JULIA FESTIVAL EXTRA WEIHNACHTSBAND Band 03
drückte sie ihn liebevoll an sich. Dann setzte sie sich an den Tisch und schaute Steven erneut forschend an. „Wir müssen miteinander reden“, sagte sie ruhig.
„Ja, das müssen wir.“ Steven wandte sich zu Robbie und gab ihm das Auto. „Probier mal, ob es jetzt funktioniert. Am besten oben im Flur.“
„Okay.“ Robbie lächelte Selina spitzbübisch zu, ehe er die Treppe nach oben lief.
„Du hast kaum geschlafen“, stellte Steven fest.
„Mir ging zu viel durch den Kopf. Tut mir leid, wegen gestern …“
„Schon in Ordnung, du warst durcheinander. Und du siehst immer noch ein wenig blass aus.“
„Ja.“ Wir reden miteinander wie Fremde, dachte Selina, genauso wie am Anfang. Sie blickte in ihre Tasse und holte tief Luft. „Ich …“ Resigniert schloss sie die Augen, als sie Robbie die Treppe wieder herunterpoltern hörte.
„Selina! Selina!“, rief er aufgeregt und stürmte in die Küche. „Guck mal, was ich gefunden habe! Darf ich es behalten? Ja?“
Seufzend drehte Selina sich um – und schrak zusammen. Robbie hielt Julies Tagebuch in den Händen. „Wo hast du das her?“, fragte sie bestürzt.
„Es lag unter deinem Bett.“
„Was hast du denn überhaupt in meinem Zimmer zu suchen?“
„Mein Auto war reingerollt“, entgegnete Robbie trotzig. „Darf ich es behalten?“
„Nein!“ Sie stieß ihren Stuhl zurück, aber Steven war schneller. Starr vor Schreck, sah sie zu, wie er Robbie das Buch abnahm.
„Geh wieder nach oben und spiel weiter“, forderte Steven ihn leise auf, den Blick auf Selina gerichtet, die blass geworden war.
Selina wusste, dass er den verwirrten, schuldbewussten Ausdruck in ihren Augen sehen konnte, und senkte den Kopf. „Ich …“
„Ja?“, fragte Steven ungerührt.
„Es ist ein Tagebuch.“
„Ach, wirklich? Könnte es mich denn interessieren, Selina?“
„Bitte?“ Sie schaute ihn erstaunt an und stutzte, als sie seinen abschätzigen Blick bemerkte.
„Geheime Aufzeichnungen?“, erkundigte er sich, während er hinuntersah und das Buch aufschlug.
„Nein!“, rief Selina heiser. Sie streckte eine Hand aus, als wolle sie Steven das Buch wegnehmen, ließ den Arm jedoch kraftlos wieder sinken. „Es wäre besser, du würdest mir zuerst zuhören, bevor du das Buch liest.“
„Oh, da bin ich sicher. Ich bringe Robbie zu den Gunners. Wir sollten allein sein, denke ich.“ Er drehte sich um und rief nach dem Jungen.
„Ich werde ihn hinbringen“, erklärte sie ruhig.
„Damit habe ich gerechnet.“ Ohne sie noch einmal anzusehen, verschwand Steven im Wohnzimmer und schloss die Tür.
Nachdem Selina Robbie zu Barbara gebracht hatte, die nach einem Blick in Selinas Gesicht darauf bestand, ihn über Nacht dazubehalten, machte Selina sich auf den Heimweg, entschloss sich dann jedoch anders. Sie musste erst ihre Gedanken ordnen und wollte Steven Zeit geben, das Buch zu lesen.
Steven hatte den Eindruck gemacht, als wüsste er bereits, was ihn erwartete, als wäre er nicht überrascht. Er konnte Julies Tagebuch doch unmöglich schon vorher gesehen haben, oder? Wie dem auch sein mochte, er würde sie, Selina, verlassen. Und damit alles schnell vorbei war, wollte sie ihn bitten zu gehen, bevor er ihr seinen Entschluss mitteilte.
Wie Selina geahnt hatte, erwartete Steven sie bei ihrer Rückkehr schon. Er saß im Sessel am Kamin, das Tagebuch lag geöffnet auf seinem Schoß. Sein Gesicht war völlig ausdruckslos, doch das Zucken um die Mundwinkel konnte er nicht verbergen. Er ist wütend, dachte Selina hilflos, furchtbar wütend.
„Setz dich!“, sagte er bestimmt, und sie gehorchte. „Sag Steven nicht, dass er sein Sohn ist. Dieser Satz erhält jetzt eine ganz neue Bedeutung, nicht wahr, Selina? Weil Robbie nämlich in der Tat nicht mein Sohn ist.“
„Nein, Robbie ist nicht dein Sohn“, antwortete sie ruhig.
„Ich habe sie nicht einmal berührt!“, schrie Steven und sprang auf. „Die ganze Zeit empfand ich Abscheu vor mir selbst, weil ich glaubte, sie verführt zu haben, während ich betrunken war. Und ich dachte, ich könnte mich an nichts erinnern – und dabei habe ich sie nicht einmal angefasst!“
„Nein“, flüsterte Selina. Seine Wut machte ihr Angst. „Aber das wusste ich nicht, Steven. Ich hatte wirklich keine Ahnung.“ Selina holte tief Luft, und bevor sie den Mut verlor, sagte sie genau das, was sie sich während der Autofahrt zurechtgelegt hatte. „Das Beste wird sein, wenn Robbie und ich unsere Sachen packen und
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