JULIA FESTIVAL Band 78
haben.“
„Nein, natürlich nicht“, sagte Scott, stand auf und ging zu dem Tisch hinüber, an dem Antonia und Jocelyn saßen.
Kurze Zeit später ging Antonia zu ihrem Stiefvater.
„Ray …“, begann sie, lächelte entschuldigend, strahlte aber ansonsten große Entschlossenheit aus. „… ich weiß, das muss für dich eine sehr große Überraschung sein, und …“
„Schon gut“, unterbrach er sie und machte eine wegwerfende Handbewegung. „Ich hab’ mich bereits an Überraschungen gewöhnt, seit ich hier in ‚Summerfield Green‘ bin.“ Er schmunzelte. „Wirklich, ich glaube nicht, dass mich jetzt noch etwas überraschen kann.“
Antonia ergriff seine Hand und drückte sie liebevoll. Dann ließ Antonia sich auf den Stuhl nieder, auf dem vorher Scott gesessen hatte. „Du hast doch nichts – gegen meine Beziehung zu Scott, Ray, nicht wahr?“, fragte sie schließlich, und es klang sehr eindringlich. Früher hatte sie einmal gegen Rays Rat gehandelt, was dann zu dem Desaster mit Frank Sheldon geführt hatte.
„Nicht das Geringste, Antonia. Diesen Mann halte ich für aufrichtig“, antwortete Ray beinahe feierlich.
„Na, auf jeden Fall kann er nicht hinter meinem Geld her sein, weil ich keins mehr habe.“
„Das stimmt nicht ganz, Antonia. Ich denke, es ist an der Zeit, dir die volle Wahrheit zu sagen. Weißt du, ich bin nicht ganz schuldlos daran, dass deine Verlobung mit Frank Sheldon in die Brüche gegangen ist. Ich habe ihm nämlich erzählt, dass du nichts mehr außer dem Rest der Erbschaft deiner Mutter besäßest und dass Jocelyn meine Alleinerbin sein wird. Er musste also vermuten, dass er aus deiner Verbindung zu mir keinen Cent zu erwarten hatte.“
„Ja, aber das stimmt doch auch. Jocelyn ist …“
„Antonia …“ Ray schüttelte den Kopf und sah sie um Verständnis bittend an. „Ich habe damals gelogen, um dir zu helfen, Liebes. Ich konnte nicht mehr mit ansehen, wie dieser Mensch dich ausnutzte. Und wie herzlos dieser Kerl war! Es ging mir nicht nur um das Geld, glaub mir. So oder so musstest du von ihm loskommen. Es sollte endlich ein Ende haben. Was dieser Mann mit dir gemacht hat, war schlimm. Und es sah nicht so aus, als würde es besser werden. Deshalb beschloss ich, dafür zu sorgen, dass es aufhörte. Ich habe es gut gemeint, das siehst du doch ein, oder?“
„Ja“, flüsterte sie.
„Und, meine liebe Tochter – das bist du für mich genauso wie Jocelyn –, ich habe dich natürlich doch in meinem Testament bedacht. Zudem habe ich beträchtliche Summen für die verschiedenen Stationen deines Lebens angelegt. Wenn du dreißig bist …“
„Ray …“ Tränen stiegen ihr in die Augen, und sie schluckte krampfhaft. „Ich brauche das Geld nicht. Ich komme schon zurecht im Leben. Gib es lieber Jocelyn. Wirklich, das wäre mir lieber. Du weißt doch, dass ich mit Geld nicht umgehen kann.“
„Mach damit, was immer du willst, Liebes. Ich möchte nur, dass du weißt, es ist da für dich. Nur um der Sicherheit willen musst du mit keinem Mann zusammenbleiben. Du bist frei, Antonia. Finanzielle Probleme wirst du nie haben.“
Sie hatte sich wieder gefasst und lächelte Ray schelmisch an. „Mit Scott werde ich jedenfalls nicht wegen seines Geldes zusammenleben, Ray.“
Der hob die linke Augenbraue. „Es ist mir ein großes Rätsel, wieso du überhaupt dazu bereit bist, wo du doch erst heute Morgen damit begonnen hast, ihn zu mögen.“
Antonia lachte herzhaft auf, genauso wie Ray es gern hörte.
„Scott ist der raffinierteste und undurchsichtigste Mann, den ich je kennen gelernt habe. Das macht das Ganze ja so reizvoll. Und da gibt es noch etwas …“
„So?“
Unbefangen sagte sie: „Er ist der wundervollste Liebhaber, den man sich vorstellen kann. Und ich werde es immer wieder mit ihm tun. Natürlich nur, solange er es genauso wie ich will. Und ich habe ihn gewarnt, ihm erklärt, es sei nur die sexuelle Anziehungskraft …“
„Wie auch immer, in der Liebe ist alles erlaubt, solange es Spaß macht“, bemerkte Ray schmunzelnd. Ernster fügte er hinzu: „Du weißt, ich wünsche dir nur das Beste. Wenn Scott für dich das Beste ist, wünsche ich dir alles Gute mit ihm.“
Antonia sprang auf und strahlte Ray an. „Ich wusste, du würdest es verstehen. Und, nicht wahr, ich muss es doch wenigstens auf einen Versuch ankommen lassen?“
„Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.“
„Oh, wie lieb ich dich habe, Ray!“ Sie drückte ihm einen Kuss auf die Wange,
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