JULIA FESTIVAL Band 98
Landing zurückgekehrt, hatte eine Stelle als Deputy angenommen und sich das Haus neben dem von Karis Großmutter gekauft. Noch während er einzog, war ihm die hübsche junge Nachbarin aufgefallen. Doch hatte er sich nicht viele Gedanken um sie gemacht. Das änderte sich erst, als er dienstlich zu einer lauten Party am Ende der Stadt gerufen worden war.
Gage hatte die Gastgeber verwarnt, hatte aber geahnt, dass er erneut gerufen werden würde. Auch in seiner Arbeit lebte er nach dem Motto, dass jeder eine Chance verdient hatte. Erst wenn diese auch vertan war, wurde er unangenehm. Als er zum Sheriffbüro zurückfuhr, überholte er ein Coupé, das höchstens fünf Meilen in der Stunde fuhr und in dem vier junge Männer saßen, die offensichtlich betrunken waren. Erst als er anhalten wollte, um den Jungs die Autoschlüssel abzunehmen, bemerkte er im Licht der Scheinwerfer ein verängstigtes Mädchen am Straßenrand.
Er erfasste die Situation sofort. Das Mädchen war wahrscheinlich auf einer wilden Party gewesen und dann geflüchtet. Da sie keine Mitfahrgelegenheit hatte, war sie gelaufen. Die betrunkenen jungen Männer waren ihr gefolgt und belästigten sie. Er bat das Mädchen, zu ihm in den Wagen zu steigen, und forderte dann die Jungen auf, die Autoschlüssel abzugeben, da er sie sonst wegen Trunkenheit am Steuer festnehmen würde. Sie protestierten zuerst, gaben dann aber nach. Gage nahm ihnen die Schlüssel ab und sagte ihnen, dass sie sich die Schlüssel am nächsten Morgen im Sheriffbüro abholen könnten, wenn ein Elternteil sie begleiten würde.
Dann stieg er wieder in seinen Wagen ein und hoffte inständig, dass das Mädchen nicht in Tränen ausbrechen würde, bevor er sie nach Hause gebracht hatte. Erst als sie ihre Adresse flüsterte, wurde ihm bewusst, dass es seine Nachbarin war, die neben ihm saß.
Noch nach all den Jahren erinnerte er sich daran, wie besorgt er gewesen war. Kari war damals ja noch ein halbes Kind gewesen.
„Du hast damals furchtbar ausgesehen.“
„Ich habe mich auch furchtbar gefühlt. Du hast mir sogar dein Taschentuch gegeben.“
„Ja, und ich habe es nie zurückverlangt.“
Sie lachte. „Das stimmt.“ Sie konzentrierte sich auf ihre Arbeit mit dem Roller. „Ich habe lange nicht mehr an diese Nacht gedacht. Auf dieser Party waren fast alle betrunken gewesen. Ich hatte auch etwas getrunken, aber längst nicht so viel wie die anderen. Einige der Jungen wollten Sex mit mir, und ich wehrte mich.“
„Deshalb wolltest du nach Hause laufen.“
„Ja, und du hast mich dann gerettet.“
„Ich habe dich nur mitgenommen.“
„Und dann hast du mir eine Strafpredigt gehalten und mir gesagt, wie naiv und leichtsinnig ich mich verhalten hätte.“
Gage erinnerte sich daran. Er hatte sie erst aus dem Wagen aussteigen lassen, nachdem er ihr ordentlich ins Gewissen geredet hatte. Das hatte er schon öfters bei jungen Mädchen getan, aber nie zuvor hatte ihn sein Gegenüber so irritiert. Er hatte plötzlich Gedanken gehabt, die nicht mit seinem Beruf zu vereinbaren waren.
„Dann hast du mich gefragt, wie alt ich sei“, fuhr Kari fort. „Ich konnte mir nicht vorstellen, warum. Nur, dass du vielleicht daran dachtest, mich festzunehmen.“
„Nicht genau.“
„Jetzt weiß ich das auch.“
„Du warst erst wenige Tage zuvor achtzehn geworden“, erklärte er. „Ich war dreiundzwanzig, fast vierundzwanzig Jahre alt. Sechs Jahre schienen mir damals ein großer Altersunterschied zu sein.“
„Aber du hast mich trotzdem gefragt, ob ich mit dir ausgehen würde.“
„Ich konnte nicht anders.“
Gage sagte die Wahrheit. Er hatte über einen Monat versucht, sich gegen die starke Anziehungskraft zu wehren. Schließlich war er zu Karis Großmutter hinübergegangen und hatte sie nach ihrer Meinung gefragt.
„Grammy hatte nichts gegen eine Beziehung zwischen uns beiden“, sagte Kari leise. „Sie hoffte wahrscheinlich, dass ich dich heiraten und dann neben ihr wohnen würde.“
Sie wandte sich plötzlich ab, aber Gage hatte die Tränen in ihren Augen noch gesehen.
„Das hätte ihr gefallen“, meinte er ruhig. „Vor allen Dingen jedoch wollte sie, dass du glücklich wirst.“
„Ich weiß“, sagte Kari mit einem Nicken. „Es ist nur …“ Sie sah sich im Zimmer um. „Seit ich wieder zurück bin, vermisse ich sie noch viel mehr als früher. Dumm, nicht wahr?“
„Nein, du hast sie geliebt. Das ist niemals dumm.“
Sie schenkte ihm ein dankbares Lächeln, und er
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