JULIA FESTIVAL Band 76
heiraten will.“ Austin sagte immer noch nichts. „Ein Freund von mir war zusammengeschlagen worden, und Wayne knöpfte sich die Typen vor, die das getan hatten.“
Endlich drehte Austin sich um. „Ein wahrer Held“, stellte er fest. Seine Stimme klang kalt.
Sie dachte daran, wie er ihr von seinem ersten Zusammentreffen mit Travis erzählt hatte, von seinen ständigen Raufereien. Damit wollte er nur den Schmerz betäuben, dachte sie. Darauf hätte ich früher kommen sollen. Es war ja ganz logisch.
Sie standen so nah voreinander, dass sein Atem über ihr Gesicht strich. Sie hätte sich nur auf die Zehenspitzen zu stellen brauchen, um ihn zu küssen. Aber das wäre jetzt ein Fehler, dachte sie. Er war noch nicht so weit.
„Für mich war er ein Held“, gab sie zurück. „Von diesem Augenblick an waren wir unzertrennlich.“
„Was für eine rührende Geschichte.“
Sie überhörte seinen Sarkasmus. „Der einzige Streit, den wir je hatten, drehte sich darum, dass ich vor der Hochzeit nicht mit ihm schlafen wollte.“ Sie hob die Schultern und sah zu Austin auf. Aber es war zu dunkel, um den Ausdruck in seinen grauen Augen zu entziffern.
„Das hast du mir bereits erzählt, Rebecca. Als er starb, hasste er dich. Ja, und?“
Er hatte die Hände zu Fäusten geballt, und seine Knöchel traten weiß hervor. Offenbar war er also doch nicht so desinteressiert, wie er sie gern glauben machen wollte. Rebecca schöpfte wieder ein bisschen Hoffnung.
„‚Ja, und?‘ heißt, dass ich es nicht genug versucht habe. Ich hätte diese Hochzeit erzwingen sollen. Ich glaube, Wayne hätte sich einen Liebesbeweis gewünscht.“
Sie legte ihm die Hände auf die Brust und er entzog sich ihr nicht. Das gab ihr Mut. „Wayne war meine erste Liebe, und ich werde ihn nie vergessen – und auch nicht, wie ich ihn enttäuscht habe.“
„Du bist in der falschen Zeit geboren, Rebecca Chambers“, sagte Austin rau. „Du bist hoffnungslos altmodisch.“
„Das glaube ich nicht. Außerdem heiße ich Rebecca Lucas, Austin. Ich bin deine Frau.“ Er antwortete nicht darauf, und so fuhr sie fort: „Bisher stand ich nie vor wirklich schwierigen Entscheidungen – bis ich dich getroffen habe.“ Sie legte ihm den Finger auf die Lippen, als er noch etwas sagen wollte. „Gleich. Ich bin mit offenen Augen in diese Beziehung gegangen. Von Anfang an wusste ich, wer und was du bist.“
Er schob ihre Hand weg, als hätte er sich daran verbrannt. „Nichts weißt du, gar nichts! Du siehst nur, was du sehen willst.“
„Und wie ist das mit dir?“
Bevor er noch etwas sagen konnte, explodierte der dunkle Himmel auf einmal in tausend Farbpunkte, und ein dumpfes Grollen erschütterte die Wände. Über den Bäumen stiegen rote, grüne, blaue und weiße Raketen auf und zerstieben zischend in Sterne und leuchtende Funkenregen.
Rebecca stellte sich vor Austin und legte die Hände auf seine Brust. „Als ich zu dir kam, wusste ich genau, was ich tat. Ich bin freiwillig geblieben, denn ich wollte hier bei dir sein. Das will ich immer noch. Und als ich schwanger wurde, habe ich mich aus freien Stücken entschlossen, dich zu heiraten. Ich will deine Frau sein.“
Sie hätte ihn am liebsten geschüttelt, damit er zu Verstand kam. „Ich habe mich für dich entschieden mit allen Konsequenzen. Und dazu gehört auch deine Vergangenheit. Ich weiß, dass du dich nicht für liebenswert hältst. Aber du irrst dich. Gib mir eine Chance, Austin. Vertrau mir, damit ich lernen kann, dich zu lieben. Vielleicht kann ich dir geben, wonach du dich immer gesehnt hast.“
Er machte eine Bewegung von ihr weg. Das Feuerwerk warf bunt flackernde Schatten auf sein Gesicht.
Rebecca fasste ihn am Hemd. „Ich will dich nicht verlieren, nicht jetzt. Gib dir selbst eine Chance.“
Seine Blicke schienen sich in sie zu bohren, und er nahm ihre Hände und löste sie von seinem Hemd. „Du bist sehr eigensinnig“, stellte er fest. „Dabei kann man leicht einen auf die Nase bekommen.“
„Du würdest nie eine Frau schlagen“, erwiderte sie zuversichtlich.
„Das war nur so eine Redensart.“
„Zum Teufel mit irgendwelchen blöden Redensarten!“
Er hob die Augenbrauen. „Wie, bitte?“
„Ach, Austin, dieses ganze Herumgerede fällt mir langsam auf die Nerven. Es geht um uns. Kannst du mir denn gar kein bisschen vertrauen?“
Er musste keine Sekunde überlegen. „Nein.“
Seine Antwort war wie ein Schlag ins Gesicht, aber jetzt konnte sie nicht mehr zurück.
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