Julia Festival Band 0105
entgegen und geleitete sie zu einem Tisch, auf dem bereits eine Samtdecke ausgebreitet war. „Wie schön, Sie wiederzusehen, Miss Lloyd, und noch dazu aus so freudigem Anlass.“
„Danke.“ Verlegen nahm Chessie Platz.
Ein flacher Lederkoffer wurde gebracht und umständlich geöffnet. Die darin befindlichen Steine blendeten Chessie fast mit ihrem Glanz. Selbst der kleinste musste mehrere Tausend Pfund wert sein. War Miles verrückt geworden?
„Dies ist ein besonders erlesener Solitär“, erklärte Mr. Atterbourne.
Zuerst wollte sie protestieren, doch dann erinnerte sie sich daran, dass sie in diese Farce eingewilligt hatte. Ergeben ließ sie sich den Ring an den Finger streifen.
Nacheinander probierte sie alle an. Sie waren wunderschön, aber sie reizten sie nicht. Sie hatte das Gefühl, in einen Ozean gefrorener Tränen zu blicken.
„Hat dir bis jetzt nichts gefallen, Liebling?“, erkundigte Miles sich. „Was ist mit diesem?“ Er deutete auf eine Kreation, in der mehrere große Diamanten zusammengefasst waren und neben der Linnets Ring ziemlich schäbig gewirkt hätte.
Sie schaute ihn empört an und wollte gerade heftig widersprechen, als sie das amüsierte Blitzen in seinen blauen Augen bemerkte.
Chessie fand die Situation absolut nicht komisch, und trotzdem musste sie wider Willen lachen. Miles stimmte lauthals ein.
Mr. Atterbourne sah die beiden zunächst verblüfft und dann nachsichtig an. „Vielleicht bevorzugt Miss Lloyd farbige Steine“, schlug er vor. „Ich habe einige gute Saphire und einen besonders schönen Rubin.“
Sie riss sich zusammen. Warum tut Miles das?, fragte sie sich. Wie kann er mich so zum Lachen bringen, nach allem, was er mir zugemutet hat? „Es ist so schwierig.“ Sie warf Miles einen bittenden Blick zu. „Müssen wir denn unbedingt heute darüber entscheiden, Liebling?“
„Ja, Liebes“, erwiderte mit einem warnenden Unterton.
„Wir könnten auch einen Ring anfertigen, falls Miss Lloyd einen Lieblingsstein …“ Mr. Atterbourne gab sich redlich Mühe.
„Ja.“ Sie zögerte. „Mir ist ein Ring im Schaufenster aufgefallen. Ein viereckiger Aquamarin mit Diamanten an beiden Seiten. Könnte ich den anprobieren?“
„Aquamarin?“, wiederholte Miles stirnrunzelnd. „Sind das nicht Halbedelsteine?“
„Früher wurden sie so bezeichnet.“ Mr. Atterbourne erhob sich. „Aber inzwischen werden sie immer seltener und demzufolge auch wertvoller. Der fragliche Ring ist Teil unserer Antikkollektion und sehr hübsch.“ Er entfernte sich rasch.
Der Ring passte so perfekt, als wäre er für Chessie geschaffen. Der Aquamarin wirkte kühl und schlicht im Kontrast zum Feuer der Diamanten, die ihn umgaben.
„Ein wirklich exquisites Stück“, beteuerte der Juwelier.
Miles betrachtete die Fassung kritisch. „Ist der Ring nicht ein bisschen schlicht?“
„Ich sollte entscheiden“, erinnerte Chessie ihn. „Wenn ich ihn tragen soll, ist dies meine Wahl und nichts anderes.“
Er seufzte. „Dann nehmen wir ihn.“
Der Ring wurde in ein gepolstertes Kästchen und dann in eines von Atterbournes unverwechselbaren Wildledersäckchen gesteckt. Der Juwelier erwartete offenbar, dass ihr der Ring später in romantischer Umgebung bei Champagner und Kerzenschein überreicht werden sollte.
Stattdessen würde es wahrscheinlich nur eine lautstarke Szene mit Jenny geben, die nun nicht länger im Ungewissen bleiben konnte.
Chessie warf Miles einen Seitenblick zu. Seine Miene war undurchdringlich, seine Lippen waren zusammengepresst. Dämmerte ihm, dass er soeben einen Fehler begangen hatte, der ihn viel Geld gekostet hatte? Suchte er nun nach einem Ausweg, um sich aus dem Dilemma zu befreien?
Bitte, wir müssen es nicht tun, ich könnte den Leuten sagen, dass ich dir einen Streich gespielt und dich verärgert habe und dass ich einen anderen Job suche, weil ich mich schäme, bat sie ihn insgeheim.
Im Auto nahm Miles den Ring aus der Verpackung und drehte sich zu Chessie um. „Gib mir deine Hand.“
Jetzt war der Moment gekommen, mit ihm zu reden und ihm einen Ausweg zu zeigen. Aber die Worte kamen ihr nicht über die Lippen. Stattdessen gehorchte sie zögernd und versuchte, nicht zu erbeben, als seine Finger ihre streiften. Das goldene Band glitt über ihre Haut. Sie betrachtete den klaren blauen Stein. Sie berührte ihn, als wäre er ein Talisman, der ihre Sicherheit garantierte. Vier Wochen, dachte sie, nur vier Wochen.
„Warum gerade dieser Ring?“, fragte
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