JULIA FESTIVAL Band 78
hat meinen Standpunkt in dieser Angelegenheit missverstanden. Er hat geglaubt, ich wäre zufrieden, wenn ich weiterhin für die Firma arbeiten darf. Ich hingegen hatte daran gedacht, die Geschäftsführung zu übernehmen, wenn er in den Ruhestand getreten ist, wozu ich auch in der Lage gewesen wäre. Aber Ray scheint es mir nicht abgenommen zu haben, als ich ihm sagte, dass ich niemals heiraten werde. Er hat veraltete Ansichten, sodass …“
„Aha, jetzt kommen wir allmählich zum Ursprung Ihrer Feindseligkeit mir gegenüber!“, unterbrach Scott sie und wirkte befriedigt. „Ich habe das bekommen, was Sie für sich beanspruchten.“
In ihren Augen blitzte es auf. „Und wieder liegen Sie falsch! Ray hat erreicht, was er wollte. Das ist das einzig Wichtige. Ich persönlich bedaure zwar, dass er mir das Geschäft nicht anvertraut hat, aber es ist schließlich seine Sache und deshalb in Ordnung. Ich verachte Sie, weil Sie einen Großteil unserer Leute einfach entlassen haben!“
„Und das allein macht Sie wirklich so betroffen?“, fragte er ziemlich misstrauisch.
„Ja! Egal, was geschieht, ich gehe meinen eigenen Weg. Meine Kündigung ist bereits geschrieben. Niemals würde ich für Sie arbeiten. Eigentlich wollte ich bis Montag warten und das Ganze etwas eindrucksvoller gestalten …“
„Was führen Sie im Schild? Irgendetwas planen Sie doch, oder?“
Antonia blickte ihn bedeutsam an. „Erzählen Sie vorher, was Sie tun werden, wenn Sie eine Geschäftsübernahme planen?“
„Nein.“
„Sehen Sie, und ich erzähle Ihnen auch nicht, was ich vorhabe. Nur eines – ich muss etwas für die Leute tun, die Sie kurzerhand zum Alteisen warfen. Und Sie werden für das bezahlen, was Sie ihnen zugefügt haben, das schwöre ich Ihnen. Ich habe Freunde auf höchster Ebene. Sie werden es selbst noch zu spüren bekommen, wie es ist, wenn man wie … wie Schrott behandelt wird.“
Scott atmete tief durch. Dann hob er beschwichtigend die Hand. „Versuchen Sie es doch zu verstehen. Wir werden die gegenwärtigen Geschäftsverbindungen der Transportgesellschaft erweitern und so zusätzliche Arbeitsplätze schaffen.“
„Für die Menschen, die Ihretwegen jetzt keine Arbeit mehr haben, ist das kein Trost“, setzte Antonia dem entgegen.
„Ich bin nicht für jeden Menschen verantwortlich. In unserem Gesellschaftssystem wird es immer Gewinner und Verlierer geben. Aber in diesem Fall werden es weit mehr Gewinner als Verlierer sein.“
„Ja? Nun, ich stehe jedenfalls auf der Seite der Verlierer und werde für ihre Rechte kämpfen. Mr. Seton, Ihr Problem ist, dass Sie Entscheidungen fällen wie ein Computer, der …“
„Miss Braden, jetzt reicht es aber wirklich!“, fiel er ihr ins Wort. „Hören Sie auf mit dieser Polemik. Lassen Sie uns die Angelegenheit auf sachliche und zivilisierte Art klären. Sie können nicht gewinnen, wenn …“
„Ich habe nicht gesagt, ich werde gewinnen“, korrigierte sie, „ich habe gesagt, ich werde kämpfen.“
„Verhandeln wäre besser. Das heißt … für Sie und Ihre Schäfchen wäre es natürlich nur besser, wenn Sie ein gewisses Verhandlungsgeschick an den Tag legten.“
„Verhandlungsgeschick?“
„Diplomatie. Kompromissbereitschaft.“
Antonia schwieg. Sie traute ihm nicht. Nicht nach dem, was sie bisher von diesem Mann wusste. War er denn tatsächlich bereit, Zugeständnisse zu machen? Kompromisse konnten natürlich nicht einseitig geschlossen werden, und sie durfte die Hoffnungen anderer Menschen nicht durch Starrköpfigkeit aufs Spiel setzen. Was beabsichtigte er? Das musste sie herausfinden, bevor sie die Klingen mit ihm kreuzte.
Er lächelte sie an. „Miss Braden, glauben Sie mir, ich möchte, dass wir Freunde werden.“
„Ja?“ Das klang skeptisch. „Mr. Seton, ich kann in Ihnen lesen wie in einem offenen Buch“, behauptete sie dann. „Sie möchten nur alle Schwierigkeiten mir nichts, dir nichts aus dem Weg räumen.“
Er betrachtete einige Sekunden lang ihr Gesicht. Dann glitt sein Blick an ihrer Figur hinab. Schließlich sagte Scott mit einem leicht spöttischen Zug um den Mund: „Vielleicht. Ich sehe Sie nämlich unter anderem als störendes Element in meinem Leben an, und störende Elemente eliminiere ich, weil sie mich beunruhigen.“
Antonia war wieder ganz heiß geworden, während er sie, wie sie meinte, zum x-ten Mal so unverschämt gemustert hatte.
„Wenn ich mit allem fertig bin, werden Sie noch viel beunruhigter sein!“, stieß sie
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