Julia Festival Band 86
wie Janet Pendleton …
Annies Hals fühlte sich rau an. Es war lächerlich, aber ihr war zum Weinen zumute.
„Du hast recht“, sagte sie.
„Darauf kannst du Gift nehmen.“
„Diese ganze Geschichte, dass wir überhaupt in dieses Flugzeug eingestiegen sind, und auch dass wir jetzt hier festsitzen, das ist ganz einfach … Schicksal, Karma.“
Chase traute seinen Ohren nicht. Annie schwenkte die Friedensfahne? Das schien beinahe unvorstellbar, aber andererseits fiel das meiste, was in den vergangenen achtundvierzig Stunden geschehen war, in diese Kategorie. Was habe ich schon zu verlieren, wenn ich ihr Friedensangebot akzeptierte?, dachte er. Falls ich die kommende Nacht in diesem Schaukelstuhl verbringe, und das werde ich zweifellos, dann ist es viel besser für uns beide, wenn wir uns nicht ständig gegenseitig an die Kehle gehen.
„Karma.“ Chase nahm die Hände von Annies Schultern. „Sag nichts. Du machst einen Kurs über Religionen.“
Lächelnd schüttelte Annie den Kopf. „Ich habe mir einen Computer zugelegt. Und das hat der Typ gesagt, der ihn mir installiert hat. Es ist Karma, wenn man einen Computer dazu bringen kann, richtig zu funktionieren, und auch Karma, wenn man’s nicht schafft.“
„Du hast dir einen Computer gekauft?“
„Fürs Geschäft. Aber inzwischen macht es mir auch Spaß.
Das Internet und solche Sachen.“
„Aha“, meinte er anerkennend. „Und wer hat dir beigebracht, damit umzugehen? Der Gänseblüm… Hoffman?“
„Ich hab’s mir selbst beigebracht. Na ja, mit etwas Unterstützung von Dawn.“
„Tatsächlich.“ Chase lächelte. „Ich habe immer noch zwei linke Daumen bei allem, was komplizierter ist als ein normaler Fließtext.“
„Ich kann dir gerne einmal etwas zeigen.“
Ihre Augen trafen sich sekundenlang, dann umfasste Chase mit seinem Blick den Raum. „Das hier tut mir wirklich leid. Die Unterbringung, meine ich. Ich hätte nie gedacht, dass Tanaka uns hier draußen einquartiert.“
„Es ist ein bisschen viel, finde ich.“ Annie lächelte. „Aber es ist auch wunderschön. Vielleicht sind so die Hotels dort, wo er herkommt.“
Chase grinste. „Er kommt aus Dallas, Süße … ich meine, Annie. Nein, ich habe den Verdacht, er glaubte, wir würden gerne etwas für uns sein.“
Annie lachte. „Liebesgott Tanaka, hm?“
„Scheint so.“
Erneut senkte sich Schweigen herab.
Annie ließ sich auf dem Rand des Schaukelstuhls nieder. „Und, was wirst du tun? Dieses Haus abreißen und dann das bauen, was er will?“
„So ähnlich.“
„Ich bin sicher, das Ergebnis wird großartig sein.“
„Zumindest bewohnbar“, antwortete Chase.
„Sei nicht zu bescheiden, Chase. Ich weiß, dass deine Arbeit hoch geschätzt wird. Ich sehe deinen Namen ständig in den Zeitungen. Du hast es bis nach ganz oben geschafft.“
„Die Leute sagen es.“ Sowohl sein Tonfall als auch sein Lächeln waren ausdruckslos. „Ehrlich gesagt, das Einzige, was ich gemerkt habe, wenn ich tatsächlich dort oben bin, ist, dass es längst nicht so toll ist, wie man meinen sollte.“
„Bist du nicht glücklich?“
„Bist du’s?“
Annie starrte ihn an. Weshalb zögerte sie? Selbstverständlich war sie glücklich. Sie hatte ihr Haus, ihr Geschäft, Freunde, zahlreiche Interessen; ein Leben, in dem nicht von ihr erwartet wurde, irgendeine Rolle zu spielen.
„Annie?“
Sie schaute auf. Chase war näher gekommen. Sie hätte nur die Hand auszustrecken brauchen, um ihn zu berühren.
„Bist du glücklich?“, fragte er noch einmal leise.
Sie wollte es bejahen, ihm sagen, was ihr gerade durch den Kopf gegangen war, dass ihr Leben Gestalt angenommen und einen Sinn bekommen hatte.
Stattdessen dachte sie daran, wie wundervoll es sich angefühlt hatte, als sie sich geküsst hatten. Sie wollte ihm sagen, dass, obwohl sie sich ein gutes Leben geschaffen hatte, dennoch eine Leere darin herrschte, die ihr nicht bewusst gewesen war, bis er sie auf der Tanzfläche in die Arme genommen hatte.
Doch etwas davon zu verraten wäre töricht, sagte Annie sich. Chase gehört nun mal nicht mehr zu meinem Leben und ich nicht mehr zu seinem. So haben wir beide es gewollt. Haben wir das nicht gerade erst vorhin wieder bewiesen, als wir aufeinander losgegangen sind?
„Ja“, erwiderte sie daher mit einem Lächeln, das ihre Lippen zu verzerren schien. „Natürlich bin ich glücklich. Ich bin in meinem Leben noch nie zufriedener gewesen.“
Ein Vorhang schien sich über Chases Augen zu
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