JULIA FESTIVAL Band 76
interessante … Bedürfnisse, und er möchte nicht, dass ich darüber rede.“
„Du erpresst ihn.“ Das war keine Frage, sondern eine Feststellung.
„Ich rate ihm nur, dass er einiges tun muss, damit ich nichts ausplaudere.“ Sie winkte mit einer manikürten Hand ab. „Doch deshalb bin ich nicht hier.“ Sie schaute zu den Fenstern hinaus, die von der Decke bis zum Fußboden reichten. „Es wird bald Winter. Ich dachte, wir könnten darüber sprechen, ob wir uns nicht gegenseitig warm halten wollen.“
„Eine zeitlich begrenzte Beziehung?“
„Genau.“ Sie rückte ein Stückchen näher. „Du weißt doch, wie gut wir zusammenpassen.“
Da konnte er nicht widersprechen. Martha Jean war seit Jahren seine Geliebte für bestimmte Gelegenheiten, und sie kannte mehr Arten, wie man einen Mann im Bett glücklich machen konnte, als jede andere Frau, die er bisher kennengelernt hatte. Wenn sie gerade keinen Ehemann hatte, war sie eine willkommene Abwechslung für ihn. Sie war schön, anspruchslos und wusste sich in Gesellschaft und im Geschäftsleben zu benehmen. Und, was am besten war, sie erwartete keine feste Bindung.
Die Situation war ideal. Jonathan lebte schon zu lange abstinent, und es gab keine andere passende Kandidatin weit und breit. Jonathan bevorzugte Frauen, die Verständnis dafür hatten, dass er keine langfristige Beziehung suchte. Dass er sich derzeit so zu der sehr unschuldigen und unangemessenen Cynthia Morgan hingezogen fühlte, war ein sicheres Zeichen dafür, dass er dringend etwas für seine Bedürfnisse tun musste. Martha Jean war die Lösung für sein Problem.
Außer, dass er keine rechte Begeisterung bei dem Gedanken aufbringen konnte, mit ihr zusammen zu sein. Selbst die Erinnerung daran, was sie alles miteinander im Bett getan hatten, half nicht weiter. Wenn er in ihr vollkommenes Gesicht blickte, sah er Augen, die in einem anderen Grün leuchteten – etwas dunkler, eher haselnussfarben. Statt seidig schwarz glänzender Locken sah er einen blonden Zopf.
Verflixt, jetzt spukte sie ihm schon wieder im Kopf herum. „Warum setzen wir uns nicht zusammen und besprechen alles?“, schlug er vor. „Nächstes Wochenende geht nicht. Ich muss die Beerdigung meines Bruders vorbereiten. Wie wäre es mit dem darauf folgenden Samstag?“
Grüne Katzenaugen betrachteten ihn nachdenklich. „Ich hatte gehofft, es ginge etwas früher, aber ich denke, dass ich warten kann.“ Sie presste ihre vollen Lippen zusammen. „Ich habe gehört, was deinem Bruder zugestoßen ist. Es ist sehr traurig. Aber ihr beiden habt euch ja nicht gerade nahegestanden, also kannst du nicht so sehr am Boden zerstört sein.“ Sie lehnte sich vor, küsste ihn auf die Stirn und stand auf. „Ich rufe dich an.“
Jonathan starrte ihr hinterher. Nichts an ihr erregte ihn. Das war schon beinahe Grund zur Besorgnis. Er brauchte Zerstreuung, und Martha Jean war die Beste, die er sich dafür vorstellen konnte.
Wenige Tage darauf kam Jonathan spät nach Haus. Sein Tag hatte mit einem geschäftlichen Frühstück begonnen und mit einem Arbeitsessen geendet. Als er durch das stille Haus ging, fragte er sich, wie lange er noch sein eigenes Heim meiden musste.
Sein Plan, Cynthia aus dem Weg zu gehen und sie so zu vergessen, funktionierte nicht. Selbst wenn er sie nicht mehr sah, musste er ständig an sie denken.
Er ging durch den Flur, als er Licht im Arbeitszimmer bemerkte. Neugierig warf er einen Blick hinein.
Cynthia hatte sich in einen der Ledersessel gekuschelt. Ein Buch lag aufgeschlagen in ihrem Schoß, und sie schien ganz in die Lektüre vertieft zu sein. Sie trug ein Sweatshirt und Jeans zu weißen Socken, doch keine Schuhe. Am Morgen hatte sie ihr Haar zu einem Zopf geflochten, der sich inzwischen schon ziemlich aufgelöst hatte. Sie starrte angestrengt auf das Buch und nagte an ihrer Unterlippe.
Im Vergleich zu Martha Jean hatte Cynthia die Eleganz eines Milchmädchens. Trotzdem kam sein Blut in Wallung, wenn er sie auch nur ansah. Er hatte das starke Bedürfnis, ins Zimmer zu gehen und sie in seine Arme zu schließen. Er wollte sie küssen und streicheln, bis sie beide vor Leidenschaft atemlos waren. Noch schlimmer, er wollte am liebsten mit ihr reden. Er wollte wissen, wie ihr Tag gewesen war, und ihr von seinem erzählen. Er wollte wissen, was sie von seinem neusten Geschäftsabschluss hielt. Er kannte sie noch nicht gut genug, um zu wissen, welche Meinung sie zu bestimmten Dingen hatte, aber er wollte es
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