Julia Festival Band 0105
dass wir die Angelegenheit lieber für uns behalten möchten“, warf Miles geistesgegenwärtig ein. „Wir wollen bloß einen kleinen Kreis einweihen.“
„Trotzdem müssen Sie ihr einen Ring kaufen. Nennen Sie mich altmodisch, aber ich halte das für eine gesellschaftliche Regel, die man respektieren sollte.“
Linnets persönliche „gesellschaftliche Regel“ war ein riesiger Diamant, der fast den Fingerknöchel bedeckte.
„Sie haben völlig recht“, pflichtete Miles ihr bei. „Ich will heute Nachmittag mit Chessie in die Stadt fahren und das Versäumnis nachholen. Atterbourne hält eine Auswahl von Ringen für uns zur Begutachtung bereit, Liebling.“
Chessie mied seinen Blick. „Ich möchte keine Umstände machen.“
„Ich kaufe dir den kleinsten Stein, den er hat“, versicherte er prompt.
Linnet erhob sich. „Dann lasse ich Sie jetzt allein. Auf Wiedersehen, Miles.“ Sie reichte ihm huldvoll die Hand. „Wir werden uns sicher bald wieder treffen.“
„Wahrscheinlich.“ Er nickte.
„Ich bringe Sie hinaus.“ Chessie hoffte, dass sie nicht allzu eifrig klang.
An der Eingangstür wandte Linnet sich zu ihr um. „Hör auf meinen Rat“, sagte sie unvermittelt. „Nimm, was du aus ihm herausholen kannst, solange er es dir anbietet. Er ist hergekommen, um die Sache mit Sandie Wells zu vergessen, und du bist nur eine Lückenbüßerin. Früher oder später wird er merken, dass ein paar Narben und ein Gehstock seine Anziehungskraft keineswegs mindern, und er wird sich woanders umsehen.“
Chessie atmete tief durch. „Auf Wiedersehen, Linnet.“
Sie schloss die Tür hinter Lady Markham und kämpfte gegen den plötzlich aufsteigenden Kummer an.
Linnet war eine unverbesserliche Intrigantin, und es war dumm, sich von ihren boshaften Sticheleien kränken zu lassen. Nichts von alldem ist wahr, es kann mir also egal sein, was sie denkt.
5. KAPITEL
Chessie kehrte ins Esszimmer zurück und wappnete sich innerlich für eine Auseinandersetzung, doch der Raum war leer.
Ich darf also wieder die Haushälterin spielen, dachte sie bitter und begann, den Tisch abzuräumen. Sie trug das schmutzige Geschirr in die Küche und belud die Spülmaschine. Dann schaltete sie das Gerät ein und sah aus dem Fenster. Dieser Blick hatte sie ihr Leben lang begleitet. Es würde ihr das Herz zerreißen, darauf verzichten zu müssen, doch sie hatte keine andere Wahl. Die Dinge waren außer Kontrolle geraten, und sie fürchtete sich vor den Gefühlen, die Miles in ihr weckte, und vor dem, was sie in ihr auslösen könnten.
Welchen Namen hatte Linnet erwähnt? Sandie … Sandie Wells. Er klang vertraut, obwohl Chessie nicht wusste, warum. Sie arbeitete nun schon so lange für Miles und hatte erst jetzt erfahren, dass er eine ernsthafte Beziehung mit einer gewissen Sandie Wells hinter sich hatte. Sonderbar …
Seufzend kehrte sie in ihr Büro zurück. Sie setzte sich an den Tisch, schrieb ihre Kündigung und druckte sie aus. Dann faltete sie das Blatt und schob es in einen Umschlag. Sie würde es Miles auf dem Tisch legen, damit er es fand, wenn er zurückkam.
Vielleicht unternahm er, wie so oft nach dem Essen, einen Spaziergang oder hatte sich in den Keller zurückgezogen, wo er sich ein Fitnessstudio eingerichtet hatte. Oder er war einfach auf sein Zimmer gegangen, um sich auszuruhen.
Dass er in seinem Arbeitszimmer war und aus dem Fenster schaute, damit hatte sie jedenfalls nicht gerechnet. „Oh.“ Sie blieb wie angewurzelt stehen. „Ich wusste nicht …“
„Gibt es ein Problem?“
„Nein … eigentlich nicht.“ Chessie sah auf den Umschlag in ihrer Hand. Es wäre ihr nie in den Sinn gekommen, den Brief persönlich zu überreichen.
„Für mich?“ Miles streckte die Hand aus. „Worum handelt es sich?“
„Um meine fristgerechte Kündigung.“ Sie schluckte. „So wie es mein Arbeitsvertrag vorschreibt.“
Er öffnete das Kuvert und las mit ausdrucksloser Miene den Inhalt. „Darf ich fragen, warum?“
Sie zuckte verlegen die Schultern. „Aus verschiedenen Gründen.“
„Hoffentlich nicht auch wegen dem, was vorhin zwischen uns vorgefallen ist“, erwiderte er ernst.
„Nein.“ Sie zögerte kurz. „Nun ja, ein wenig vielleicht.“
„Du bist schon früher geküsst worden.“
„Natürlich.“ Aber nicht so. Niemals. „Trotzdem hätte es nicht passieren dürfen.“
„Wenn du denkst, dass ich mich dafür entschuldige oder auch nur ein Wort des Bedauerns äußere, kannst du lange warten. Hast du
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