Julia Festival Band 0105
füllte sie die dampfende Suppe in Schalen und trug alles ins Esszimmer.
„Schmeckt nicht schlecht“, meinte Linnet, nachdem sie gekostet hatte. „Ich wusste gar nicht, dass du kochen kannst, Chessie.“
„Ich musste es lernen, und zwar schnell.“
„Natürlich“, bestätigte Linnet so herablassend, dass es einer Beleidigung gleichkam. „Und dazu musstest du auch noch putzen, obwohl ihr früher immer eine Haushälterin hattet. Du bist bestimmt völlig überarbeitet.“
„Haben Sie vorhin nicht Mrs. Chubb bemerkt?“, fragte Chessie unschuldig. „Sie ist ein echter Schatz.“
„Nun, so würde ich sie nicht gerade bezeichnen“, entgegnete Linnet spitz. „Ich würde am liebsten auch ihren ungehobelten Ehemann loswerden, aber Robert ist aus unerfindlichen Gründen strikt dagegen.“
„Wahrscheinlich weil Mr. Chubb einer der besten Gärtner weit und breit ist und seine Familie schon seit Generationen für die Markhams arbeitet“, erwiderte Chessie ruhig. „Sie können von Glück reden, dass Sie ihn haben. Noch etwas Brot?“
Linnet war jedoch noch nicht fertig. „Es ist trotzdem sicher schwer für dich, in deinem alten Heim eine untergeordnete Position einzunehmen. Obwohl es sich nun für dich auszuzahlen scheint. Ein Jammer, dass man das nicht auch von deinem armen Vater behaupten kann.“ Sie seufzte. „Es ist eine Tragödie, obgleich Robert es natürlich schon vor Jahren prophezeit hat. Aber irgendwie hatte man das Gefühl, dein Vater würde damit durchkommen. Er war eigentlich ein Überlebenskünstler.“ Während Chessie mit hochrotem Kopf stumm dasaß, wandte Linnet sich an Miles. „Was hat Sie nach Wenmore Abbas verschlagen? Finden Sie nicht, dass es eine schreckliche Einöde ist?“
„Nein. Ich habe Ruhe, Frieden und Freiraum gesucht“, erklärte er höflich. „Silvertrees hat alle Voraussetzungen erfüllt.“
„Und verfügte zudem über einen guten Geist.“ Linnet lächelte betörend. „Ich muss zugeben, ohne das Missgeschick des armen Robert wäre ich nie hierher zurückgekehrt. Die Aussicht, an irgendeinem anderen Ort leben zu müssen, schien ihn jedoch so sehr aufzuregen, dass ich eingelenkt habe.“ Sie lachte perlend. „Immerhin haben wir bei unserer Ankunft einen gleich gesinnten Nachbarn angetroffen, der darüber hinaus ein berühmter Schriftsteller ist. Wie aufregend.“
„Francesca kann Ihnen bestätigen, dass ich ein sehr langweiliges Leben führe. Mitunter hat es allerdings recht reizvolle Momente.“ Er warf Chessie einen amüsierten Blick zu.
Glücklicherweise war Linnet an ihr offenbar nicht mehr interessiert und schilderte stattdessen ausführlich die Krankheit ihres Mannes, ihre eigene Reaktion darauf und ihre Entschlossenheit, dafür zu sorgen, dass er die bestmögliche Pflege erhielt.
Sie beschreibt sich selbst als eine Kreuzung aus Florence Nightingale und Mutter Teresa, dachte Chessie, als sie die Suppenteller abräumte, bevor sie sich an die Zubereitung der Omeletts machte.
Linnet war voll des Lobes. „Ich wünschte, ich hätte gewusst, dass Chessie verfügbar ist, dann hätte ich sie Ihnen vor der Nase weggeschnappt. Doch jetzt ist es wohl zu spät dazu. Ein reichlich drastischer Schritt“, fügte sie hinzu. „Eine Hochzeit, um das Personal zu behalten … Mir ist natürlich klar, dass Sie sie nicht verlieren wollen.“
Miles lächelte zustimmend. „Erfreulicherweise verfügt Chessie noch über andere Talente. Sie ist nicht nur eine gute Haushälterin.“
„Davon bin ich überzeugt.“ Linnet beugte sich vertraulich zu ihm hinüber. „Ich plaudere hoffentlich nicht aus der Schule, aber Chessie war vor Jahren mit meinem Stiefsohn liiert. Sie war damals noch fast ein Kind, aber trotzdem frühreif.“ Sie zögerte. „Sie kennen Alastair noch nicht, oder?“
„Nein. Allerdings konnte ich gestern Abend offenbar einen Blick auf ihn erhaschen.“
Linnet fiel die Gabel aus der Hand und landete geräuschvoll auf dem Teller. „Ach wirklich?“
„Er hat Chessie und ihre Schwester besucht“, fuhr Miles fort. „Ich war zufällig in der Nähe, als er aufbrach.“
Linnets Lächeln wirkte gezwungen. „Dann hat er wahrlich keine Zeit vergeudet.“ Sie legte ihre Hand auf seinen Arm. „Ich würde Chessie nicht mehr aus den Augen lassen. Soweit ich mich erinnere, war sie damals ganz verrückt nach ihm. Wann wollen Sie die Verlobung offiziell verkünden?“
„Gar nicht.“ Die Worte waren heraus, ehe Chessie es verhindern konnte.
„Chessie meint,
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