JULIA FESTIVAL Band 97
einen gefliesten Flur entlang, in dem es genauso angenehm kühl war wie in der Eingangshalle. „Mein Großvater hat dieses Haus vor über sechzig Jahren gebaut“, erzählte er. „Da es hier damals keine Straße gab, war es im Zweiten Weltkrieg ein ideales Versteck für die Widerstandskämpfer.“
„Wie interessant“, bemerkte sie sarkastisch, stieß allerdings einen überraschten Laut aus, als sie hinter ihm die Terrasse betrat. Erst jetzt wurde ihr klar, wie hoch die Villa lag, und der Anblick der kleinen Dörfer, die sich an den Hügel schmiegten und deren weiß getünchte Häuser einen reizvollen Kontrast zu dem Grün der Bäume bildeten, war einfach atemberaubend.
„Beeindruckend, nicht?“ Milos lehnte sich an die niedrige Steinmauer, die die Terrasse umgab. „Zuerst diente das Haus als Feriendomizil. Im Sommer ist die Hitze in Athen fast unerträglich.“
„Man kann sich wirklich glücklich schätzen, wenn man die Wahl hat“, sagte Helen trocken, während sie in einiger Entfernung von ihm die Hände auf die Mauer stützte. „Und, wo sind deine Eltern?“
„Sie sind gerade auf einer Kreuzfahrt im Pazifik“, antwortete er widerstrebend. „Und bevor du noch eine bissige Bemerkung machst, möchte ich dich darüber informieren, dass mein Vater Anfang des Jahres einen Herzinfarkt hatte und sich zur Ruhe setzen musste. Sonst würde er selbst an der Konferenz in Athen teilnehmen.“
Einen Moment lang verspürte sie Schuldgefühle, wollte es sich jedoch auf keinen Fall anmerken lassen. „Das tut mir leid“, sagte sie angespannt.
Für einige Sekunden herrschte Schweigen. Schließlich wandte Milos sich um und legte die Hand nur wenige Zentimeter von ihrer entfernt auf die Mauer. Prompt verspannte Helen sich, aber er strich nur mit dem Daumen über den Stein. Warum hatte sie dann das Gefühl, dass er sie streichelte?
„Möchtest du sehen, wo ich wohne, wenn ich auf der Insel bin?“, erkundigte er sich unvermittelt, wobei seine Stimme viel rauer klang als vorher.
Helen musste sich zusammenreißen, um nicht zurückzuweichen. „Warum sollte ich? Melissa hat mir alles über dein Haus erzählt.“
„Das ist nicht dasselbe“, beharrte er leise und betrachtete eine Weile ihren Mund, bevor er den Blick zu ihrem Ausschnitt gleiten ließ. „Komm mit, Helen. Ich möchte dir beweisen, dass ich nicht der egoistische Mistkerl bin, für den du mich hältst.“
„Ich habe überhaupt keine Meinung von dir“, erklärte sie bemüht ruhig und sah sich um. „Melissa und deine Schwester brauchen aber lange. Soll ich sie holen?“
„Nein“, entgegnete er schroff. Dann umfasste er ihr Handgelenk, und sie fragte sich, ob er merkte, wie ihr Puls raste. „Wie lange willst du noch so weitermachen, Helen?“ Seine Augen funkelten gefährlich. „Wie lange willst du noch leugnen, dass du mich damals genauso begehrt hast wie ich dich?“
Unwillkürlich atmete sie schneller. „Ich wusste damals nicht, dass du verheiratet warst, Milos. Nachdem deine Frau mir erklärt hatte, warum du wirklich nach England gekommen warst, habe ich meine Ansicht über dich schnell geändert.“
„Meine Frau?“ Nun wirkte Milos verblüfft. Abrupt zog er sie an sich. „Meine Frau und ich hatten uns schon lange vor meiner Reise getrennt. Ich habe keine Ahnung, woher du deine Informationen hast, aber ich versichere dir, es ist die Wahrheit.“
„Schade, dass deine Frau es nicht so gesehen hat.“ Unbehaglich war sie sich seiner Nähe bewusst. „Lass mich los, Milos. Oder willst du, dass deine Schwester sieht, wie schlecht du deine Gäste behandelst?“
„Schlecht?“, wiederholte er scharf. „Du hast ja keine Ahnung, wie schlecht ich dich am liebsten behandeln würde. Und was Rhea denkt, ist mir egal.“ Sein begehrlicher Blick nahm ihr den Atem. Milos brauchte sie nur zu berühren, und schon begann sie zu beben. „Ich frage mich, wie du reagieren würdest, wenn du nackt wärst“, brachte er hervor. „Und würde es sich auf deine verräterische kleine Seele auswirken?“
Helen schluckte und blickte unwillkürlich zu ihm auf. „Würde es sich denn auf deine auswirken?“, konterte sie herausfordernd.
„Oh ja“, antwortete er prompt, bevor er sie gegen die Mauer drückte und sich an sie presste. „Und jetzt sag mir, dass es dir nichts bedeutet hat“, stieß er hervor. „Sag mir, dass jene Nacht dir nicht für immer im Gedächtnis geblieben ist.“ Er ließ die Lippen über ihre Wange gleiten.
Panik erfasste Helen. Was
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