JULIA FESTIVAL Band 98
nur er es würde löschen können. Heiße Liebesszenen stiegen vor ihrem geistigen Auge auf, und sie wäre am liebsten auf der Stelle mit ihm ins Schlafzimmer gegangen.
Glücklicherweise lag die Entscheidung nicht in ihrer Hand. Denn gerade als sie dachte, dass sie viel zu viele Kleidungsstücke trugen, rückte er von ihr ab. Seine Augen glitzerten, und sein Mund war feucht von ihren Küssen. Zufrieden stellte sie fest, dass er etwas zu schnell atmete und dass seine Kleidung nicht mehr ganz so perfekt wie noch vor wenigen Minuten aussah.
Gage schaute sie an, und Kari wusste nicht, was sie sagen sollte. Er küsste noch besser, als sie es in Erinnerung hatte, und das bedeutete, dass entweder ihr Erinnerungsvermögen mangelhaft war oder dass er in ihrer Abwesenheit ausgiebig geübt hatte. Es könnte natürlich auch sein, dass die Anziehungskraft, die zwischen ihnen herrschte, jetzt noch stärker war als vor acht Jahren. Kari war sich nicht sicher, welche der drei Alternativen ihr am angenehmsten wäre.
Dann küsste er sie noch mal kurz und hart auf den Mund und ging, ohne ein weiteres Wort zu sagen, die Verandastufen hinunter und in die Nacht hinaus.
Kari sah ihm nach, bis die Dunkelheit ihn verschluckt hatte. Sehnsucht überfiel sie. Sie wäre ihm am liebsten hinterhergelaufen und …
Sie seufzte, bevor sie sich langsam umdrehte und ins Haus ging. Offensichtlich würde sich die Zeit, die sie in Possum Landing verbringen musste, noch schwieriger gestalten, als sie angenommen hatte.
3. KAPITEL
Am nächsten Morgen schlenderte Gage auf das Redaktionsgebäude der Possum Landing Gazette zu. Unter normalen Umständen hätte Gage dieses Treffen so lange wie möglich hinausgeschoben. Doch seit dem gestrigen Abend konnte er sich nur schlecht auf seine Arbeit konzentrieren. Also hatte er sich entschieden, dass es immer noch besser war, diesen unangenehmen Besuch bei der Zeitung hinter sich zu bringen, als aus dem Fenster zu starren und seinen Erinnerungen nachzuhängen.
Er hatte immer gewusst, dass Kari eines Tages nach Possum Landing zurückkommen würde. Sein Gefühl hatte ihm das gesagt. Hin und wieder hatte er sich überlegt, wie seine Reaktion auf sie wohl sein würde. Er hatte immer angenommen, dass er dann nur noch mäßig an ihr und ihren Plänen interessiert wäre. Nicht ein einziges Mal war er auf den Gedanken gekommen, dass noch so viel Anziehungskraft zwischen ihnen herrschen könnte. Und ihm war nicht klar, ob ihn das zu einem Narren oder einem Optimisten stempelte.
Die Anziehungskraft war so stark wie eh und je, wenn nicht noch stärker. Und genauso mächtig waren die alten Gefühle, die er gern ignoriert hätte. Damals wie heute hatte er sie begehrt. Mit dem Unterschied, dass er damals nicht nur das Bett als Ziel seiner Träume angesehen hatte. Es hatte eine Zeit gegeben, als er sich danach gesehnt hatte, mit ihr eine Familie zu gründen und sein ganzes Leben mit ihr zu verbringen.
Stattdessen hatte sie ihn verlassen, und ihm war es gelungen, trotz der schweren Zeit nach der Trennung, Zufriedenheit in seinem Leben zu finden. Und obwohl der gestrige Kuss ihm gezeigt hatte, dass sein Körper nach wie vor unmittelbar auf sie reagierte, würde er diese Zufriedenheit keinesfalls aufs Spiel setzen. Der Preis dafür war zu hoch. Es hatte sehr lange gebraucht, bis sein gebrochenes Herz geheilt gewesen war.
Kari war eine schöne Frau. Es war normal, eine Frau wie sie zu begehren. Irgendetwas anderes zu erwarten würde ihn jedoch auf einen Weg führen, den er nicht zu gehen bereit war. Er war schon mal dort gewesen, und das, was ihn am Ende dieses Weges erwartete, hatte ihm nicht gefallen.
Solange sie in Possum Landing blieb, würde er ihr ein guter Nachbar sein und ihre Gesellschaft genießen. Wenn dies das Bett mit einschloss, umso besser. Er hatte in der letzten Zeit nicht viel Interesse an Sex gehabt, obwohl oder vielleicht gerade weil die Frauen sich ihm nur allzu willig anboten. Stattdessen war in ihm eine Sehnsucht erwacht, die er nicht genau benennen konnte. Kari konnte da eine willkommene Abwechslung sein.
Gage betrat die Zeitungsredaktion und nickte der Empfangssekretärin zu. „Ich kenne den Weg“, rief er ihr zu, als er den langen Korridor hinunterging. „Es wäre nett, wenn Sie mich bei Daisy anmelden würden.“
Er hatte keine große Lust, mit Daisy zu reden, aber die Erfahrung hatte ihn gelehrt, dass es besser war, freiwillig Interviews zu geben und damit zu verhindern, dass Daisy zu ihm kam.
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