JULIA FESTIVAL Band 98
den Boden und begann, die Einzelteile und das Werkzeug zu sortieren.
Eine gute Stunde später hatte er das Problem eruiert. Gerade hatte er begonnen, die Maschine zusammenzubauen, als er die Haustür zuschlagen hörte. Prompt fiel ihm der Schraubenschlüssel aus der Hand.
Leise fluchend hob er ihn auf. Wenn er alles fallen ließ, nur weil er erwartete, Stephanie zu sehen, dann steckte er in argen Schwierigkeiten.
Er drehte sich um, als sich Schritte näherten. Entgegen seiner Erwartung trat ein Junge ein, und zwar Stephanies Ältester. „Hallo“, sagte Nash lächelnd.
Der Junge lächelte nicht. Er verschränkte die Arme vor der Brust und musterte Nash mit zusammengekniffenen Augen. „Sie sind nicht der Monteur.“
„Das stimmt. Ich bin Nash Harmon. Ich bin Gast hier.“ Er streckte seine Hand aus.
„Brad Wynne.“ Nach kurzem Zögern schüttelte der Junge ihm flüchtig die Hand. „Wieso fummeln Sie an der Waschmaschine rum? Gäste sollen so was nicht tun, und wenn Sie die Maschine noch mehr kaputtmachen, wird Mom echt sauer, und die Reparatur wird noch teurer.“
Brad schien etwa elf oder zwölf Jahre alt zu sein. Er war groß und schlaksig, hatte hellblonde Haare und blaue Augen wie seine Mutter. Er wirkte feindselig und sehr, sehr jung. Kein Kind in dem Alter sollte das Gefühl haben, zwischen seiner Familie und einer feindlichen Welt zu stehen.
Behutsam legte Nash den Schraubenschlüssel nieder. Brads Verhalten erweckte Erinnerungen an damals, als er selbst sich für das Wohlergehen seiner Mom und seines Bruders verantwortlich gefühlt hatte.
„Eigentlich hast du recht“, gab er zu. „Aber heute Morgen war die Batterie an meinem Leihwagen tot, und deine Mutter hat mir Starthilfe gegeben. Das wollte ich wiedergutmachen. Sie hat echt Klasse, und ich weiß, dass sie kein Geld von mir annehmen würde. Deswegen wollte ich ihr helfen, indem ich die Waschmaschine repariere.“
Brads Miene besänftigte sich ein wenig, aber er wirkte immer noch abweisend. „Was ist, wenn Sie es noch schlimmer machen?“
„Dann bezahle ich natürlich die Reparatur. Aber ich bin ziemlich sicher, dass ich den Fehler gefunden habe.“
„Ach ja? Zeigen Sie doch mal.“
Nash rückte beiseite. „Das Teil da hinten hat sich gelockert, und dadurch ist dieses Teil hier nach vorn gerutscht und blockiert die Trommel.“
Brad hockte sich hin und lauschte, während Nash erläuterte, wie er den Schaden zu beheben beabsichtigte. „Aber wenn du willst, höre ich auf.“
„Sie meinen, wenn ich Nein sage, machen Sie nicht weiter?“
„Genau.“
„Na ja, es ist wohl okay. Ich glaube nicht, dass Sie es schlimmer machen.“
Ein hohes Lob, dachte Nash und unterdrückte ein Grinsen. „Willst du mir helfen?“
„Oh ja“, sagte Brad enthusiastisch. Dann zuckte er die Achseln. „Ich meine, ich hab grad nichts Besseres vor.“
Nash gab ihm einen Schraubenschlüssel und zeigte ihm, welcher Bolzen zuerst nachgezogen werden musste. Eine Viertelstunde später war die Waschmaschine so gut wie neu. Brad hatte sein abweisendes, trotziges Verhalten eingestellt, nachdem Nash ihm als Arbeitskollegen das Du angeboten hatte.
„Wie hast du rausgefunden, was kaputt ist?“, wollte er wissen. „Hast du schon mal eine Waschmaschine repariert?“
„Als Teenager. Heutzutage sind die modernen Haushaltsgeräte mit Computerchips und viel Elektronik ausgestattet und ziemlich kompliziert, aber das hier ist ein älteres Modell. Dadurch war es leichter. Außerdem hatte deine Mom sie schon auseinandergenommen. Ich brauchte nur noch zu suchen.“
„Als bei meinem Fahrrad mal die Kette ab war, habe ich sie wieder drangemacht und gespannt, aber das ist wohl nicht dasselbe.“
„Du bist technisch ziemlich begabt“, sagte Nash. „Du kannst gut mit Werkzeug umgehen.“
Brad täuschte Gelassenheit vor. „Ich weiß.“
In diesem Moment ertönte ein Räuspern. Nash blickte über die Schulter und sah Stephanie in der Tür stehen. Die Zwillinge standen direkt hinter ihr und spähten an ihren Hüften vorbei zu ihm. Sie sah nicht glücklich aus.
„Ich weiß, dass Sie nur helfen wollen, Mr. Harmon, aber das ist nicht Ihre Aufgabe.“
„Schon okay, Mom. Ich glaube, Nash hat sie repariert. Er kennt sich mit Maschinen aus. Wir haben sie gerade wieder zusammengebaut und wollen sie jetzt testen.“
Stephanies Zweifel waren ihr so deutlich ins Gesicht geschrieben wie ihr Missmut. „Brad, die Waschmaschine ist kein Spielzeug.“
„Das ist gut so.“
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