JULIA FESTIVAL Band 76
Kopf zurücklegen, um ihm in die Augen zu schauen.
„Er hat mich mehr oder weniger dazu genötigt.“
„Ich verstehe.“ Sie drehte sich zu David um. „Du bist aber fleißig. Streichst du die Tür denn ganz allein?“
David nickte stolz, und Rebecca bewunderte seine Arbeit gebührend. „Sehr schön hast du das gemacht.“ Sie beugte sich zu ihm hinunter und gab ihm einen Kuss auf die Wange. „Danke, mein Schatz. Ich glaube, du hast dir eine Pause verdient. Draußen gibt es Limonade und Plätzchen. Wenn du zurückkommst, kannst du ja Austin etwas zu trinken mitbringen. Er hat bestimmt Durst.“
„Ja, das wäre wirklich toll“, sagte Austin.
„Ich bin auch ganz bald wieder da“, versprach David und trollte sich.
Rebecca sah auf ihre Hände. „Ich weiß es sehr zu schätzen, dass du dich um David kümmerst.“
„Kein Problem. Er war bei mir drüben in der Garage, und ich habe ihn zurückgebracht.“
„Oje. Dabei habe ich strikten Befehl gegeben, dich auf keinen Fall zu stören.“
„Er hat mich nicht gestört.“
Endlich sah sie zu ihm auf. Sie wirkte überrascht. „Im Ernst?“
„Ja. David ist nicht lästig.“
„Ach, Austin.“
Beinahe hätte er laut aufgestöhnt. In ihren Augen stand wieder dieser schon vertraute Ausdruck. Hatte er nicht alles getan, um ihr diesen Glauben an den Märchenprinzen auszutreiben?
„Ich male die Wände noch fertig, dann gehe ich.“
„Du musst nicht gleich wieder die Flucht ergreifen.“ Trotz des Farbgeruchs konnte er ihren zarten Vanilleduft wahrnehmen. „Wir essen nachher alle zusammen. Du bist herzlich eingeladen.“
„Nein, danke.“ Wenn sie ihn berührte, war er verloren.
„Aber … Ach, David, da bist du ja schon wieder.“
„Ich habe dir Limonade mitgebracht, Austin.“
Austin sah auf David hinunter. „Vielen Dank, das war nett von dir.“ Er trank das Glas in vier langen Schlucken aus. „Sehr gut“, lobte er.
Dann machte er den Fehler, Rebecca anzuschauen. Sie lächelte ihn völlig entrückt an. Er presste die Lippen zusammen und musste an sich halten, vor dem Kind nicht zu fluchen.
„Kommst du auch zum Abendessen?“, wollte David von ihm wissen. „Wir grillen Maiskolben und ganz viele andere Sachen.“
„Ich glaube nicht, dass ich …“
David umklammerte sein leeres Limonadenglas. „Du kannst neben mir sitzen, wenn du willst.“
Austin betrachtete ihn nachdenklich. Vor zwei Stunden hatte er ihn zum ersten Mal gesehen, sehr ernst und viel zu sauber für einen normalen Siebenjährigen an einem schönen Frühlingstag. Inzwischen war der Junge ein bisschen aufgetaut und von oben bis unten mit Farbe beschmiert. Austin brachte es einfach nicht über sich, ihm weh zu tun.
„Klar sitze ich neben dir“, versprach er. Wahrscheinlich würde Rebecca ihn demnächst selig sprechen. Dabei war er alles andere als ein Heiliger. Wenn sie wüsste, woran er gerade dachte, wäre sie entsetzt. Am liebsten hätte er sie jetzt nämlich bei sich im Bett gehabt, nackt und heiß vor Verlangen nach ihm. Nur gut, dass sie nichts davon ahnte, denn aller bisherigen Erfahrung nach würde sie sich sofort bereit erklären, seine Phantasien in die Wirklichkeit umzusetzen.
Rebecca blickte ihn lächelnd an. „Dann sehen wir uns beim Essen.“
„Ja. Bis später.“
Eine Stunde später waren sie mit dem Zimmer fertig und gingen, um sich zu waschen. Auf dem Weg ins Bad schob David zaghaft seine kleine Hand in die von Austin und sah zu ihm auf, voller Hoffnung und doch zugleich in der Erwartung, zurückgewiesen zu werden. Seine Hand war klebrig von Farbe, und Austin drückte sie sanft. Er redete sich ein, dass seine enge Kehle von den Farbausdünstungen herrührte und von nichts sonst.
6. KAPITEL
Es war fast acht Uhr abends, als die letzten Helfer nach Hause fuhren. Rebecca schloss die Haustür und setzte sich neben Austin auf die Holztreppe. Er rückte ein wenig zur Seite, um ihr Platz zu machen. Dabei hätte sie gar nichts dagegen gehabt, wenn ihre Schultern sich berührt hätten.
Sie zog die Knie hoch und umschlang sie mit den Armen. Die Sonne war hinter den Bäumen schon fast verschwunden, aber die Abendbrise trug immer noch die Wärme des Tages in sich.
Rebecca sah Austin von der Seite an. Sein Profil mit der klassisch geraden Nase, dem wohlgeformten Mund faszinierte sie. Ihr Blick blieb an seinem goldenen Ohrring hängen. Irgendwie wirkte Austin dadurch ein wenig verrucht, fand sie. Und sehr verführerisch … Es war wirklich ein Glück, dass ihre
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