JULIA FESTIVAL Band 78
dringend geschnitten werden musste. Vielleicht hätte sie irgendetwas Drastisches tun sollen, damit Phil sie wieder wahrnahm. Sie hätte sich zum Beispiel die Haare abschneiden lassen können. Aber er hatte immer gesagt, ihr langes Haar würde ihm gefallen. Der schulterlange Bob mit den fransig geschnittenen Strähnen, die weich ihr Gesicht umrahmten, stand ihr wirklich gut, und frisch gewaschen und geföhnt wie jetzt, saß die Frisur perfekt.
Um das dunkelblaue Kostüm aufzupeppen, trug Rowena einen rotgrünen Seidenschal. Sie zupfte einen Moment lang daran herum, dann sagte sie sich, dass sie überhaupt keinen Grund hatte, nervös zu sein, und stieg aus dem Auto. Sie sah so gut aus, wie es unter den gegebenen Umständen möglich war. Gehenlassen hatte sie sich in den Jahren als Hausfrau und Mutter nicht. Bevor sie Kinder bekommen hatte, war sie ein bisschen schlanker gewesen. Ihre Figur war jetzt fraulicher, aber sie machte bestimmt nicht den Eindruck einer Frau, die ihr Äußeres vernachlässigte.
Was immer Phil über sie erzählt hatte, seine Geliebte würde in Kürze mit der Wahrheit konfrontiert werden. Der Gedanke half Rowena, grimmig an ihrem Vorhaben festzuhalten. Sie schloss das Auto ab, warf einen Blick auf ihre Armbanduhr und ging zu den Aufzügen. Halb zwölf. Zeit genug, um vor der Mittagspause alles Nötige zu sagen.
Ein großer schnittiger BMW kam in die Tiefgarage. Der Fahrer parkte auf dem Platz neben den Aufzügen. Rowena erstarrte. Es musste Simon Delahunty sein, der Mann, dem sie auf keinen Fall begegnen wollte – besonders an diesem Tag nicht!
Es war schwer genug, sich damit abzufinden, dass Simon der Boss ihres Mannes war und sie seinen Namen hörte, wann immer Phil über seine Arbeit sprach. Rowena wünschte, der Job bei Delahunty’s wäre ihm nie angeboten worden oder ein anderer Bewerber hätte ihn bekommen – irgendetwas, das ihr die Verbindung mit Simon und die Erinnerungen, die er wachrief, erspart hätte.
Ganz gleich, um wie viel wir seit Phils Wechsel zu Delahunty’s besser gestellt sind, in jeder anderen Hinsicht ist der Job eine Katastrophe, dachte Rowena unglücklich. Dass Simon wieder eine Rolle in ihrem Leben spielte, war die erste beunruhigende Folge gewesen, und jetzt gefährdete eine Frau, die für ihn arbeitete, ihre Ehe. Beiden gegenübertreten zu müssen war an diesem Morgen zu viel. Es war besser, zum Auto zurückzugehen und zu warten, bis Simon verschwunden war.
Er stieß die Autotür auf, und Rowena sah die unverwechselbaren breiten Schultern und das dichte dunkelbraune Haar. Sie wandte sich ab. Der Zeitverlust machte sie nervös, aber der Gedanke, mit Simon zusammen im Aufzug nach oben zu fahren, war weitaus schlimmer. Wusste Simon, was zwischen einer seiner Angestellten und Phil vorging?
„Rowena …“
Rowena stockte der Atem. Jetzt konnte sie Simon nicht mehr ausweichen. Er hatte sie erkannt. Auf der Weihnachtsfeier der Firma im vergangenen Jahr hatte er sofort gewusst, wer sie war, obwohl er sie nicht mehr gesehen hatte, seit sie siebzehn gewesen war. Ihre Beziehung hatte angefangen, als sie noch ein Kind gewesen war, und war zu eng gewesen, als dass Simon ihr Gesicht jemals vergessen könnte. Und natürlich waren da noch andere Dinge, die sich nicht aus dem Gedächtnis verbannen ließen, so sehr man es vielleicht auch versuchte.
Doch darüber durfte sie im Moment nicht nachdenken. Sie musste sich irgendetwas Unverfängliches einfallen lassen, über das sie mit ihm plaudern konnte, damit sie die nächsten Minuten überstand. Rowena atmete tief durch, um sich zu beruhigen, dann drehte sie sich zu Simon um und lächelte ihn gespielt überrascht an.
„Simon …“ Sie ging wieder auf die Aufzüge zu. Offensichtlich erwartete er, dass sie sich eine Weile höflich unterhalten würden, denn er blieb neben seinem Auto stehen. „Wie läuft es bei dir?“, fragte sie.
„Gut. Und bei dir?“
Darauf antwortete Rowena nicht. Simon Delahunty war ein brillanter Architekt und gerissener Bauunternehmer. In den vergangenen Jahren hatte er keine Zeit verschwendet. Zuerst hatte er sich auf der Nordseite von Sydney Harbour einen Namen gemacht, jetzt dehnte er seine Geschäfte auf andere Stadtteile aus.
„Dein Entwurf für die Reihenhäuser in Manly hat mir gefallen“, sagte Rowena mit aufrichtiger Bewunderung. „Phil hat sie mir gezeigt. Sie sind schon alle verkauft, stimmt’s?“
„Ja. Das ging schnell.“ Simon lächelte, als würde er sich über ihr
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