JULIA FESTIVAL Band 98
deinem Bein?“
„Es heilt.“
Kevin war US Marshal und in Ausübung seines Berufes angeschossen worden.
„Humpelst du?“
„Ein bisschen, aber angeblich gibt sich das bald.“
„Ich vermute, dass du eine Narbe behältst. Wie ich dich kenne, wirst du sie beim anderen Geschlecht zu deinem Vorteil nutzen.“
„Komisch, dass du das sagst.“ Kevin räusperte sich. „Ich hatte noch keine Gelegenheit, es dir zu sagen, weil du zu einem Einsatz unterwegs warst. Ich habe da wen kennengelernt.“
Nash dachte an die Frau, deren Stimme er vorhin gehört hatte. „Haley?“
„Ja. Wir wollen heiraten.“
Gages Verlobung hatte Nash überrascht, Kevins machte ihn sprachlos. Er starrte hinaus auf die Allee und fand keine Worte.
„Willst du sie kennenlernen?“
„Unbedingt.“ Kevin war als Wildfang geboren worden. Eine Frau, die es schaffte, ihn anzubinden, musste eine interessante Mischung aus Sünde und Stahl sein.
„Wir sind in einer Pension abgestiegen.“ Kevin nannte Namen und Straße.
„Ich bin gerade daran vorbeigekommen. Ich bin gleich da.“
„Eine Pfarrerstochter?“, hakte Nash verblüfft nach.
Kevin grinste. „Das hättest du nicht erwartet, wie?“
„Allerdings nicht. Was ist aus all den schlimmen Mädchen geworden?“
„Ich habe Haley kennengelernt.“ Kevin ging voraus in einen formell eingerichteten Salon.
Nash musterte die teuren Tapeten und Kristalllüster und stellte fest, dass diese Pension größer und vornehmer war als Stephanies, die eher heimelig wirkte.
Kevin humpelte zu einem großen Sofa, sank auf das geblümte Polster und rieb sich den Oberschenkel.
Nash setzte sich in einen Sessel. „Was hat der Arzt dazu gesagt?“
„Dass es in ein paar Wochen verheilt sein wird. Bis dahin tut es gelegentlich noch weh. Ich hatte Glück. Die Kugel hat den Knochen nicht verletzt.“
„Du hast uns doch versprochen, dass wir uns keine Sorgen mehr um dich machen müssen.“
„Es war nicht meine Schuld. Hätte ich nicht den Kürzeren gezogen, hätte ich in Florida einen Drogenring auffliegen lassen, statt einen Gefangenen auszuliefern.“ Er grinste. „Nicht, dass ich mich beklage. Wäre ich nicht in Kansas gewesen, hätte ich Haley nicht kennengelernt.“
„Eine Pfarrerstochter“, wiederholte Nash verwundert. „Ich kann es immer noch nicht fassen. Wo seid ihr euch über den Weg gelaufen? In der Kirche?“
„In einer Bar.“
Die Antwort kam von der Tür. Nash drehte sich um, sah eine junge Frau eintreten und stand auf. Sie war recht hübsch, mittelgroß und blond, mit kurzem Fransenschnitt und blaugrauen Augen. Sie trug Shorts und ein enges T-Shirt, das ihre Rundungen betonte. Automatisch glitt sein Blick zu ihren nackten Beinen. Er wartete auf die Art von Reaktion, die Stephanies nackter Bauch ausgelöst hatte.
Nichts geschah. Es ergab keinen Sinn. Wenn in ihm endlich wieder eine sexuelle Regung erwacht war, warum rührte sich dann bei Haleys Anblick gar nichts?
„Du musst Nash sein.“ Sie trat zu ihm und legte den Kopf in den Nacken. „Wow! Du bist genauso groß wie Kevin und siehst echt super aus.“ Sie zog die Nase kraus. „Was habt ihr nur für Gene? Wird denn keiner von euch fett oder kahlköpfig oder sonst wie unattraktiv?“
Kevin legte ihr einen Arm um die Taille und küsste sie auf die Schläfe. „Haley redet immer, wie ihr der Schnabel gewachsen ist. Du wirst dich daran gewöhnen müssen.“
„Und wenn nicht, bist du bestimmt höflich genug, es mir nicht ins Gesicht zu sagen“, entgegnete sie, während sie auf das Sofa sank und Kevin mit sich zog. Sie beugte sich zu Nash vor, der sich ebenfalls wieder gesetzt hatte. „Ich bin echt aufgeregt wegen der vielen Schwäger, die ich jetzt kriege. Ich bin Einzelkind. Ich hatte viel zu viele Mütter und habe mir immer Geschwister gewünscht, um von mir abzulenken. Ich meine, ich konnte nicht mal was Schlimmes denken, ohne dass es rauskam. Das war echt furchtbar, und …“
Kevin stieß sie sanft in die Rippen. „Quatsch ihn nicht so voll. Er ist nicht der gesellige Typ.“
Durchdringend musterte sie Nash. „In echt?“
Unbehaglich rutschte er im Sessel umher. „Meinen Glückwunsch zur Verlobung“, sagt er, um sie von sich abzulenken. „Falls Kevin nicht ganz offen über seine Vergangenheit war, liefere ich gern die Details.“
Haley kicherte. „Ach, er hat mir ein paar schlimme Sachen aus seiner Kindheit erzählt, aber nichts über seine Frauengeschichten. Es muss Dutzende gegeben haben. Oder sogar
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