JULIA FESTIVAL Band 95
Hochzeitsnacht der reinste Albtraum gewesen. Schon die Hochzeitsvorbereitungen waren ihr durch den emotionalen Druck, der die ganze Zeit auf ihr gelastet hatte, verleidet gewesen. Wie ein Opferlamm hatte sie sich gefühlt und nicht den Mut gehabt, Cole zu gestehen, dass sie sich nichts sehnlicher wünschte, als einfach in seinen Armen einzuschlafen. Nur so war es zu erklären, dass sie seine Leidenschaft nicht genießen konnte. Sie allein trug die Schuld daran, dass Cole sich nicht sehr viel Zeit für das zärtliche Vorspiel ließ, an dem sie bisher so viel Gefallen gefunden hatten. Sie drängte ihn schon bald jedes Mal, die Angelegenheit schnell hinter sich zu bringen, weil sie nicht in der Lage war, die gleiche Lust zu empfinden wie er.
Elissas sexuelle Ablehnung war der Grund dafür, dass ihre Ehe zum Scheitern verurteilt gewesen war. Denn die Zurückweisung seines Verlangens war für ihn eine Art Verachtung seiner Männlichkeit.
Konnte sie diesen Abgrund, der sich zwischen ihnen auftat, jemals überbrücken? Wäre sie überhaupt in der Lage, die Dinge diesmal anders anzugehen? Warum sollten sich ihre körperlichen Empfindungen für Cole geändert haben?
„Es spielt keine Rolle“, redete sie sich ein. Und wenn sie Cole nur zurückgewinnen konnte, indem sie ihn in ihr Bett ließ, dann würde sie es eben auf sich nehmen. Auf jeden Fall wollte sie ihre zweite Chance.
Und wenn du mich wieder verlässt?
Elissa stockte der Atem, als sie sich seine Worte ins Gedächtnis zurückrief. Ganz gleich, was geschehen sollte, er würde in beständiger Angst leben, dass sie ihn wieder verließ. War es denn ein Wunder? Hatte sie ihn nicht tatsächlich verlassen? Zuerst hatte sie sich ihm körperlich verweigert, und dann hatte sie sich ganz aus dem Staub gemacht. Es war nahezu unmöglich, sein Vertrauen zurückzugewinnen.
„Elissa?“
Elissa drehte sich zur Tür und sah Cole im Türrahmen stehen. „Ist etwas passiert?“, fragte sie besorgt.
„Nein. Ich wollte nur sehen, ob mit dir alles in Ordnung ist. Du warst so still heute Abend.“
Elissa betrachtete das vertraute Gesicht. Die dunklen Augen, die hohen Wangenknochen, der entschlossene Mund. Er sah einfach umwerfend aus. Wie war es möglich, dass dieser Mann sich ausgerechnet in sie verliebt hatte? Womit hatte sie das verdient? Und wie hatte sie so töricht sein können, ihn zu verlassen?
Selbst auf die Gefahr hin, dass er sie jetzt von sich stieß oder irgendetwas zu ihr sagte, das sie ein Leben lang verfolgen würde, ging sie zu ihm hinüber und nahm seine Hand.
„Komm, setz dich zu mir“, forderte sie ihn ein wenig unsicher auf und zog ihn mit sich zu einem Sofa vor dem offenen Kamin, in dem ein wärmendes Feuer knisterte.
„Was hast du vor?“, fragte Cole und nahm misstrauisch Platz.
„Sind die anderen alle im Bett?“, fragte Elissa, die sich in der anderen Ecke des Sofas niedergelassen hatte, ohne auf seine Frage einzugehen.
„Die meisten. Ein paar von den größeren Kindern lesen noch in ihren Zimmern.“
Sie waren also allein und ungestört. Elissa überlegte, wie sie ein Gespräch mit ihm beginnen könnte. „Ich habe über uns nachgedacht. Wenn ich dich sehe, denke ich ständig über unsere Vergangenheit nach. Wir haben uns beide sehr verändert, und ich glaube, ich bin in den vergangenen fünf Jahren so erwachsen geworden, dass ich einige Dinge in einem anderen Licht sehe.“
Cole blieb reglos sitzen. Er verzog keine Miene. Möglicherweise hatte er ihre Worte nicht einmal gehört.
Trotzdem fuhr Elissa fort. „Heute erkenne ich meine Fehler. Der größte von ihnen war, dass ich dich verlassen habe. Es tut mir leid. Aber damals dachte ich, unsere Ehe wäre nicht mehr zu retten. Heute sehe ich, dass es ein Irrtum war.“
Cole starrte sie an. Nie war sie ihm so schön vorgekommen wie heute Abend im flackernden Feuer des Kamins. Sie war in seinen Augen eine Art mystische Gestalt aus einer unerreichbaren Traumwelt.
„Cole?“ Elissa biss sich auf die Lippe. Sie hatte alles von sich preisgegeben, und jetzt erwartete sie ängstlich ein Wort von ihm.
Cole war nicht in der Lage zu sprechen. Also entschloss er sich zu handeln. Er rückte so dicht an Elissa heran, dass ihre Knie sich berührten, bewegte sich ohne Hast und ließ keinen Zweifel an seinem Vorhaben. Es wäre kein Problem für Elissa gewesen, sich zurückzuziehen, doch sie dachte gar nicht daran. Anstatt zu protestieren, schmiegte sie sich an Cole und erwartete mit leicht geöffneten
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