Julia Festival Band 05
normalen Umstände geherrscht haben.“
„Ich weiß. Du befürchtest, dass dein überwältigender Charme mich vorübergehend verblendet haben könnte.“
Er errötete ein wenig. „Okay, ich bin nicht unbedingt ein umgänglicher Typ, aber ich habe mir wirklich mehr Mühe als gewöhnlich gegeben.“
„Warum?“
„Warum? Wahrscheinlich, weil Weihnachten ist. Die Kids … Miss Annie … Es erschien mir einfach angebracht.“
„Du warst zu uns allen äußerst freundlich. Du hast dein Zuhause mit uns geteilt und uns bewirtet. Kurzum, du hast einen furchtbaren Eissturm in ein angenehmes Fest verwandelt.“
Entschieden schüttelte er den Kopf, ließ die Arme sinken und wich zurück. „Ich habe eigentlich gar nichts getan, nur die Tür geöffnet. Du bist diejenige, die sich alles Mögliche hat einfallen lassen, um die Kinder und alle anderen zu unterhalten und ihnen ein Fest zu bescheren. Ich bin kein besonders freundlicher Mensch. Mir wurde sogar vorgeworfen, rüde, langweilig und ungesellig zu sein.“
„Wer sagt denn so was über dich?“
„Meine Familie. Und meine Exfrau hat mich mit einigen weiteren Adjektiven bezeichnet, die ich in Damengesellschaft lieber nicht wiederhole.“
„Das tut mir leid für dich“, bemerkte sie sanft. „Aber vielleicht sehe ich dich klarer, als du glaubst.“
Diese Möglichkeit schien ihn noch mehr zu beängstigen als die Vermutung, dass sie ihn in einem allzu romantischen Licht sehen könnte.
Als er nichts dazu sagte, fuhr sie fort: „Ich möchte eine Chance, dein wahres Wesen kennenzulernen, sofern du interessiert bist, mein wahres Wesen kennenzulernen. Weißt du, ich habe in den letzten Tagen nämlich auch meine sogenannten gesellschaftlichen Manieren eingesetzt. Ich bin in Wirklichkeit nicht ständig forsch und fröhlich. Manchmal bin ich regelrecht missmutig.“
Der Anflug eines Lächelns spielte um seine Lippen. „Das kann ich mir kaum vorstellen.“
„Glaub mir. Oder frag meine Studenten. Die können dir bestätigen, was für ein Ekel ich bin, wenn ich miese Laune habe.“
Sein Lächeln erstarb. „Die Chance ist äußerst gering, dass ich einem deiner Studenten der höheren Mathematik begegne.“
Ganz offensichtlich störte es ihn gewaltig, dass sie Mathematikprofessorin war. Sie konnte zwar nicht verstehen, warum er deswegen Komplexe haben sollte, aber irgendwann würde sie der Sache schon auf den Grund gehen – sofern er sie nicht kurzerhand aus dem Haus warf.
„Warum bietest du mir nicht eine Tasse Tee an?“, schlug sie nebenhin vor.
Der abrupte Themenwechsel verwirrte ihn. „Du möchtest Tee?“, fragte er fassungslos.
„Danke, sehr gern“, erwiderte sie prompt.
9. KAPITEL
Nun, da Lucy und Banner allein waren, wirkte der Esstisch wesentlich größer, und ohne das Geplauder der anderen Gäste war eine ungewohnte Ruhe ins Haus eingekehrt.
Banner war sich der Stille überdeutlich bewusst und zweifelte an seiner Fähigkeit, diese Stille mit einem interessanten Gespräch zu füllen.
Lucy schien es zufrieden zu sein, an ihrem Tee zu nippen und darauf zu warten, dass er etwas sagte. Eigentlich überraschte ihn das, da sie normalerweise ständig plapperte, wenn sie nervös war. Demnach war sie also im Moment nicht nervös, und das warf die Frage auf, warum er es war.
Er zermarterte sich das Hirn nach einem geeigneten Thema. „Wie schmeckt der Tee?“
Sie lächelte ihn an. „Köstlich, danke.“
Sein Blick ruhte auf ihrem verlockenden Mund. Jedes Mal, wenn sie ihn anlächelte, sich einen Tropfen Tee von den Lippen leckte oder die rotgoldenen Locken zurückwarf, verschlug es ihm die Sprache.
Dieser Zustand war ihm keineswegs fremd. Oberflächliche Konversation lag ihm nicht, und daher wurde ihm oft vorgeworfen, einen schlechten Gesellschafter abzugeben. Bei Lucy war es noch schlimmer, denn für sie wollte er geistreich, charmant und interessant sein. Und weil ihm das nicht gelang, sollte er sie zum Aufbruch drängen, damit sie mit ihrer Familie zumindest den Rest von Weihnachten feiern konnte.
„Lass uns ein Spiel veranstalten“, schlug sie unvermittelt vor.
„Was für ein Spiel denn?“, fragte er erstaunt.
„ Zwanzig Fragen . Aber ich erfinde ein paar neue Regeln. Wir befragen uns gegenseitig, immer abwechselnd, und man muss wahrheitsgemäß antworten.“
„Und was hat das Ganze für einen Sinn?“
„Es ist eine sehr gute Art, sich kennenzulernen. Das ist doch unser Ziel, oder? Die Anziehung zwischen uns erforschen und die
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