Julia Gold Band 47
mich besser nicht geheiratet hättest. Wie bringst du es fertig, so etwas zu sagen und mich dann …“ Errötend verstummte sie.
„… zu lieben?“, ergänzte Raschid ihren Satz. „Du bist sehr naiv, Polly.“
„Ich lerne gern dazu!“
Raschid seufzte. „Schließlich bin ich ein ganz normaler Mann …“
„Das ist mir längst klar!“
Raschid zuckte die Schultern. „Du bist meine Frau, eine sehr schöne Frau, und ich habe das Recht …“
„Mich zu erniedrigen, indem du mich benutzt?“, unterbrach Polly ihn scharf.
Er strich ihr gedankenverloren über die Unterlippe. „Bitte sprich nicht so. Was ich dir zu sagen habe, fällt mir nicht leicht, denn ich möchte dir nicht wehtun.“ Raschid richtete sich wieder auf und sah sie fest an. „Ich möchte vermeiden, dass du … dich zu sehr an mich hängst.“
Polly war so betroffen, dass sie seinen Blick nur stumm erwidern konnte.
„Du würdest nur unglücklich werden. Und ich bekäme ein schlechtes Gewissen, weil ich nicht imstande wäre, diese Gefühle zu erwidern“, hörte sie Raschid wie aus weiter Ferne weitersprechen. „Das wollte ich dir klarmachen, auch auf die Gefahr hin, dass du mir jetzt böse bist.“
Polly erwachte aus ihrer Erstarrung, und kalte Wut stieg in ihr auf. „Mich an dich hängen? Was hast du schon an dir, das mich dazu verleiten könnte? Nein, mein lieber Raschid, ich laufe bestimmt nicht Gefahr, mich …“
Er ließ sie nicht ausreden. „Falls das stimmt, bin ich erleichtert. Es ist nämlich nicht ungewöhnlich, dass eine Frau sich bei ihrem ersten Liebhaber in Gefühle hineinsteigert, die sich später als Täuschung erweisen.“
Polly sprang auf. „Bring mich besser nicht dazu, meine wahren Gefühle zu enthüllen. Das könnte deinem Selbstbewusstsein einen argen Stoß versetzen.“
„Sexuelles Vergnügen gibt es nicht nur bei Verliebten“, gab Raschid zu bedenken.
„Ausgerechnet in Dharein mit seinen strengen Moralbegriffen muss ich an einen Mann mit solchen Ansichten geraten“, warf Polly ihm bitter vor.
Raschids Miene verfinsterte sich. „Ich wollte damit sagen, dass die körperliche Liebe in einer von Achtung und Verständnis geprägten Ehe nichts Beschämendes ist“, erwiderte er eisig.
„Und mir hat man beigebracht, dass Gefühle uns von den Tieren unterscheiden, die nur ihren Trieb leben. Warum schlägst du mir nicht gleich vor, mir einen Liebhaber zu nehmen?“
Raschids Augen funkelten jetzt gefährlich. „Auf Ehebruch steht in Dharein die Todesstrafe.“ Er sah, dass Polly blass wurde, und setzte drohend hinzu. „Sollte ich jemals Grund haben, an deiner Treue zu zweifeln, wäre diese Strafe jedoch noch ein Segen im Vergleich zu dem, was dir sonst blühen würde.“
Raschids heftiger Ausbruch verschlug Polly die Sprache.
Ohne den Blick von ihr zu wenden, fuhr er fort: „Ich glaube, ich muss mich an deine Art zu scherzen wohl erst noch gewöhnen. Mit einer so herausfordernden Bemerkung würdest du jeden Mann hier in Rage bringen.“
Polly fühlte sich elend. „Entschuldige mich“, flüsterte sie und ging auf den Balkon.
Nach einigen tiefen Atemzügen erholte sie sich wieder. Dennoch zuckte sie zusammen, als Raschid ihre Schulter berührte.
„Du solltest aufhören, von anderen Männern zu sprechen, als ob du noch ungebunden wärst“, warnte er sie.
„Stimmt das, was du von der Todesstrafe gesagt hast?“, fragte sie. Raschid sah ihr in die Augen. „In unserer Kultur ist eine Scheidung für Mann und Frau einfach. Die Rechte der Frauen und Kinder sind seit Jahrhunderten durch genau festgelegte Gesetze geschützt. Es besteht also kein Grund, Ehebruch …“
„Aber er kommt immer noch vor?“
„Es hat seit Jahren keinen solchen Fall vor Gericht gegeben, aber das Gesetz besteht weiter.“
Polly fuhr auf. „Also, ich finde …“
„Die Strafe mag grausam sein, aber dafür ist Ehebruch bei uns sehr viel seltener als in den sogenannten fortschrittlichen Ländern. Unsere Frauen brauchen keine Angst vor sexuellen Belästigungen zu haben.“ Einlenkend fügte Raschid hinzu: „Und jetzt lass uns über etwas anderes reden. Ich möchte mit dir nicht streiten.“ Er betrachtete Pollys Gesicht und strich ihr das Haar zurück.
Hastig wich sie vor ihm zurück. „Ich möchte jetzt allein sein. Sicher hast du noch zu arbeiten.“
Seine Miene verfinsterte sich. „Ich bin gekommen, um dich zu fragen, ob du das Krankenhaus besichtigen möchtest. Ich habe veranlasst, dass man dich herumführt.
Sie
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