JULIA FESTIVAL Band 84
Schwimmen und Surfen ausgefüllt gewesen. Und viel Schlaf konnte Anthony in der Nacht nicht bekommen haben. Er war am Morgen mit Kimberly aufgestanden. Seit sie beschlossen hatte, Anthony an diesem Abend die Wahrheit zu sagen, wartete Meredith ungeduldig darauf, mit ihm allein zu sein. Was, wenn er vorschlagen würde, dass sie früh ins Bett gingen?
„Das ist jetzt endgültig das letzte Spiel, Kimberly“, warnte er, während er gab. „Und die letzte Chance, zu gewinnen.“
„Aber ich bin viel zu aufgeregt, um schon ins Bett zu gehen“, protestierte sie.
Die beiden hatten abwechselnd in Führung gelegen, und im Moment lag Anthony vorn. Meredith hatte keine Möglichkeit mehr, noch zu gewinnen. Sie spielte unkonzentriert, weil sie ständig darüber nachdachte, wie sie Anthony die Wahrheit am besten beibringen könnte.
„Wir haben eine faire Abmachung getroffen“, erinnerte er Kimberly. „Du hast mich darum gebeten, aufbleiben zu dürfen, bis ‚Carols By Candlelight‘ zu Ende ist. Und ich habe unter der Bedingung ja gesagt, dass du danach ohne Murren in dein Zimmer gehst.“
„Die Sendung ist gerade vorbei.“
„Abgemacht ist abgemacht, mein Mädchen.“
Kimberly verzog verärgert das Gesicht und sortierte die Karten, die sie bekommen hatte. „Dann gewinne ich wohl besser.“
Sie gewann tatsächlich. Oder Anthony ließ sie. Im Stillen war Meredith erleichtert. Ihre Tochter tanzte um den Tisch, genoss triumphierend ihren Sieg und versuchte nicht, doch noch einen Aufschub zu erreichen. Sie gab erst Anthony und dann Meredith einen Gutenachtkuss, warf einen sehnsüchtigen Blick auf die Geschenke unter dem Weihnachtsbaum und ließ Anthony und Meredith allein. Sie hörten sie laut „Jingle Bells“ singen, während sie durch die Eingangshalle in den Schlafzimmertrakt ging.
„Nicht gerade ein Schlaflied“, meinte Meredith.
Anthony erwiderte ihr Lächeln nicht. „Lass uns aufräumen“, sagte er leise, ohne sie anzusehen.
Solange Kimberly bei ihnen gewesen war, hatte er sich gut verstellt, doch jetzt gelang es ihm nicht mehr, sich zu beherrschen. Er strahlte eine solche Anspannung aus, dass Meredith völlig verunsichert war. Bereute er, mit ihr geschlafen zu haben? Hatte er das Gefühl, unbesonnen und voreilig eine Beziehung angefangen zu haben, die er im Grunde gar nicht wollte?
Meredith blickte Anthony forschend an. Er packte die Karten ein, als würde diese Aufgabe seine ganze Konzentration fordern. Dann stand er auf, nahm Etui, Schreibblock und Kugelschreiber und ging zum Schrank. Meredith war sich nur allzu bewusst, dass Anthony sie nicht ein einziges Mal anschaute. Sie stand auf und trug die Gläser in die Küche. Was war los? Ängstlich und ungeduldig zugleich, hatte Meredith seit dem Vormittag darauf gewartet, endlich mit Anthony allein zu sein. Jetzt, da es so weit war, hatte er anscheinend keine Lust, noch mit ihr aufzubleiben und zu reden.
Nachdem sie die Gläser gespült und auf das Abtropfbrett gestellt hatte, kehrte Meredith ins Wohnzimmer zurück. Wenn sie das Problem einfach ignorierte, würde sie die ganze Nacht keine Ruhe finden. Ihr Herz klopfte schneller vor Besorgnis, doch sie hielt an ihrer Überzeugung fest. Nichts war schlimmer, als nicht Bescheid zu wissen.
Anthony stand mitten im Raum und blickte starr auf den Weihnachtsbaum. Als er Meredith hereinkommen hörte, drehte er sich um und rang sich ein Lächeln ab. „Lass uns bitte nach draußen auf die Veranda gehen. Ich möchte nicht, dass uns Kimberly belauscht.“
Meredith nickte und ging voraus. Er folgte ihr und schloss die Haustür hinter ihnen, und als Meredith fragend über die Schulter blickte, zeigte er auf die Peddigrohrsessel in der Ecke, wo sie am Vorabend gesessen und sich unterhalten hatten.
Worüber wollte Anthony mit ihr sprechen? Meredith kam der Gedanke, dass er sich Sorgen machen könnte, weil er in der vergangenen Nacht keinen Schutz benutzt hatte. Vielleicht würde er sie fragen, ob sie die Pille nehme. Das Verlangen war so stark gewesen, dass keiner von ihnen an die Folgen gedacht hatte. Wahrscheinlich sollte sie bereuen, so leichtsinnig gewesen zu sein, doch irgendwie fand sie es unwichtig.
Anthony wartete, bis sie sich in einen der Sessel gesetzt hatte. Er setzte sich nicht, sondern stellte sich ans Geländer und blickte mehrere Minuten stumm aufs Meer. Sie sah, wie er die Hände zu Fäusten ballte. Schließlich drehte er sich um. „Ich weiß jetzt, dass ich dich Merry genannt habe“, sagte er
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