JULIA GOLD Band 32
verliebten sich ineinander, und da Rashids Großvater das Oberhaupt der Familie war, konnte er heiraten, wen er wollte. Für sie hat er das Haus in der Oase gebaut, denn trotz ihrer Liebe sehnte sie sich manchmal nach ihrem alten Leben. Rashids Mutter war ihr einziges Kind. Darum ist er Christ. Ist das nicht eine romantische Geschichte?“
Das konnte Felicia nicht verneinen.
Zahra lachte. „Der arme Onkel Rashid! Wenn Faisal erst zurück ist, wird er sich kaum noch durchsetzen können. Mutter hat Faisal immer schrecklich verwöhnt, und ich glaube, sie würde nicht einmal etwas dagegen einwenden, wenn er sich vier englische Frauen nehmen würde.“
Umm Faisal vielleicht nicht, dachte Felicia müde, aber sie selbst ganz sicher. Sie schloss die Augen und versuchte, sich zu entspannen. Doch ihre Gedanken kehrten immer wieder zu Rashid zurück. Sie fand keinen Frieden.
Endlich kam Fatima, um ihr den Fruchtsaft und die versprochene Beruhigungstablette zu bringen und Zahra fortzuschicken. Felicia atmete auf. Wie sehr sehnte sie sich danach, endlich schlafen und das alles vergessen zu können, was fast wie ein Albtraum für sie war.
Als Felicia am nächsten Morgen erwachte, musste sie erst überlegen, wo sie war. Dann kamen ihr die Ereignisse vom vorigen Tag in den Sinn. Natürlich! Sie war in Kuwait, um Scheich Rashid davon zu überzeugen, dass sie die richtige Frau für Faisal war.
Ein Dienstmädchen schaute zur Tür herein, und als sie sah, dass Felicia wach war, trat sie ein und öffnete die Vorhänge. Als Felicia ihr eine Frage stellte, schüttelte sie jedoch nur lächelnd den Kopf und verschwand wieder.
Ein paar Minuten später betrat Umm Faisal das Zimmer. „Fühlen Sie sich wieder besser?“, fragte sie und sah Felicia mit einem strahlenden Lächeln entgegen. „Zahra ist zur Universität gefahren, aber sie lässt Ihnen ausrichten, dass sie Sie im Lauf des Tages in Kuwait treffen will. Ali wird Sie hinbringen.“
„Zahra ist nicht da?“ Felicia setzte sich auf und starrte ungläubig auf ihre Uhr: Es war schon elf. Sie wollte sich gerade entschuldigen, so lange geschlafen zu haben, als Umm Faisal den Kopf schüttelte und ihr versicherte: „Das liegt an der Beruhigungstablette. Sie werden sich jetzt jedenfalls viel besser fühlen. Mein Bruder ist zur Bank gefahren, und wir beide sind ganz allein. Selina bringt Ihnen das Frühstück. Und dann trinken wir zusammen Tee, und Sie erzählen mir alles über meinen Faisal. Zahra lacht mich zwar aus, aber ist es so verwunderlich, dass eine Mutter sich Sorgen um ihren einzigen Sohn macht, wenn er in der Fremde ist? Es ist nicht schön, dass er gerade jetzt nach New York muss, wo Sie uns besuchen“, fuhr Umm Faisal fort. „Doch Rashid hielt es für unumgänglich.“
Nachdem Felicia gefrühstückt, geduscht und sich angezogen hatte, führte Selina sie in Umm Faisals privates Wohnzimmer im Erdgeschoss. Faisals Mutter saß mit gekreuzten Beinen auf dem Boden und erhob sich graziös, als Felicia eintrat. Das Zimmer war kühl und schattig. Ein dicker Teppich in lebhaften Blau- und Orangetönen bedeckte den Boden. Auf einem niedrigen Tisch stand ein Samowar aus Messing, dem der Duft von würzigem Pfefferminztee entströmte. Neben dem leisen Surren der Klimaanlage hörte Felicia das Zwitschern von Vögeln.
„Rashid hat eine Voliere bauen lassen, als er hierherzog“, erklärte Umm Faisal. „Es ist wunderschön, abends durch den Garten zu gehen und den Vögeln zuzuhören.“
„Als ich gestern ankam, glaubte ich, das Plätschern eines Brunnens zu hören“, entgegnete Felicia.
„Ah ja. Für ein arabisches Ohr gibt es keinen schöneren Klang als den des Wassers. Obwohl wir heutzutage keine Angst mehr vor der Trockenzeit zu haben brauchen, bringe ich es noch immer nicht übers Herz, auch nur einen einzigen Tropfen Wasser zu verschwenden. Wissen Sie, Felicia, alte Gewohnheiten legt man nur schwer ab. Rashid wirft mir das auch immer vor. Er hat uns dieses Haus gekauft, nachdem mein Mann gestorben war. Er lebt lieber in der Wüste. Rashid hat eine Menge aufgegeben, als mein Mann starb … Aber das hat Faisal Ihnen sicher schon erzählt.“
Hatte er das? Felicia konnte sich nur daran erinnern, dass Faisal sich über seinen Onkel beklagt hatte. „Er muss noch sehr jung gewesen sein“, murmelte sie vor sich hin.
Umm Faisal lächelte. „Gerade neunzehn. Er war der Sohn der zweiten Frau meines Vaters. Meine Mutter hat meinem Vater keine Söhne geboren, darum hat er sich
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