JULIA FESTIVAL Band 98
allzu gern gewusst, wie es wäre, mit Gage ins Bett zu gehen. Etwas in ihr sagte ihr, dass er in der Liebe genauso perfekt wäre wie in allen anderen Bereichen. Sie ahnte, dass er ein Liebhaber war, wie jede Frau ihn sich wünschte – leidenschaftlich, aber trotzdem rücksichtsvoll und zärtlich. Kurz gesagt, der ideale Mann, um die erste Erfahrung in der Liebe zu machen. Irgendwann musste es ja mal sein, und Gage wäre bestimmt die beste Wahl, die sie treffen könnte.
Die Frage war nur, wie er auf die Tatsache reagieren würde, dass sie immer noch Jungfrau war? Um kein gefährliches Terrain zu betreten, wechselte sie rasch das Thema.
„War das Sheriffbüro früher auch schon so groß?“, fragte sie unschuldig.
Er lächelte. „Hast du es früher überhaupt mal betreten?“
Sie lachte. „Nein.“ Dann wurde sie ernst. „Du machst deinen Job gut, nicht wahr?“
„Wenn es nicht so wäre, würde man mich nicht wieder wählen.“
„So wie ich dich kenne, wirst du bestimmt sehr lange Sheriff von Possum Landing sein.“
„Das ist auch meine Absicht.“
Gage hatte schon immer gewusst, was er wollte, und ein wenig beneidete sie ihn darum. „Da wir gerade vom Beruf reden, ich werde morgen zu einem Vorstellungsgespräch nach Dallas fahren.“
„Dann wünsche ich dir viel Glück.“
„Danke.“
Sie wartete und hoffte, dass er ein wenig Bedauern über ihre Abwesenheit ausdrücken würde, aber nichts dergleichen geschah. Was hatte sie eigentlich erwartet? Schließlich wusste er ja, dass ihr Aufenthalt in Possum Landing begrenzt sein würde.
„Ich werde am Samstag wieder zu Hause sein“, erklärte sie und erhob sich. Vielleicht würde sie ihm nicht fehlen, doch sie vermisste ihn bereits jetzt.
Gage saß am Fenster und schaute hinaus in die Nacht. Er hatte mit John und seiner Mutter zu Abend gegessen. Er trank noch einen Kaffee, während John und Edie sich Prospekte über Australien anschauten. Australien war das Ziel ihrer Hochzeitsreise. Beide waren noch nie dort gewesen und freuten sich schon darauf, den fünften Kontinent zu besuchen.
Gage war den ganzen Abend über sehr zerstreut und kein besonders guter Gesellschafter gewesen. Er wollte sich den Grund dafür nicht eingestehen, aber er kannte ihn nichtsdestotrotz.
Es war wegen Kari.
Sie war an diesem Morgen aus Dallas zurückgekehrt. Er hatte ihren Wagen gesehen. Obwohl er sich sagte, dass es ihn nichts anging, wann sie kam und ging, war er doch erleichtert, dass sie endlich wieder zu Hause war.
Er wusste, dass ein Wiedersehen unvermeidlich war. Früher oder später würde er ihr auch wieder beim Renovieren des Hauses helfen. Aber irgendetwas hatte sich seit ihrem Streit, oder sollte er sagen seit dem Kuss, geändert. Der Kuss hatte seine Leidenschaft entzündet, und zwar mit einer Heftigkeit, die er nach all dieser Zeit, die sie getrennt gewesen waren, niemals für möglich gehalten hätte.
Er trank seinen Kaffee aus und erhob sich. „Es sieht so aus, als ob ihr Turteltauben jetzt allein sein wollt“, neckte er die beiden.
Edie schaute auf. „O Gage. Bitte, geh noch nicht. Entschuldige, wenn wir dich vernachlässigt haben.“
Gage ging um den Tisch, lehnte sich vor und küsste dann die Wange seiner Mutter. „Mach dir keine Sorgen um mich, Mom. Plant in aller Ruhe eure Flitterwochen. Ich glaube kaum, dass ihr dafür deinen erwachsenen Sohn braucht.“
Er reichte John die Hand zum Abschied. „Lass dich nicht dazu überreden, eine dunkle, fensterlose Kabine im unteren Teil zu nehmen. Sie wird versuchen zu sparen.“
John lachte. „Das weiß ich, aber ich werde auf einer Suite bestehen.“
„O John, das ist viel zu teuer.“
Die Männer wechselten einen Blick, der ihre Liebe zu Edie verriet.
Bevor er ging, nahm Gage wie immer den Müllbeutel mit, der bereits zusammengebunden unter der Spüle stand.
„Lass ihn ruhig stehen“, meinte John. „Ich werde ihn später hinausbringen.“
Gage schüttelte den Kopf. „Mach dir keine Mühe. Ich habe jahrelange Übung darin. Schon dich noch ein wenig; wenn ihr erst verheiratet seid, werde ich dir alle Aufgaben überlassen.“
„Abgemacht.“
Gage wünschte den beiden erneut eine gute Nacht und ging zur Hintertür hinaus. Die Verandabeleuchtung war eingeschaltet, und er fand mühelos die Mülltonne. Er hob den Deckel und wollte gerade den Müllbeutel hineinwerfen, als er ein hübsches, mit Stoff bezogenes Kästchen sah. Er kannte dieses Kästchen. Seine Mutter hatte Fotos und andere
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