teller aus dem Backofen. Als sie das Tablett ins Esszimmer trug, sah sie Finn verträumt lächelnd vor dem Weihnachtsbaum stehen. Er wirkte plötzlich eher wie der kleine Junge von früher als wie der erfolgsorientierte Geschäftsmann von heute. Sein Anblick ging Amber zu Herzen, und schmerzhaft wurde sie sich bewusst, dass sie diesen Mann immer lieben würde, egal, was auch geschehen mochte.
„Du hast den Baum noch nie so früh aufgestellt“, wunderte er sich, als sie den Tisch deckte.
„Ich konnte es einfach nicht abwarten“, log sie und schwor sich, ihm morgen ganz bestimmt alles über das Interview zu erzählen. „Gefällt er dir?“, wollte sie wissen.
Er drehte sich um und sah sie liebevoll lächelnd an. „Es ist ein wunderschöner
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