JULIA GOLD Band 32
erhob sich Felicia. Sie hatte gehofft, Rashid würde sein Versprechen, ihr Kuwait zu zeigen, nach dem Vorfall im Garten nicht einhalten. Doch ihr Stolz ließ nicht zu, dass sie feige ablehnte.
Im Gang warf sie einen Blick in den Spiegel. Ja, sie war zufrieden mit sich. Sie hatte heute eine wichtige Hürde genommen: Umm Faisals Freundinnen hatten sie akzeptiert. Selbstsicher schob sie das Kinn vor und ging weiter, um Rashid zu treffen. Diesmal würde sie sich nicht von ihm unterkriegen lassen.
Sie wurde seiner erst gewahr, als er, an den Pfeiler einer Säule gelehnt, mit einer ungeduldigen Bewegung die Manschette seines makellos weißen Hemdes zurückschob, um einen Blick auf seine Armbanduhr zu werfen. Felicia musste lächeln über diese so typische männliche Geste, und genau in diesem Augenblick drehte er sich um und erblickte sie.
„Es tut mir leid, wenn ich Sie habe warten lassen“, entschuldigte sie sich höflich, „aber die Freundinnen Ihrer Schwester …“
„Sie brauchen mir nichts über Frauen zu erzählen, Miss Gordon. Ich kenne ihre Vorliebe für stundenlanges, sinnloses Geschwätz.“
Seine Arroganz war atemberaubend. „Wenn es sinnlos ist“, erwiderte Felicia, „dann wahrscheinlich darum, weil die Männer ihnen keine Gelegenheit geben, sich über anspruchsvollere Themen zu unterhalten.“
Rashid sah sie mit einem spöttischen Lächeln an. „Haben Sie soeben versucht, Fatimas Gäste über die Rechte der emanzipierten Frau aufzuklären? Ihre Männer werden nicht begeistert darüber sein, Miss Gordon.“
„Das ist mir gleichgültig.“
„Wie dumm von Ihnen. Die Männer haben nämlich die Macht, ihren Frauen zu verbieten, mit Ihnen zu verkehren, und Faisal würde das gar nicht schätzen. Sie haben vielleicht den Eindruck, dass Faisal sehr westliche Anschauungen hat, aber er wird erwarten, dass seine Frau sich den Regeln seiner Gesellschaft anpasst.“
Felicia überhörte die Warnung und folgte Rashid zum Wagen. Anfänglich war es ihr Ziel gewesen, um Faisals willen Rashids Gunst zu gewinnen, doch allmählich fand sie sogar Gefallen daran, ihn absichtlich zu reizen – eine Eigenschaft, die ihr normalerweise so fremd war, dass sie sich fragte, warum sie sich gerade bei Faisals Vormund darauf besann.
„Faisal und ich werden sowieso nicht in Kuwait leben“, bemerkte sie.
Er warf ihr einen spöttischen Blick zu. „Vergessen Sie nicht etwas, Miss Gordon? Als Angestellter der Bank hat Faisal hinzugehen, wohin der Vorstand ihn schickt.“
„Der Vorstand? Dabei denken Sie wohl an sich?“
„In diesem Fall kann ich Ihre Frage mit Ja beantworten.“
Seine eisige Ruhe und Selbstsicherheit regten Felicia maßlos auf. Sie spielte einen Augenblick mit dem Gedanken, nicht mit ihm in die Stadt zu fahren. Doch dann dachte sie an Zahras Namenstag, und dass dies die letzte Gelegenheit war, ein Geschenk für sie zu besorgen. Aus diesem Grund begnügte sie sich damit, Rashid einen kühlen Blick zuzuwerfen.
Während der letzten Tage war der ganze Haushalt eifrig damit beschäftigt gewesen, die Vorbereitungen für die Reise in die Oase zu treffen. Zahra hatte ihr lachend gestanden, dass sie ohne Rashid, der alles organisierte und beaufsichtigte, wahrscheinlich nicht weiter als bis Kuwait City kämen.
Felicia und Zahra waren sich mittlerweile nähergekommen. Aus diesem Grund hielt sie sich, was Rashid anging, auch zurück. Sie wusste, dass es Zahra traurig machte, wenn sie und Rashid sich stritten, und das wollte sie nicht.
„Eine kluge Entscheidung“, bemerkte Rashid plötzlich unerwartet, und Felicia warf ihm einen argwöhnischen Blick zu. „Sie brauchen gar nicht zu leugnen, dass Sie mit dem Gedanken gespielt haben, auf meine Gesellschaft zu verzichten. Ich mag Lügner ebenso wenig wie Geldjäger.“
Felicia war sprachlos. Was dieser Mann sich einbildete – ungeheuerlich!
Erst als er die Tür aufschloss, auf dem Fahrersitz Platz nahm und ihr die Beifahrertür öffnete, wurde Felicia klar, dass Rashid den Wagen eigenhändig zu chauffieren beabsichtigte.
„Steigen Sie ein, Miss Gordon, und setzen Sie Ihre Kräfte lieber für erfolgversprechendere Dinge ein als dafür, sich mit mir messen zu wollen.“
Diese unglaubliche Arroganz! Felicia kochte innerlich vor Wut, als sie auf dem Beifahrersitz Platz nahm. Mit einem spöttischen Lächeln lehnte er sich über sie, um die Tür zu schließen, und augenblicklich wurde sich Felicia der Aura herber Männlichkeit bewusst, die von ihm ausging. Der
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