JULIA FESTIVAL Band 98
die Jungs aus der Schule zurück sind.“
„Danke.“
Ein Lächeln trat auf sein Gesicht. Seine Augen strahlten einen Moment lang, was den kalten, nebelverhangenen Morgen plötzlich weniger trübe wirken ließ.
Oh, es hatte sie schlimm erwischt. Eine strenge Gardinenpredigt war fällig. Sich in ein hübsches Gesicht zu vergucken hatte ihr Leben schon einmal in ein Desaster verwandelt. Wollte sie das wirklich ein zweites Mal riskieren?
Die Chancen, die Liebe bei einem anständigen, verantwortungsbewussten Mann zu finden, mussten wesentlich geringer stehen als eins zu einer Million. Sie tat gut daran, das nicht zu vergessen.
2. KAPITEL
Nachdem Nash zwanzig Minuten lang über die Autobahn gefahren war, um die Batterie aufzuladen, nahm er die nächste Abfahrt und kehrte nach Glenwood zurück.
Gemächlich fuhr er durch die malerischen Wohnviertel. Uralte Bäume säumten die Straßen und bildeten dichte, Schatten spendende Blätterdächer. Große Rasenflächen mit leuchtend bunten Blumenrabatten erstreckten sich vor gepflegten Häusern.
Die ruhige Kleinstadt hatte praktisch nichts mit Chicago gemein, wo er derzeit lebte. Vielmehr wurde er an den Ort erinnert, in dem er aufgewachsen war. Possum Landing in Texas mochte nicht so vornehm sein wie Glenwood, aber dort herrschte die gleiche freundliche, geruhsame Atmosphäre.
Ziellos, gedankenlos fuhr er weiter und bog in eine breite, von viktorianischen Villen gesäumte Straße ein. Alle Gebäude waren renoviert, elegant und von hohen Bäumen beschattet. Ein diskretes Schild vor einem Haus wies es als Pension mit Restaurant aus. Flüchtig fragte er sich, warum Stephanie ihr Geschäft nicht in diesem vornehmen Viertel statt am anderen Ende der Stadt eröffnet hatte.
Zehn Minuten später, als er gerade ein großes Einkaufszentrum erreichte, klingelte sein Handy. Er hielt am Bordstein an, prüfte die Nummer auf dem Display und drückte die Sprechtaste. „Was liegt an?“
„Ich wollte nur wissen, wo du steckst“, verkündete sein Zwillingsbruder Kevin. „Hast du im letzten Moment gekniffen, oder bist du wirklich hier?“
„Ich bin in der Stadt.“
„Echt?“
Kevin klang überrascht. Nash teilte das Gefühl. Hätte man ihm die Wahl gelassen, wäre er bei der Arbeit.
„Wieso hast du dich dazu durchgerungen?“
„Ich hatte keine andere Wahl. Du hast mir doch befohlen anzutanzen.“
„Als ob du je darauf gehört hättest, was ich sage.“ Kevin lachte. „Aber ich bin froh, dass du da bist. Ich habe mich schon mit Travis und Kyle getroffen.“
Ihre Halbbrüder, von denen sie bis vor Kurzem nichts geahnt hatten. Nash konnte sich immer noch nicht mit dem Gedanken anfreunden. „Und?“
„Es ist prima gelaufen. Sie sehen uns verdammt ähnlich. Unser Vater muss sehr starke Gene haben. Wir sind in etwa gleich gebaut, und sie haben auch dunkle Haare und Augen.“
Im Hintergrund sagte jemand etwas, das Nash nicht verstehen konnte.
Kevin lachte. „Ich soll dir von Haley sagen, dass alle gut aussehen. Ich verstehe nichts davon. Das ist Frauensache.“
Haley?
Bevor Nash nachhaken konnte, fuhr Kevin fort: „Wir sind für morgen Abend zum Dinner verabredet. Alle Brüder mit Frauen und Kindern. Gage ist auch hier.“
Nash und Kevin waren mit Gage und Quinn Reynolds eng befreundet, solange er denken konnte. Sie waren zusammen aufgewachsen. Drei Wochen zuvor hatte sich herausgestellt, dass sie alle denselben leiblichen Vater hatten.
„Ich habe Gage seit einigen Jahren nicht gesehen“, sagte Nash. „Wie geht’s ihm?“
„Er ist verlobt.“
„Unmöglich!“
„Erinnerst du dich an Kari Asbury?“
Nash runzelte die Stirn: „Der Name kommt mir bekannt vor.“
„Er war nach dem Militärdienst eine Zeit lang mit ihr liiert. Sie ist dann als Model nach New York gegangen.“
„Ach ja. Groß. Hübsch. Sie wollen wirklich heiraten?“
„Ja. Sie ist zurückgekommen, und dann hat es sich wohl sehr schnell ergeben.“
„Gage hat zwar immer von Familie geredet, aber ich dachte trotzdem, dass er Single bleiben würde. Hoffentlich geht es gut mit den beiden.“
„Das wünsche ich ihm auch. Er kommt übrigens morgen zu dem Dinner. Du auch, oder?“
„Deswegen bin ich hier.“ Um seine neue Familie kennenzulernen. Um sich für etwas anderes als seine Arbeit zu engagieren. Um vielleicht einen Weg zu finden, wieder etwas zu empfinden. War das möglich oder nur eine kindische Traumvorstellung? Er wollte nicht darüber nachdenken. Daher fragte er: „Wie geht’s
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