Julia Gold Band 0045
senkte – offenbar hatte sie ihn nicht entdeckt –, trat der Scheich aus dem Schatten und durchquerte auf dem weichen Teppich fast lautlos den Raum.
„Guten Abend“, begrüßte er sie.
Sogleich schaute sie ihn an. „Guten Abend.“
Amber schloss das Buch. Sie errötete leicht, während sie aufstand.
Scheich Zoltan lächelte vor sich hin. Ich hatte recht, es ist nicht nötig, Türen abzuschließen, denn früher oder später kann ich von dieser Frau alles haben, überlegte er.
Auf den Abend mit dem Scheich hatte Amber sich nicht gefreut. Trotz der unerwarteten Geste, ihr den Pfau in den Innenhof zu bringen, und obwohl sie restlos überzeugt war, dass er sie nicht hatte einschließen lassen, befürchtete sie, das Dinner würde sich quälend lange hinziehen. Sie wusste nie, woran sie bei ihm war.
Doch als er jetzt pünktlich auf die Minute erschien – Amber war etwas früher gekommen und hatte sich vorsichtshalber das Buch mitgenommen –, spürte sie sogleich, dass er an diesem Abend seinen ganzen Charme spielen lassen würde.
Entsetzt bemerkte sie, dass sie errötete und ihr Herz schneller schlug.
„Sie sind die schönste Frau, die mir je begegnet ist“, sagte er.
Seine freundlichen Worte bedeuteten ihr nichts, sie wusste jedoch, dass sie sich vor ihm in Acht nehmen musste, denn sie fand ihn viel zu attraktiv mit seinen dunklen Augen und dem durchdringenden Blick.
Als er ihr die Hand unter den Ellbogen legte und Amber zu dem niedrigen Tisch aus gehämmertem Messing führte, verspürte sie sogleich ein leichtes Kribbeln im Bauch. Die kleine Geste war für ihren Geschmack viel zu intim.
Er forderte sie auf, es sich auf einem der großen und farbenprächtigen Kissen bequem zu machen, die um den Tisch verteilt waren.
„Wenn Sie lieber an einem höheren Tisch und auf einem Stuhl sitzen möchten, können wir es gern tun. Doch ich denke, es ist für Sie ganz interessant, unsere Sitten und Gebräuche kennenzulernen.“
„Ja, es ist wirklich ein Erlebnis“, versicherte sie ihm und setzte sich auf eines der Kissen. Dann zog sie den langen Rock ihres blauen Seidenkleids sittsam über die langen Beine. Die zwanglose Atmosphäre gefiel ihr.
„Zu Hause können Sie Ihrer Mutter beschreiben, wie und was man bei uns isst.“ Der Scheich lächelte, während er auf einem Kissen ihr gegenüber Platz nahm.
„Das ging mir auch gerade durch den Kopf“, erwiderte Amber.
Aber ihren Gastgeber fand sie noch viel faszinierender als das köstliche Essen. Immer wieder betrachtete sie ihn aufmerksam. Was für ein Mensch ist er wirklich? überlegte sie. Als sie am Nachmittag mit ihm aneinandergeraten war, hatte er sich streng und unnachgiebig gezeigt, jetzt jedoch erwies er sich als charmant und umgänglich. Immer wieder forderte er sie auf, eine besondere Delikatesse zu probieren, und unterhielt sie mit amüsanten Geschichten.
Vielleicht war er beides, sowohl charmant, zwanglos und gesprächig als auch rücksichtslos, hart und irgendwie unberechenbar. Sie wusste es nicht. Aber eines war ihr klar: Er war nicht der Schuft, für den sie ihn zuvor gehalten hatte. Sie hatte ihrer Fantasie freien Lauf gelassen und sich eingebildet, er wolle sie zu seiner Gefangenen machen, was natürlich Unsinn war.
„Ihnen hat das arabische Essen offenbar gut geschmeckt“, stellte er später fest und lächelte zufrieden, als sie sich eine der im Ofen gebratenen Quitten nahm. Amber hatte alles aufgegessen, was man ihr serviert hatte.
„Viele Besucher aus dem Westen mögen es nicht“, fügte er hinzu.
„Ich finde es köstlich. Außerdem probiere ich immer wieder gern etwas Neues aus“, erwiderte sie.
„Ah ja. Sie reizt das Abenteuer, stimmt’s?“ In seinen Augen blitzte es rätselhaft auf.
„So würde ich es nicht unbedingt ausdrücken …“ Irritiert wandte sie sich ab und versuchte, die Quitte zu schälen. Sein Blick beunruhigte sie. Irrte sie sich, oder lag darin tatsächlich so etwas wie eine Aufforderung? Es überlief sie heiß und kalt. Du liebe Zeit, dieser Mann wird mir zu gefährlich, sagte sie sich entsetzt, während sie sich vergeblich mit der Quitte abmühte.
„Erlauben Sie mir, Ihnen zu helfen?“
Amber wich unwillkürlich zurück, als der Scheich ihr die Frucht aus der Hand nahm.
Er lächelte und schälte die Quitte für sie.
Die kurze Berührung seiner Finger ließ Amber insgeheim erbeben. Das ist doch lächerlich, ich muss mich endlich zusammennehmen, mahnte sie sich und beobachtete, wie geschickt er
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