JULIA FESTIVAL Band 78
bereitwillig an und zwinkerte ihrer Freundin dann zu. „Um sicher zu sein, dass sie sich ihre Kleider nicht schmutzig machen.“
„Das ist vielleicht keine schlechte Idee“, lachte Marlee.
Nein, das war sie ganz sicher nicht. Zumindest was Carolyn betraf. Die Idee brachte sie aus der Nähe Cliffs und seiner absurden Annäherungsversuche heraus. Inzwischen hegte sie keinerlei Zweifel mehr, dass er sie heute zu seinem Opfer erwählt hatte. Sie entzog ihm ihren Arm und trat zur Seite.
Doch ihre Hoffnung war nur von kurzer Dauer. Denn im nächsten Moment rief eines der Kinder auch schon fröhlich: „Kommst du auch mit, Onkel Cliff?“
„Aber ganz sicher, mein Liebes. Ich kann es mir doch nicht entgehen lassen, zusammen mit so tollen Blumenmädchen fotografiert zu werden. Lauft schon mal vor und haltet mir unbedingt einen Platz neben euch auf der Gartenbank frei.“
Carolyn verbarg nur mühsam ihre Enttäuschung, als Cliff sie wieder an seine Seite zog, an den umstehenden Gästen vorbeiführte und dabei förmlich vor Charme sprühte. Ganz offensichtlich freute es ihn, dass er sich wieder einmal hatte durchsetzen können. Aber sie schluckte ihren Ärger tapfer runter, setzte ein strahlendes Lächeln auf und plauderte mit den Leuten über die romantische Zeremonie der Hochzeit.
Schließlich hatten sie sich zur offenen Rasenfläche durchgekämpft und folgten den Zwillingen zu der Sitzecke unter dem Magnolienbaum. Die beiden hatten sich schon in Pose gesetzt und warteten nun ungeduldig auf den Fotografen.
Jetzt waren die Förmlichkeiten für eine Weile überstanden, und Carolyn entzog Cliff sofort den Arm. Es gab keinen Grund mehr, weiterhin Vertrautheit vorzutäuschen. „Bei mir verschwenden Sie nur Ihre kostbare Zeit“, teilte sie ihm noch unmissverständlich mit.
„Darüber müssen Sie sich wirklich keine Gedanken machen“, antwortete er ungerührt und lachte. „Schließlich ist es meine Zeit, die ich vergeude.“
„Es wird vergeblich sein“, gab Carolyn eisig zurück. „Ich habe schon sehr früh gelernt, nicht mit Wölfen zu spielen. Es führt immer wieder nur auf das Gleiche hinaus. Und das ist ganz eindeutig nichts für mich.“
Er zuckte gelassen mit den Schultern. „Ohne Einsatz kein Gewinn.“ Dann fügte er trocken hinzu: „Oder noch besser ausgedrückt: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.“
„Ich bin kein Spieler.“
„Das vielleicht nicht. Aber eine Kämpfernatur, Carolyn. Nur keine Scheu, fordern Sie mich offen heraus!“
Carolyn lachte überrascht. „Was hätten Sie davon?“
„Nun, mit Sicherheit einen interessanten statt einen langweiligen Abend.“
„Für den Sie dann auch schon ein besonderes Ende geplant haben“, meinte sie sarkastisch.
„Das liegt ganz bei Ihnen“, antwortete er gelassen, ohne seine eindeutigen Absichten zu leugnen. „Männer jagen. Frauen wählen.“
„Das ist leider nicht immer so“, entgegnete Carolyn bitter. Denn sofort tauchte wieder der Schatten ihrer Kindheit auf.
Cliff runzelte erstaunt die Stirn. Doch dann schien ihm klar zu werden, was sie meinte. „Keine Sorge“, lachte er. „Ich wurde gut erzogen und bin recht zivilisiert.“
Seltsamerweise glaubte Carolyn ihm das. Denn Cliff Selby hatte es nicht nötig, sich einer Frau aufzuzwingen. „Haben Sie jemals in Erwägung gezogen, dass ich es nicht sein könnte?“, ging sie auf seinen lockeren Ton ein.
„Ich werde mich so gut es geht verteidigen.“
„Beschweren Sie sich hinterher aber nicht, dass ich Sie nicht gewarnt hätte.“
Er lachte amüsiert. „Gefahr ist das einzige Gewürz, das meinem Leben noch geblieben ist.“
Und Abwehr und Desillusionierung das einzige, das mir geblieben ist, dachte Carolyn. Sofort war alle Belustigung gewichen und die alte Bitterkeit zurückgekehrt. Was könnte sie Cliff schon anhaben? Vielleicht sein Ego etwas ankratzen. Doch in wirklicher Gefahr würde er niemals sein. Er hatte sein Herz zu sehr verschlossen, als dass er es verlieren und somit verletzt werden könnte. Vielleicht hatte er sogar überhaupt kein Herz. Obwohl die Zuneigung, die er seinen Geschwistern und Nichten entgegenbrachte, aufrichtig zu sein schien.
Sie beobachtete, wie die beiden Mädchen unbekümmert plauderten und sich freuten, wie viel Platz sie mit ihren Röcken auf der Gartenbank einnahmen. Es waren privilegierte Kinder. Sie würden die gleiche gute Erziehung genießen wie Cliff Selby. Und keine Ahnung von der anderen Seite des Lebens haben.
Aber das ist auch gut so,
Weitere Kostenlose Bücher