Julia Festival Band 05
hier nicht noch einmal sehen lassen.“
Es verschlug Laura fast die Sprache, als ihre Mutter die Tür öffnete und lächelnd zurückkehrte, gefolgt von Tim.
„Offensichtlich hast du ihn noch nicht genug beschimpft“, sagte Janka mit einem Blick zu ihrer Tochter. Dann strahlte sie Tim an.
Tim hatte das Gefühl, er würde ein Wunderland betreten. So war es ihm schon letztes Mal ergangen, als er in dieses Haus gekommen war. Ein Blick in Jankas ermutigendes Gesicht genügte, um sein Selbstvertrauen zu stärken. Es bot einen willkommenen Ausgleich zu Lauras Zurückhaltung.
„Guten Abend. Ich hoffe, ich störe nicht.“ Erst jetzt bemerkte er, dass er immer noch Bart und Perücke trug. Tim nahm beides ab, bevor er sich Robbie zuwandte, der interessiert das große, grüne Paket in Tims Arm betrachtete.
Laura nahm das Paket gar nicht wahr. Sie sah nur Tim und damit ihr Verderben. „Was willst du?“, fragte sie barsch.
„Laura, das ist aber nicht sehr höflich“, mischte Janka sich ein.
„Sie hat ein Recht, danach zu fragen, Mrs. Lekawski.“ Er wollte Laura keine Gelegenheit geben, sich erneut in ihre Wut hineinzusteigern. „Ich habe Robbie etwas mitgebracht, damit er den Weihnachtsbaum nicht mehr ganz so hässlich findet.“
Robbie riss erwartungsvoll die Augen auf.
Nun kehrte Lauras Empörung vom Vortag zurück. Sie durchquerte den Raum. „Weitere Marktuntersuchungen?“
Ihr Sarkasmus ließ sie nach Tims Meinung noch hübscher, lebendiger und strahlender erscheinen. Und vor allem noch begehrenswerter. „Es ist Sonntag. Ich bin nicht im Dienst.“
„Du bist auf dem Holzweg“, gab sie zurück.
Robbie beendete schließlich ihren Streit, indem er Tim das Paket abnahm. Ganz offenbar war es schwerer, als er erwartet hatte. Er schwankte unter dem Gewicht. „Was ist das?“
„Eine Eisenbahn“, sagte Tim, während er dem Jungen half, das Paket auf den Boden zu stellen. Er fragte sich, ob Laura ihm wohl erlauben würde, die Bahn zusammen mit Robbie aufzubauen. „Sie soll um den Baum fahren.“
„Darf ich es aufmachen?“, fragte der Junge atemlos.
„Dazu ist es da.“ Tim hatte den Satz kaum ausgesprochen, als das Geschenkpapier bereits in alle Richtungen flog. Er lächelte. Robbies Begeisterung versetzte ihn in seine eigene Kindheit zurück.
Nach der Verpackung zu urteilen, handelte es sich um eine teure Eisenbahn. Das hätte Laura sich auf keinen Fall leisten können. „Benutzt du die Eisenbahn, um mich zu bekommen?“ Sie trat näher zu ihm heran und musterte ihn mit offenem Misstrauen. Schließlich benutzte er Kinder ja gern für seine Zwecke. Das hatten sie schon gestern festgestellt. Laura war nicht bereit, ihm ihren eigenen Sohn für ein solches Spiel zur Verfügung zu stellen. Außerdem hatte Tim sie nun um die Freude gebracht, dass sie Robbie selbst eine Eisenbahn schenkte. Wofür hielt er sich eigentlich?
Als Laura ihren Sohn anschaute, verspürte sie doch Gewissensbisse wegen ihrer kleinlichen Ansichten. Was spielte es für eine Rolle, wer ihm das Geschenk gab? Robbie war glücklich, und das war das Einzige, was zählte.
Nun empfand sie auch noch ein Gefühl von Dankbarkeit gegenüber Tim. Sie kämpfte hart dagegen an. Dieser Mann spielte mit unfairen Mitteln. Es sollte ihr eine Warnung sein, so hoffte sie wenigstens.
„Nein“, war Tims schlichte Antwort auf ihre Frage. Er sammelte die Geschenkpapierfetzen auf. „Ich benutze die Bahn, um Robbie zu gewinnen. Wenn mir das gelingt, wirst du vielleicht auch auf meine Seite kommen.“
„Natürlich wird sie das“, mischte Janka sich nun ein, während sie Tim das zusammengeknüllte Papier abnahm.
Wieder diskutierten die beiden über sie, als wäre sie eine Handelsware. „Mutter, ich …“
„Laura.“ Tim trat näher an sie heran. Nur mühsam konnte er seine Reaktion auf ihre Nähe unter Kontrolle halten. „Du solltest auf deine Mutter hören.“
Seufzend warf Laura die Arme hoch. Drei gegen einen, das war zu viel. „Ich gebe auf!“
Tim schenkte ihr ein Lächeln, dem Laura kaum noch widerstehen konnte. „Das hoffe ich sehr“, sagte er.
„Wer hilft mir denn nun?“, fragte Robbie, der den Transformator von allen Seiten betrachtete. Etliche Waggons standen um ihn herum, eine Lokomotive und unzählige Schienenteile.
Ohne zu zögern, knöpfte Tim seinen Mantel auf, entfernte seinen ausgestopften Bauch und ließ sich im Schneidersitz auf dem Fußboden nieder. „Darauf habe ich mich schon gefreut.“ Laura schaute zu, wie er
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