JULIA GOLD Band 32
er doch. Er drückte ihren Körper so hart und unbarmherzig gegen den seinen, dass ihr ein leises Stöhnen entwich und er für Bruchteile von Sekunden die süße Fülle ihrer Lippen spürte.
Das Ganze hatte höchstens Sekunden gedauert, aber Felicia kam es vor wie eine Ewigkeit. Sie begann, mit den Fäusten gegen seine Brust zu hämmern, doch Rashid ergriff blitzschnell ihre Handgelenke.
„Nun, wollen Sie mich jetzt immer noch herausfordern?“
„Ich werde Faisal erzählen, was Sie getan haben!“
Doch Rashid lachte nur. „Das werden Sie nicht wagen. Es gibt ein Sprichwort bei uns, dass zu einem Ehebruch immer zwei gehören. Aber erzählen Sie es Faisal ruhig. Ich wünschte, Sie würden …“ Er ließ sie so abrupt los, dass sie zurücktaumelte. Instinktiv griff sie an ihre bebenden Lippen. „Übrigens“, Rashid griff in seine Tasche und zog das Kästchen mit dem Briefbeschwerer heraus, „ich schlage vor, Sie geben das der Person, für die es bestimmt war.“ Dabei warf er es ihr zu.
„Wir wissen beide, dass Sie ein solches Geschenk für mich niemals gekauft hätten.“ Damit drehte Rashid sich um und war verschwunden.
Mit leerem Blick stand Felicia da. Er hatte sie gedemütigt, sich über ihre Liebe zu Faisal lustig gemacht und sie behandelt, wie kein Araber je ein weibliches Mitglied seiner Familie behandeln würde. Und trotzdem konnte sie sich beim besten Willen nicht die tröstende Erinnerung ins Gedächtnis zurückrufen, wie es war, wenn Faisal sie in seinen Armen hielt. Wie ein Schock durchfuhr sie die Erkenntnis, dass sie trotz ihres Zorns vor Rashids Umarmung nicht zurückgeschreckt war wie vor der Faisals.
Sie starrte auf das Kästchen in ihrer Hand. Impulsiv schleuderte sie es so weit weg, wie sie konnte. Dann eilte sie zurück in ihr Zimmer.
Sie ging ins Badezimmer und zog ihre Kleider aus, um zu duschen. Dabei seifte sie sich so gewissenhaft ein, als könnte sie so jede Erinnerung an Rashids Berührung und seinen Kuss von sich abwaschen. Sie hasste ihn! Wie sie ihn hasste! Aber warum weinte sie dann?
Als sie im Bett lag und vergeblich darauf hoffte, endlich einzuschlafen, wurde sie sich bewusst, dass sie zum ersten Mal in ihrem Leben wirklich Furcht empfunden hatte.
5. KAPITEL
Umm Faisal hatte ihre Freundinnen eingeladen, damit sie Felicia kennenlernten. Die meisten Frauen waren in Fatimas Alter, und Felicia hatte von ihrem Fenster aus beobachtet, dass der größte Teil der Besucher in langen schwarzen Gewändern aus teuren Autos eilig ins Haus gehuscht war. Im Wohnzimmer jedoch fielen die Schleier, und es zeigte sich, dass die Frauen darunter die elegantesten Kleider nach der neuesten Pariser Mode und teure Juwelen trugen.
Felicia saß auf einem Kissen und hörte aufmerksam ihrer Nachbarin zu, die von ihrer Reise nach Amerika erzählte, von der sie erst kürzlich zurückgekommen war. Alle Anwesenden sprachen Englisch.
Zum ersten Mal konnte Felicia beobachten, wie man Gäste auf arabische Art willkommen hieß. Sie war erstaunt über die Herzlichkeit und die großzügige Gastfreundschaft, vor allem jedoch darüber, mit welcher Begeisterung die Frauen sie begrüßten. Die meisten von ihnen waren schon einmal in London gewesen und zeigten lebhaftes Interesse am Leben im Westen, wobei sie sich immer wieder über die Freiheiten wunderten, die europäische Männer ihren Frauen einräumten.
Felicia hatte sich daran gewöhnt, in Umm Faisals Gesellschaft mit gekreuzten Beinen auf dem Teppich zu sitzen, und es gefiel ihr noch nicht einmal schlecht. Aber ob sie sich jemals an die Trennung von Männern und Frauen gewöhnen würde, bezweifelte sie. Zahra hatte ihr allerdings erzählt, dass die jungen Leute sich nicht an die alten Traditionen hielten, und Felicia musste zugeben, dass Rashid, wenn es um seine Familie ging, ein sehr fortschrittlich denkender Mann war.
Es klopfte an der Tür, und instinktiv griffen die Frauen nach ihren Schleiern. Selina, das Dienstmädchen, ging zur Tür.
„Es ist der gnädige Herr, Sitti“, flüsterte Selina Umm Faisal zu, nachdem sie wieder hereingekommen war.
„Ah ja, er will Sie abholen, Felicia. Rashid wird ihr Kuwait zeigen“, erklärte sie dann ihren Gästen und fügte etwas auf Arabisch hinzu, worauf ein Lächeln auf den Gesichtern der anderen Frauen erschien.
„Sie sagt, Rashid sei ein Mann von Ehre“, flüsterte Felicias Nachbarin ihr zu. „Früher wäre so etwas nicht möglich gewesen, aber die Zeiten haben sich geändert.“
Umständlich
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