Julia Gold Band 47
Ehefrau sind Kinder sehr wichtig. Sie sieht ihren Wert in der Anzahl der Söhne, die sie ihrem Mann schenkt. Berah konnte sich mit der Kinderlosigkeit nicht abfinden. Ihre Gedanken drehten sich nur um Heim und Familie. Und da ihr versagt blieb, was sie sich am meisten wünschte, war sie verständlicherweise sehr unglücklich.“
„Wann hast du erfahren, dass du keine Kinder haben kannst?“
„Nachdem wir zwei Jahre verheiratet waren. Berah war schon bei verschiedenen Ärzten gewesen. Schließlich stellte sich heraus, dass es an mir lag. Das war ein schwerer Schlag“, gestand Raschid. „Ohne Kinder ist eine Ehe sinnlos.“
„Heutzutage entscheiden manche Paare sich bewusst gegen Nachwuchs“, gab Polly zu bedenken.
Raschid machte eine abwehrende Handbewegung. „Aber nicht in der arabischen Welt. Außerdem ist es ein großer Unterschied, ob man sich freiwillig dagegen entscheidet, findest du nicht? Ein Versagen dieser Art bei einem Mann …“
Energisch unterbrach Polly ihn. „Bitte hör endlich auf damit! Schuld. Versagen. Du redest, als hättest du daran etwas ändern können.“ Am liebsten hätte sie Raschid in die Arme genommen und getröstet, aber da er Mitleid nicht vertragen hätte, hielt sie sich zurück.
„Mein Bruder musste sehr früh heiraten, obwohl er sich noch lange nicht reif für die Ehe fühlte“, fuhr Raschid fort. „Chassa und Asif haben einen hohen Preis bezahlt …“
Es klopfte an der Tür. Medir erschien und berichtete Raschid etwas auf Arabisch, was Polly nicht verstand.
„Bitte entschuldige mich“, sagte Raschid und verließ den Raum.
In dieser Nacht liebten sich Raschid und Polly fast mit verzweifelter Besessenheit. Wild und hemmungslos wie nie zuvor wälzten sie sich auf dem Bett, um ihr ungezügeltes Verlangen zu stillen. Hinterher hielt Raschid Polly fest in seinen Armen. „Ich war nicht gerade sanft“, flüsterte er. „Habe ich dir wehgetan?“
Sie schüttelte stumm den Kopf. Ein tiefer Friede erfüllte sie. Den Kopf an Raschids Schulter geschmiegt, genoss sie den Geruch seiner Haut, das Gefühl, ihm ganz nah zu sein.
Beim Frühstück sprachen Polly und Raschid nur wenig miteinander. Verstohlen betrachtete sie seine verschlossene Miene, und es fiel ihr schwer, sich vorzustellen, dass sie sich in der Nacht leidenschaftlich geliebt hatten. Polly hatte das Gefühl, dass Raschid an diesem Morgen innerlich weiter von ihr entfernt war als je zuvor.
Polly räusperte sich und fragte betont heiter: „Was unternehmen wir heute?“
„Leider muss ich arbeiten. Dir wird also nichts anderes übrig bleiben, als dich selbst zu beschäftigen.“ Raschid stand auf.
Die kühle Zurückweisung tat weh. Polly senkte den Kopf.
An der Tür blieb Raschid stehen. „Warum bittest du nicht Chassa, dich irgendwohin zu begleiten. Die Ablenkung wird ihr guttun.“
„Wenn ich Rat brauche, wie ich die Zeit totschlagen soll, melde ich mich“, entgegnete Polly.
Mit einem Mal fühlte sie sich innerlich schrecklich leer. Wie hatte sie vergessen können, dass ihre Ehe nur befristet war? Wollte Raschid sie daran erinnern, weil er befürchtete, sie könnte diese Vereinbarung vergessen haben?
Am Nachmittag wurden die neuen Möbel geliefert. Polly schob sie geräuschvoll im Salon herum, als Raschid erschien.
„Warum überlässt du das nicht den Bediensteten?“
Polly richtete sich auf und lächelte gezwungen. „Weil ich das lieber selbst tue. Stört der Lärm dich bei der Arbeit?“
„Nein. Ich möchte mit dir sprechen. Ich möchte mich wegen heute Morgen entschuldigen, Polly. Tut mir leid, dass ich so schroff war.“
„Ich hab’s überlebt.“ Sie wandte sich ab und ließ sich in einen Sessel sinken.
„Ich war nicht sehr rücksichtsvoll“, gestand Raschid. „Wir müssen miteinander leben, deshalb ist es ratsam, einander entgegenzukommen.“
Polly schluckte, weil ihr die Tränen in die Augen traten. Ja, sie führten eine Vernunftehe, das hatte er ihr wieder einmal deutlich zu verstehen gegeben.
Seufzend kniete sich Raschid vor ihr nieder und nahm ihr das Kissen ab, das sie zusammendrückte. „Bitte reg dich nicht auf. Ich hätte keine Frau heiraten sollen, die …“
„Ich rege mich nicht auf! Ich mag es nur nicht, dass jemand zusieht, wenn ich weine!“ Tränen liefen ihr über die Wangen. Raschid blickte sie hilflos an. „Soll ich gehen, bis du dich beruhigt hast?“
„Nein!“ Gereizt wischte Polly sich die Augen. „Ich kann es einfach nur nicht mehr hören, dass du
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