JULIA FESTIVAL Band 97
erinnerte sie sich an seine Antwort, als sie auf seine Frauengeschichten angespielt hatte. Er konnte doch nicht allen Ernstes annehmen, sie wäre eifersüchtig. Trotzdem musste sie in Zukunft aufpassen, was sie sagte. Schließlich wollte sie nicht den Eindruck vermitteln, dass er sie interessierte. Hätte sie die Wahl, würde sie ihn niemals wiedersehen wollen.
Leider war das völlig undenkbar. Obwohl seit Luis’ Entlassung aus dem Krankenhaus erst vier Wochen vergangen waren, wusste niemand, wie lange es dauern würde, bis er wieder völlig hergestellt wäre. Alles hing davon ab, wie schnell sein Beckenbruch verheilte und ob es Komplikationen geben würde. Jedenfalls fühlte sie sich zurzeit sehr eingeschränkt.
Erschwerend hinzu kam, dass sie ihre Schwangerschaft nicht mehr allzu lange würde geheim halten können. An die Bewegungen des Embryos hatte sie sich längst gewöhnt. Und unter normalen Umständen wäre sie überglücklich gewesen. Im Grunde war sie das auch, daran konnte selbst Christian nichts ändern. Aber in diesem Moment fühlte sie sich wie die Maus in der Falle.
Nachdenklich wickelte Olivia sich in eins der flauschigen Handtücher. Wenn sie doch nur jemanden hätte, dem sie sich anvertrauen konnte! Susannah war zwar eine Seele von Mensch, würde ihre Gefühle aber sicher nicht verstehen. Nein, sie war völlig auf sich allein gestellt.
Außerdem war es nicht einfach für sie gewesen, sich auf die neue Situation einzustellen und die Villa mit Luis und seiner Krankenschwester zu teilen. Es gab zwar vier Schlaf-, aber nur wenige andere Zimmer, und sie hatte den Raum, in dem sie eigentlich schreiben wollte, an den Physiotherapeuten abtreten müssen. Während der ersten Tage hatte sie es fast bedauert, nicht Christians Rat befolgt zu haben. Schließlich war das Haus in Bal Harbour viel größer. Doch dann hatte sie ihre eigenen Bedürfnisse zurückgestellt, zumal Luis hier glücklich zu sein schien.
Und ihr war es ebenso ergangen, bis vor einer Stunde Christian aufgetaucht war …
Prüfend stellte sich Olivia vor den Badezimmerspiegel und legte das Handtuch zur Seite. Sah sie wirklich schwanger aus? War es offensichtlich?
Ja, vermutlich schon. Abgesehen von ihrem zunehmenden Bauchumfang waren auch ihre Brüste voller und die Knospen dunkler. Nun, da Christian hier war, fühlte sie sich regelrecht bedroht.
Normalerweise hätte sie eine weite Bluse und Shorts angezogen, aber sie wollte sich nicht seinen kritischen Blicken aussetzen. Deshalb entschied sie sich für eines ihrer Lieblingsstücke, ein rosa und grün gemustertes leichtes Sommerkleid, das unter den Brüsten mit einem Satinband gerafft war. Vielleicht erkannte Christian es sogar wieder, und wenn ja, würde es jeden Verdacht, den er hegen mochte, im Keim ersticken.
Als Olivia ins Wohnzimmer zurückkehrte, war es fast zehn Uhr. Sie hatte gehofft, Christian würde auf der Veranda sitzen, wo sie normalerweise frühstückte, doch zu ihrem Ärger stellte sie fest, dass er es sich auf einem der Sofas gemütlich gemacht hatte und sich mit Helen Stevens, Luis’ Krankenschwester, unterhielt. Obwohl er sofort aufstand, war ihr die intime Atmosphäre zwischen den beiden nicht entgangen.
Natürlich kannte er Helen, denn er hatte darauf bestanden, sich selbst um die medizinische Versorgung für Luis zu kümmern. Doch erst jetzt fragte sich Olivia, wie gut er sie wohl kannte. Die Vorstellung, dass Helen eine seiner Exfreundinnen war, gefiel ihr überhaupt nicht.
Auch Helen erhob sich, sie wirkte ein wenig verlegen, als hätte man sie bei etwas Verbotenem ertappt. „Luis schläft noch“, erklärte sie, wobei sie leicht errötete. „Er hatte eine schlechte Nacht. Nun, da er sich kräftiger fühlt, fängt der Gips an seinem Bein an zu scheuern.“
„Aber sonst geht es ihm gut?“ Olivia vergaß ihre eigenen Probleme und blickte sie besorgt an.
„Ja, ganz bestimmt.“ Helen strich sich das dunkle lockige Haar aus dem Gesicht. „Er ist nur fürchterlich ungeduldig.“ Dann sah sie Christian an und lächelte. „Ich habe Mr. Rodrigues gerade erzählt, dass er es nicht abwarten kann, endlich im Meer zu schwimmen. Was ich nur zu gut verstehen kann. Es muss die reinste Folter sein, jeden Tag das blaue Wasser zu sehen und nicht hinein zu können.“
„Wollen Sie damit andeuten, dass es besser wäre, wenn er sich woanders erholen würde?“, fragte Olivia sofort, weil sie sich kritisiert fühlte.
„Ich … nein …“, stotterte Helen
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