JULIA GOLD Band 32
Gedanken an den Betrug, doch mit einer solchen Situation hatte sie nicht gerechnet. Mit zitternden Fingern überreichte sie Rashid das kleine Päckchen, und als ihre Hände sich kurz berührten, lief Felicia ein Schauer über den Rücken. Mit großen, erschrockenen Augen sah sie zu ihm auf, als er ihr höflich dankte, ein wissendes Lächeln um den Mund.
Wahrscheinlich ahnte er, dass es nur eine Notlösung war. Schnell ging Felicia zu ihrem Platz zurück. Hätte sie doch nur einen geeigneteren Moment für die Übergabe der Geschenke abgewartet.
„Mach es doch auf“, drängte Zahra ihren Onkel. „Ich sterbe vor Neugier.“
„Dann öffne ich es wohl besser schnell, bevor Miss Gordon mir noch mehr Grausamkeit meiner Familie gegenüber vorwerfen kann.“
Das dunkelblaue Lederkästchen kam zum Vorschein, und Rashid hob den Briefbeschwerer aus blaugrünem Glas, in dem eine Seeanemone eingeschlossen war, aus dem weißen Satinbett. Umm Faisal und Zahra hielten den Atem an. Felicia hatte wirklich ein außergewöhnlich schönes Stück ausgesucht, und mit seiner klaren, kühlen Einfachheit erinnerte es sie vor dem Hintergrund des luxuriös ausgestatteten orientalischen Zimmers an ihre Heimat.
Rashid legte den Briefbeschwerer auf die Handfläche und hielt ihn so, dass alle ihn bewundern konnten. „Wunderschön!“, flüsterte Zahra. „So kühl und frisch – genau wie du, Felicia.“
„Das ist ein Geschenk, das jeder Araber sehr hoch schätzen würde, Miss Gordon“, sagte Rashid mit seiner dunklen Stimme. „Der Glasbläser hat die Farbe des Wassers in diesem klaren Glas eingefangen, und uns ist nichts wertvoller als Wasser. Sie sind sehr großzügig“, sagte Rashid schließlich und sah ihr in die Augen. „Großzügiger, als ich es verdiene.“ Er legte den Briefbeschwerer zurück in das Kästchen, schloss es und stand auf. „Wenn ihr mich jetzt entschuldigt … Ich muss noch einmal fort.“
Eigentlich hatte Felicia ihn noch fragen wollen, ob Post für sie angekommen war. Von Zahra wusste sie, dass alle ankommenden Briefe erst an Rashid gingen. Faisal hatte ihr noch nicht geschrieben, und sie war überzeugt gewesen, bei ihrer Ankunft in Kuwait einen Brief von ihm vorzufinden. Sie brauchte so dringend das bisschen Selbstsicherheit und Trost, das ein paar Zeilen von ihm ihr geben würden.
„Du hast sehr schöne Geschenke ausgesucht“, versicherte Zahra ihr, nachdem Rashid das Zimmer verlassen hatte, bevor Felicia ihn nach der Post fragen konnte. „Besonders das für Rashid. Hat Faisal dir gesagt, dass er Glasgegenstände sammelt?“
Felicia schüttelte den Kopf. Es gab da eine ganze Menge Dinge, die Faisal ihr verschwiegen hatte, und allmählich konnte sie sich des Gefühls nicht erwehren, dass das Absicht gewesen war.
„Ich habe bald Namenstag“, plauderte Zahra fröhlich weiter. „Rashid hat mir versprochen, dass wir ein paar Tage zur Oase fahren. Es wird dir dort gefallen. Wenn ich verheiratet bin, werde ich nicht mehr oft dorthin kommen, da es eigentlich Rashids Haus ist. Darum freue ich mich umso mehr.“
Es war das erste Mal, dass Zahra von ihrer bevorstehenden Hochzeit sprach. Da sie beide allein waren – Umm Faisal hatte sich ebenfalls zurückgezogen – schien sie eher in der Stimmung zu sein, sich Felicia anzuvertrauen. „Heute Nachmittag haben sie den Stoff für mein Hochzeitskleid gekauft“, fuhr sie flüsternd fort. „Ich darf davon natürlich nichts wissen.“
„Macht es dir nichts aus, einen Fremden zu heiraten?“
Zahra sah sie an. „Saud ist kein Fremder. Wie kommst du darauf?“
Felicia wurde ein wenig verlegen. „Als dein Onkel mir von den Verhandlungen über eure Hochzeit erzählte, hatte ich den Eindruck, es handele sich um eine arrangierte Heirat.“
Zahra lachte. „In gewisser Weise trifft das auch zu. Saud und ich haben uns an der Universität kennengelernt. Seine Familie ist sehr angesehen, aber auch sehr altmodisch. Eigentlich sollte Saud seine erste Cousine heiraten, wie das Sitte ist, aber glücklicherweise hat Rashid herausgefunden, dass das Mädchen einen anderen heiraten wollte. Er hat es geschafft, Sauds Familie zu überreden, mich als Sauds Frau zu akzeptieren. Die Sache hätte sehr schwierig werden können, denn es wäre eine unverzeihliche Beleidigung gewesen, hätte Saud es abgelehnt, seine Cousine zu heiraten, und umgekehrt. Nun können wir bald heiraten, aber zuerst müssen wir noch die formellen Höflichkeitsbesuche absolvieren.“ Zahra zog eine
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