Julia Festival Band 86
senken. „Natürlich“, sagte er höflich. „Du bist glücklich mit deinem Geschäft und deinem Verlobten.“
Annie nickte. „Und du auch.“
„Mmmm, ja. Ich auch.“ Sie sahen einander an, dann ging Chase zur Tür. „Ich denke, ich schau mal nach, welche Vorräte im Kühlschrank sind. Bestimmt ist da genug für ein paar Mahlzeiten vorhanden.“
„Alle Annehmlichkeiten sind da, sogar hier draußen, hm?“
„Tja, ich schätze, jeder hat eine andere Definition von dem, was ein spartanisches Leben ist.“
„Das merke ich. Wenn du mir erzählt hättest, wir würden auf einer Insel enden, die meilenweit von jeder Zivilisation entfernt ist, hätte ich eine Einzimmer-Blockhütte erwartet mit einem Toilettenhäuschen hinterm Haus.“
Chase lächelte. „Wie damals in dem Urlaub im ersten Jahr nach unserer Hochzeit. Weißt du noch? Die Dusche draußen in der Sonne, das Toilettenloch ohne Spülung …“
„Wie könnte ich das je vergessen?“, sagte Annie lachend. „Wir haben dieses komische Set aus Töpfen und Pfannen gekauft, und dann diese Schlafsäcke …“
„Mannomann, haben wir uns blöd angestellt“, meinte Chase, ebenfalls lachend. „Wir haben doch bestimmt eine Stunde oder noch länger gebraucht, um herauszufinden, wie wir die Reißverschlüsse der Schlafsäcke zusammenkriegen, denn wir wollten ja auf gar keinen Fall getrennt schlafen …“ Seine Worte verloren sich. „O je“, fuhr er gedämpft fort. „Seit Jahren habe ich nicht mehr an diesen Urlaub gedacht.“
Annie auch nicht. Allein die Erinnerung daran ließ ihr die Kehle eng werden.
„Ich … Ich glaube, ich gehe mich mal etwas frisch machen“, sagte sie. „Und danach … Danach gehe ich vielleicht auch noch mal spazieren. Um mir den Kopf freizupusten. Der Flug war so lang, und es ist alles so überstürzt gegangen …“
„Ja, klar.“ Chase schluckte trocken. „Geh du nur. Wasch dich, mach einen Spaziergang, was immer du willst. Ich gucke solange, was an Essensvorräten da ist.“
„Ich komme dann nach.“ Annies Lachen war ein wenig spröde. „Ich wünschte, ich hätte wenigstens eine Haarbürste dabei oder einen Lippenstift. Ich habe das Gefühl, ich sehe katastrophal aus.“
Chase hingegen fand, dass sie überhaupt keine Bürste oder irgendwelche Kosmetika benötigte, weil sie so schon schöner war als jede andere Frau, die er je gekannt hatte.
Verdammt, dachte er, zog die Tür auf, trat in den Korridor hinaus und flüchtete vor der Versuchung, so schnell er konnte, ohne tatsächlich ins Laufen zu verfallen.
8. KAPITEL
Chase blickte auf die Uhr.
Das Hotel Tanaka war doch nicht ganz so perfekt, wie es den Anschein hatte. Kühlschrank sowie Gefriertruhe waren erstaunlich leer. Irgendjemand musste die Vorräte bereits entfernt haben, da das Haus ja bald abgerissen werden sollte.
Doch in der Speisekammer hatte Chase einige nützliche Dinge aufgetrieben, aus dem sich jedenfalls ein improvisiertes Mahl zustande bringen ließ. Er begann Zwiebeln und Kartoffeln zu schälen, mit den Gedanken war er jedoch ganz woanders. Fast eine Stunde war vergangen, seit er gehört hatte, wie die vordere Haustür geöffnet und geschlossen worden war und Annie sich zu ihrem Spaziergang angeschickt hatte.
Vielleicht sollte ich nach ihr suchen, überlegte Chase. Andererseits gibt es hier auf dieser Insel nichts, wovor man sich in acht nehmen müsste. Die Insel ist zwar wild und einsam, aber nichts könnte ihr irgendwelchen Schaden zufügen. Raubtiere sind nicht vorhanden, keine Bären, keine Kojoten …
Und dass Annie auf dem gepflegten Waldpfad, der über die Insel führte, ausgerechnet auf eine Schlange traf, war ziemlich unwahrscheinlich.
Allerdings gibt es Spinnen, erinnerte sich Chase. Als er zuvor mit Tanaka hier gewesen war, hatte er ein paar Exemplare allererster Güte gesehen – von der Größe einer Kinderfaust, aber harmlos.
Nur dass Annie etwas gegen krabbelnde Kriechtiere hatte. Das hatte Chase in jenem Winter erfahren, nachdem er seinen ersten wirklich großen Auftrag an Land gezogen hatte. Auf dem Heimweg hatte er angehalten, um Annie eine Schachtel Pralinen zu kaufen. An der Ecke zur U-Bahn war ein kleiner Junge gewesen, der einzelne rote Rosen verkaufte; Chase hatte die schönste ausgewählt, und dann erblickte er ein Reisebüro auf der gegenüberliegenden Straßenseite, in dessen Schaufenster ein großes buntes Poster hing.
Kommen Sie auf die Jungferninseln !, s tand darauf. Und unter der Überschrift sah man das
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