JULIA FESTIVAL Band 98
glaubte, was sie glauben wollte. Also drehte er sich ohne ein weiteres Wort um und lief hinaus.
7. KAPITEL
Der Mann hat vielleicht Nerven, ärgerte sich Kari noch am nächsten Tag. Sie konnte immer noch nicht fassen, wie Gage auf ihre Worte reagiert hatte. Er hatte gerade so getan, als ob sie ihm etwas Schreckliches gesagt hätte.
War es etwa falsch gewesen, dass sie sich für ihre Träume entschieden hatte? Natürlich nicht. Schließlich war es um ihr Leben gegangen. Aber er weigerte sich, das zu verstehen. Wie er sich überhaupt weigerte, sie zu verstehen. Also gut, vielleicht war es kein Zeichen besonderer Reife, einfach davonzulaufen, ohne ein Wort zu sagen. Aber schließlich war sie damals erst achtzehn Jahre alt gewesen. Nicht alt genug, sich zu verloben, geschweige denn zu heiraten und Kinder zu bekommen. Und genau das hatte Gage gewollt. Er hatte alles geplant gehabt, vom Termin ihrer Hochzeit bis hin zur Anzahl der gewünschten Kinder. Da hatte sie Angst bekommen. Sie war in Panik geraten und abgehauen.
Kari ließ sich auf die Couch im Wohnzimmer fallen und starrte zum Fenster hinaus. Im oberen Stockwerk war noch viel Arbeit zu tun, doch sie konnte sich einfach nicht aufraffen.
Sie hatte nicht nur ein schlechtes Gefühl, weil sie sich mit Gage gestritten hatte, sondern musste auch noch gegen die Erinnerungen ankämpfen, die in ihr aufstiegen. Sie war damals so in ihn verliebt gewesen, dass es ihre ganze Kraft gekostet hatte, ihn zu verlassen. Sie hatte den ganzen weiten Weg nach New York geweint und auch dort noch bittere Tränen vergossen. Sie wäre am liebsten wieder nach Hause gefahren, und mehr als tausend Mal hätte sie es auch fast getan. Und noch öfter hatte sie den Hörer abgenommen, um ihn anzurufen. Aber sie hatte es dann doch gelassen. Sie hatte geahnt, was ihre Rückkehr nach Possum Landing und eine Heirat mit Gage bedeutet hätten. Es war nicht nur der Verlust ihrer Träume, vor dem sie Angst hatte, es war der Verlust ihrer Persönlichkeit gewesen, den sie gefürchtet hatte.
Doch das hatte er damals nicht verstanden, und wie es aussah, tat er es jetzt immer noch nicht. Beide hatten am Tag zuvor Dinge gesagt, die sie nicht so gemeint hatten – zumindest hoffte sie das. Und jetzt sprachen sie nicht mal mehr miteinander.
Kari erhob sich unruhig und runzelte die Stirn. Es war eine schreckliche Situation. Sie hasste es, nicht mit Gage sprechen zu können. Er war ein wichtiger Teil ihrer Vergangenheit, und im Moment war er der einzig wahre Freund in dieser Stadt. Er war ein guter Mann, und sie mochte ihn wirklich. Ihr Selbstwertgefühl war zwar immer noch gekränkt, aber er brauchte sich gar nicht so aufzublähen. Sich aus dem Weg zu gehen, das war einfach unsinnig. Schließlich waren sie erwachsen und keine kleinen Kinder mehr.
Entschlossen ging sie zur Küche hinüber, in der gerade ein Backblech mit Erdnussbutterkeksen abkühlte. Nachdem sie einen Teller mit Keksen vollgepackt hatte, ging sie nach oben und zog sich ein hellblaues, ärmelloses Kleid und Sandaletten an. Dann lockerte sie ihr kurzes Haar mit den Händen auf, trug Lippenstift auf und probte ihr schönstes Lächeln vor dem Spiegel.
Sie würde den ersten Schritt zur Versöhnung machen und die Dinge zwischen ihnen wieder in Ordnung bringen. Wenn sie erst wieder miteinander redeten, dann würde sie in Zukunft Gespräche über die Vergangenheit meiden. Oh, und sie durfte ihn auf keinen Fall noch mal küssen, das würde sie nur erneut in Schwierigkeiten bringen.
Sie lief nach unten, deckte den Keksteller mit einer Plastikfolie ab, griff nach ihrer Handtasche und ging zur Haustür hinaus. Sieben Minuten später parkte sie vor dem Büro des Sheriffs, und zwei weitere Minuten später wurde sie von einem Deputy den Gang hinunter zu Gages Büro begleitet.
Während sie den langen Korridor entlangging, schlug ihr Herz viel zu schnell. In ihrem Bauch flatterten die berühmten Schmetterlinge. Das ist ganz normal, tat sie rasch die Reaktion ihres Körpers ab. Schließlich hatten sie sich gestritten, und jetzt befürchtete sie, Gage könnte immer noch wütend auf sie sein. Ganz bestimmt klopfte ihr Herz nicht aus Vorfreude so schnell. Oder etwa doch?
Er telefonierte, als sie sein Büro betrat. Sein Gesichtsausdruck verriet keinerlei Gefühle, als er zu ihr hinübersah. Allerdings glaubte sie, ein amüsiertes Zucken um seine Mundwinkel gesehen zu haben. Er zögerte einen Moment und winkte sie dann herein.
Kari ging zu dem Stuhl, der vor
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