Julia Festival Band 86
um für sich selbst aufzukommen? Hat sie irgendein Talent?“
Joe sprang auf, krallte die Finger in Matts Hemd und zerrte ihn hoch. „Mir gefällt nicht, was du da andeutest.“
„Das ist das zweite Mal, dass du mir gegenüber wegen dieser Frau handgreiflich wirst. Und das gefällt mir nicht.“ Kühl sah Matt ihn an. „Lass mich los.“
Die beiden blickten sich einige Sekunden lang an. Dann stöhnte Joe auf, ließ Matt los und wandte sich ab.
„Ich glaube, ich verliere den Verstand“, sagte er leise.
„Das könnte man meinen. Was, zum Teufel, ist mit dir los?“
„Ich weiß es nicht.“
„Möglicherweise ist dir die Situation über den Kopf gewachsen. Hormone können auch gestandene Männer seltsame Dinge tun lassen.“ Matt ging zu seinem Bruder und legte ihm den Arm um die Schultern. „Vergiss, was ich beim letzten Mal gesagt habe. Ich habe meine Ansicht geändert. Lucy scheint eine nette junge Frau zu sein. Wenn du ihr alles erklärst … Dass du einen Fehler gemacht hättest, sie zu bitten zu bleiben …“
„Sie ist nett. Sie hat viel Sinn für Humor. Sie liebt das Segeln. Ich habe ihr das Billardspielen beigebracht, und jetzt schlägt sie mich sogar. Habe ich das schon erzählt?“
Nur zwei oder drei Dutzend Male, dachte Matt und seufzte. „Okay. Sie ist wunderbar. Aber …“
„Ja, das ist sie.“
„Aber wenn du dich in deinem Haus bedrängt fühlst …“
„Das tue ich nicht. Weißt du, sie besitzt eine herrliche Gabe. Sie kann so still sein, dass ich mich vergewissern muss, ob sie da ist. Wenn wir abends im Wohnzimmer sitzen und lesen oder fernsehen …“
„Du bleibst zu Hause und siehst fern?“
„Oder ich lese oder spiele Billard …“ Starr blickte er seinen Bruder an. „Du meine Güte, das klingt wirklich häuslich.“
„Joe“, erwiderte Matt sanft. „Ich glaube, du hast dich in Lucy verliebt.“
„Verdammt, nein!“ Joe schüttelte Matts Arm ab. „Ich werde mich nie verlieben. Welchen Sinn hat das? Man liebt eine Frau, heiratet sie und endet wie Mom und Pop. Sie hofft, dass du keinen schlechten Tag hattest, und verhält sich unterwürfig, wenn du ihn hattest. Und du sitzt in der Klemme, fragst dich, wie du dich je in diese Misere bringen konntest, und hasst die Welt.“
„So war das bei unseren Eltern. Aber es gibt andere Beispiele. Die Leute können auch glücklich miteinander sein. Nimm Susannah und mich.“
Joe schob die Hände in die Gesäßtaschen. „Vielleicht“, sagte er nach einer Weile. „Aber das bedeutet nicht, dass ich mich in Lucy verliebt habe.“ Er lachte ironisch auf. „Glaub mir, es würde dir nicht gefallen.“
„Warum nicht? Ich sagte doch, ich hätte meine Ansicht geändert.“
„Sie ist Stripteasetänzerin.“
Starr sah Matt ihn an. „Was ist sie?“
„Du hast mich richtig verstanden“, antwortete Joe bissig. „Ich bin ihr das erste Mal auf einer Junggesellenparty begegnet, als sie in sehr spärlicher Bekleidung aus einer Torte gesprungen ist.“
Matt sank auf den nächstbesten Stuhl. „O verdammt!“
„Genau. Möchtest du, dass ich mich in so eine Frau verliebe?“
„Natürlich nicht.“ Matt stand wieder auf. „Auf keinen Fall.“
Joes Blick verfinsterte sich. „Willst du damit ausdrücken, sie sei nicht gut genug für die Romanos?“
„Nein, aber du sagtest …“
„Sie hat behauptet, dass sie vorher noch nie aus einer Torte gesprungen oder auf einer Junggesellenparty aufgetreten sei.“
„Nun“, erwiderte Matt vorsichtig, „vielleicht hat sie dir …“
„Sie hat mir erzählt, sie stamme aus einer alten Familie aus Boston und sei einmal wohlhabend gewesen.“
„Okay, vielleicht ist sie …“
„Sie hat gesagt, dass sie auf dieser verdammten Party war, weil sie von der Kochschule ausgerichtet wurde, die sie besucht hat. Wenn sie nicht aus der Torte gesprungen wäre, hätte man ihr das Diplom verweigert, das sie dringend brauchte, um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Denn in dem Internat, in das sie gegangen war, hatte man ihr nicht beigebracht, für sich selbst aufzukommen.“ Joe funkelte Matt an. „Was meinst du, würde irgendein intelligenter Mensch das glauben?“
Matt zuckte die Schultern. Es schien die einzig sichere Reaktion zu sein.
„Und sie sagt“, fuhr Joe deutlich leiser fort, „ich sei ihr erster Mann gewesen.“ Er sah seinen Bruder an, und seine ganze Haltung drückte aus, dass Matt es auf keinen Fall bezweifeln sollte. „Okay, sie hat es nicht ausgesprochen, aber sie
Weitere Kostenlose Bücher