JULIA FESTIVAL Band 97
aber sie konnte ihn nicht verstehen.
Als die Berührung an ihrer Hand stärker wurde, war sie plötzlich hellwach. Erschrocken blickte sie in sein gequältes Gesicht. Christian war tatsächlich bei ihr. Und während sie ihn ansah, ließ er ihre Hand los, als hätte er Angst, dass ihr seine Nähe unangenehm war.
Besorgt strich er sich das Haar aus der Stirn. „Gott sei Dank geht es dir gut!“, erklärte er erleichtert.
Unwillkürlich befeuchtete Olivia sich die Lippen. „Ja“, erwiderte sie. Dann atmete sie tief durch. „Du hättest nicht kommen müssen.“
„ Por supuesto – natürlich musste ich kommen“, widersprach er. „Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte, als Luis mich anrief. Seinen Schilderungen zufolge ging es um Leben und Tod.“
Nun schüttelte sie den Kopf. „Du weißt doch, wie stark er manchmal übertreibt.“ Sie betrachtete ihre Hände, die fast genauso weiß waren wie das Laken. So wollte sie Christian nicht ansehen. Sie wünschte, sie hätte mehr Zeit gehabt, sich auf die Begegnung mit ihm vorzubereiten. So lief sie Gefahr, alles zu glauben, was er sagte.
„ No obstante , du hättest mir trotzdem sagen müssen, dass es Probleme gibt“, erwiderte er mit bebender Stimme und hockte sich neben das Bett. „Du hast ja keine Ahnung, wie hilflos ich mich gefühlt habe, als Luis mir erzählt hat, was letzte Nacht passiert ist.“ Er zögerte einen Moment. „Ich wollte bei dir sein, querida …“ Nach einem leisen Räuspern fügte er hinzu: „Ich weiß, dass du das jetzt nicht hören willst, aber ich möchte immer noch Teil deines Lebens sein.“
Olivia schloss für einen Moment die Augen. Als sie sie wieder öffnete, stellte sie fest, dass er sie unverwandt ansah. „Oh, Christian …“, begann sie hilflos.
Doch er ließ sie nicht ausreden. „Nein“, sagte er und nahm erneut ihre Hand. „Hör mir zu, querida, ich bitte dich. Du lebst noch. Das ist alles, was zählt. Ich glaube nicht, dass ich hätte weitermachen können, wenn … wenn dir etwas passiert wäre.“
„Christian …“
Seine Worte waren einfach zu gefühlvoll und gingen ihr zu sehr zu Herzen. Wie gern wollte sie ihnen nachgeben! Allerdings liebte er sie nicht wirklich, sondern wollte nur seine Ansprüche als Vater durchsetzen. Aber sie wollte nicht, dass die Kleine genauso von ihm enttäuscht wurde, wie es bei Luis und Tony der Fall gewesen war.
„Es tut mir leid“, sagte sie schließlich und zuckte zusammen, weil er seinen Griff verstärkte. Unwillkürlich musste sie an Luis’ Worte denken, doch sie durfte sich nicht beirren lassen. „Ich … ich weiß es zu schätzen, dass du dir Sorgen um mich machst, aber es ändert nun mal nichts an meinen Gefühlen.“
„Du hasst mich also immer noch.“
Olivia seufzte. „Ich habe dich nie gehasst, Christian.“
„Aber du kannst mir einfach nicht verzeihen, was passiert ist.“
„Das stimmt nicht. Ich habe dir schon vor Wochen klargemacht, dass wir beide schuld daran sind. Also, warum bist du nicht ehrlich und nennst mir den wahren Grund, aus dem du hergekommen bist?“
„Den wahren Grund?“ Einen Moment lang wirkte er verständnislos. Doch dann hellte seine Miene sich auf. „Ach ja … Es tut mir sehr leid, dass du das Baby verloren hast“, erklärte er förmlich. „Aber es war wohl nicht anders zu erwarten, stimmt’s? Alles, was schiefgehen konnte, ist schiefgegangen, oder?“ Ohne ihren verblüfften Gesichtsausdruck wahrzunehmen, fuhr er fort: „Allerdings ging es mir nie um das Baby, querida. Ich denke, das wissen wir beide.“
Da sie ihn weiterhin ungläubig ansah, schien er schließlich zu merken, dass irgendetwas nicht stimmte.
„Was ist?“, fragte er besorgt, während er die Hände aufs Bett stützte und sich über sie beugte. „Ich wollte dich nicht aufregen, Olivia. Soy idiota, was bin ich nur für ein Idiot! Du bist ganz blass. Ruh dich aus. Ich hole eine Schwester …“
„Nein!“, protestierte sie und hielt ihn am Arm zurück. „Was hast du über das Baby gesagt?“, erkundigte sie sich heiser. „Bitte, es ist wichtig. Wer hat dir erzählt, es wäre tot?“
„Oh, caramba, du hast es nicht gewusst!“, rief er und wurde selbst ganz blass. „Ich dachte …“
Indem sie seine Hand drückte, brachte Olivia ihn zum Schweigen. „Wer hat es dir erzählt?“, wiederholte sie.
Stöhnend sank Christian aufs Bett, als könnte er sich nicht länger auf den Beinen halten. „Luis“, erwiderte er müde. „Er meinte, es wäre
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