Julia Festival Band 0105
straffte sich unbewusst. „Entschuldigen Sie bitte, dass wir hier aufgekreuzt sind. Es lag bestimmt nicht in meiner Absicht.“
Die andere Frau stellte Baz den Wassereimer hin. „Dad hat mir schon berichtet, was passiert ist. Früher oder später wären wir uns wahrscheinlich sowieso begegnet“, fügte sie kühl hinzu. „Ich habe übrigens im Herrenhaus angerufen und Bescheid gesagt, wo Sie sind. Sie schicken einen Wagen für Sie, und die Pferdepflegerin kommt mit dem Pferdetransporter.“
„Danke, das war sehr nett von Ihnen.“ Die ganze Situation kam Cally unwirklich vor.
„Keine Ursache.“ Vanessa Layton schien noch etwas auf dem Herzen zu haben. „Ich möchte Sie um einen Gefallen bitten. Mein Vater glaubt, dass Nick lediglich mein Vermieter ist. Er hat keine Ahnung, in welcher Beziehung wir wirklich zueinander stehen. Und das muss auch so bleiben. Bitte verraten Sie uns nicht.“
„Warum nicht?“ Cally hatte keine Lust, Geheimnisse mit Nicks Geliebter zu haben. „Würde es sein Bild von Ihnen als perfekte Tochter zerstören?“
„Es würde ihn zerstören“, antwortete Vanessa ruhig.
Mich hat es auch zerstört. Aber das kümmert ja niemanden, wollte Cally sagen. Doch dann sah sie das gutmütige, besorgte Gesicht des alten Herrn vor sich und nickte. Geoffrey Miller hielt seine Tochter für eine selbstlose, ihrem im Sterben liegenden Mann treu ergebene Ehefrau. Warum sollte diese Illusion dadurch zerstört werden, dass sie, Cally, ihm verriet, dass seine Tochter eine Affäre mit einem verheirateten Mann hatte?
„Keine Angst, ich werde Ihr Geheimnis nicht ausplaudern“, versprach Cally schließlich verächtlich und wandte sich ab.
„Danke“, erwiderte Vanessa Layton kurz angebunden. „Der Tee müsste inzwischen fertig sein. Passen Sie auf, wenn Sie über die Pflastersteine gehen, im Regen werden sie rutschig. Und einen Sturz können Sie sich im Moment ja wirklich nicht leisten. Eigentlich sollten Sie auch nicht mehr reiten.“
Cally wandte sich erbost um. Das war ja unglaublich! Nick wusste nicht nur, dass sie schwanger war, er hatte es auch seiner Geliebten erzählt! „Mischen Sie sich bitte nicht in meine Privatangelegenheiten!“
„Bedeutet es Ihnen denn gar nichts, ein Kind von Nick zu erwarten?“, fragte Vanessa Layton pikiert.
„Eifersüchtig, Mrs. Layton? Es wäre Ihnen wohl lieber, Sie wären schwanger.“
Der Schmerz im Blick der anderen Frau ließ Cally fast zusammenzucken.
„Sie wissen genau, dass das nicht möglich ist, Lady Tempest“, sagte Vanessa ausdruckslos. „Und nun kommen Sie, mein … mein Vater möchte Ihre Hand versorgen.“
Cally, die sich ihres Ausbruchs schämte, folgte Vanessa wortlos ins Haus.
Tee und Kekse standen auf einem Tisch bereit. Geoffrey Miller wartete schon mit heißem Wasser, antiseptischer Salbe und Pflastern. Vanessa hatte sich entschuldigt und war nach oben gegangen. Tinker hatte den aromatischen Duft der Butterkekse gewittert, und Cally fütterte ihn, nachdem ihre Hand versorgt war. Sie hatte kaum ihren Tee getrunken, als sie draußen einen Wagen vorfahren hörte.
„Jetzt werde ich abgeholt.“ Cally stand schnell auf. „Vielen Dank, dass Sie sich um mich gekümmert haben, Mr. Miller.“
„Es war mir ein Vergnügen. Schade, dass Sie sich nicht ausgiebig mit Vanessa unterhalten konnten, aber sie ist immer sehr erschöpft, wenn sie aus dem Krankenhaus kommt. Vielleicht ein anderes Mal.“ Er öffnete die Haustür. „Oh, es hat aufgehört zu regnen.“
Cally hatte erwartet, von Frank oder Margaret abgeholt zu werden. Doch es war Nick, der den Gartenweg heraufkam, begleitet von Vanessa, der es offensichtlich gelungen war, sich unbemerkt aus dem Haus zu stehlen. Sie redete auf Nick ein.
Der Anblick der beiden, die so vertraut miteinander umgingen, war zu viel für Cally. Sie bekam kaum Luft, und ihr wurde unwohl.
„Mein liebes Kind!“ Geoffrey Miller versuchte, sie zu stützen. „So helft mir doch“, rief er. „Lady Tempest wird ohnmächtig.“
Im nächsten Moment war Nick bei ihr und hielt sie fest. „Sie muss sich nur etwas ausruhen“, sagte er. Als Cally vergeblich versuchte, sich zu befreien und aufrecht zu stehen, fügte er hinzu: „Komm, Cally.“
Kurz darauf saß sie auf dem Beifahrersitz und versuchte, den Sicherheitsgurt in die Schnappvorrichtung zu stecken. Nick setzte sich ans Steuer, bemerkte ihr Malheur und befestigte ungeduldig den Gurt selbst.
„Danke.“ Cally atmete tief durch. „Du fragst dich
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