Julia Gold Band 47
beim Essen darüber reden“, sagte er und schlüpfte in die Ärmel. „Sie und ich gehen zu Paoli. Nach einer guten Mahlzeit und einigen Gläsern Wein wird uns schon etwas einfallen. Ein neuer Plan. Was sagen Sie dazu?“
Emily befeuchtete die Lippen. Zählte denn, was sie sagte? Sie sollte mit ihrem Chef in ein teures Restaurant gehen, ihm an einem weiß gedeckten Tisch gegenübersitzen, bei Kerzenschein mit ihm speisen und dabei seine bevorstehende Hochzeit diskutierten. Während ihr Herz pochte, ihre Hände zitterten, ihr Magen sich vor Aufregung verkrampfte, erwartete er von ihr die richtige Strategie, um eine Frau zu finden. Sie konnte sich nichts Grässlicheres vorstellen. Außer einer mittelalterlichen Folter vielleicht.
„Ich kann nicht“, sagte sie.
Er hob die Augenbrauen, denn er wunderte sich. Sie ließ ihn niemals im Stich, egal worum er bat.
„Warum nicht?“, fragte er. „Sie sagten doch eben, dass Sie mit der Arbeit fertig sind. Oder haben Sie eine Verabredung?“
Eine Verabredung? Sie? Sie traf sich nie mit Männern. Sie arbeitete. Sie zog Rosen. Und sie war Präsidentin ihres Gartenvereins. So sah ihr Leben aus. Sie war damit zufrieden. „Nein, das nicht. Ich kann nur einfach nicht mitkommen. Ich habe keine Ideen mehr. Ich weiß nicht mehr, wie ich Ihnen noch helfen soll. Mein Kopf ist leer.“
„Das ist doch Unsinn, Sie stecken voller Ideen. Sie haben mir geholfen, Union Oil zu überreden, sich dem Konsortium anzuschließen. Sie haben mir vorgeschlagen, mit einer Multimedia-Präsentation den Geschäftsabschluss voranzutreiben. Sie schrieben die Rede, die ich im vergangenen Jahr vor der OPEC gehalten habe. Sie haben geholfen, die Konkurrenz zu überreden, den Ölpreis zu senken. Das hier ist nicht schwerer. Alles andere gehörte zum Geschäft, dies ist eine Familienangelegenheit, aber genauso wichtig. Vielleicht sogar noch wichtiger. Zusammen können wir es schaffen. Wir haben gemeinsam alles erreicht.“
Sie hätte gerne geschrien, nein, nein, diesmal nicht. Aber ihre Stimmbänder versagten. Ben nahm ihr Schweigen als Zustimmung und führte sie am Arm in ihr Arbeitszimmer. Sie griff zwar nach Portemonnaie und Mantel, war aber fest entschlossen, dieser heiklen Situation zu entkommen, noch ehe sie das Restaurant erreichten. Dummerweise hatte sie zugegeben, nicht verabredet zu sein. Ohnehin hätte ihr das niemand abgenommen. Die brave Emily mit einem Mann verabredet? Sehr unwahrscheinlich.
Sie könnte krank spielen. Sich übergeben oder in Ohnmacht fallen. Sie könnte an einer Ampel die Wagentür aufreißen und hinausspringen. Sie könnte … Nein, sie konnte gar nichts mehr unternehmen und nur noch hoffen, dass sie irgendwie den Abend unbeschadet überstand, indem sie zu allem und jedem, was er vorschlug, Ja und Amen sagte. Denn ihr Einfallsreichtum war wirklich erschöpft.
Sobald sie aber in seinem Porsche saß, den sie für ihn hatte ausstatten lassen, als er auf Reisen war, fühlte sie sich sicher und geborgen, behaglich und auch irgendwie reich. Der teure Geruch von Leder und Wolle, die beheizbaren Sitze, die leise Musik, all das trug dazu bei.
Sie schaute aus dem Fenster. Als sie die Montgomery Street hinunterrollten, sah sie Leute an der gleichen Ecke auf den Bus warten, an der sie sonst auch stand. Sie fuhr nie mit dem Wagen zur Arbeit. Das Parken in der Stadt war zu teuer. Sie hatte schon als Kind einen Sinn für Sparsamkeit entwickelt, als Reaktion auf ihre verrückte unpraktische Familie.
Sie beobachtete Leute, die versuchten, ein Taxi zu ergattern, Menschen, die in den großen Gebäuden im Finanzviertel noch bei der Arbeit saßen. Emily schaute und schaute. Überall hin, nur nicht in die Richtung, wo ihr steinreicher, unglaublich gut aussehender und schrecklich erotischer Chef saß. Seine kräftigen geschickten Hände auf dem Lenkrad ließen ihr Herz schneller schlagen. Sein edles Profil, die stolze Adlernase, die hohen Wangenknochen und der breite ausdrucksvolle Mund machten sie schwach.
Sie saßen so dicht nebeneinander, dass sie die Wärme seines Körpers spürte. Der kompakte Sportwagen zwang sie dazu – ein Wagen, der seiner Vorliebe für schöne Formen, Qualität und hervorragende Leistung entsprach. Alles Eigenschaften, die er auch an einer Ehefrau schätzen würde, wenn er eine gewollt hätte.
Sie seufzte. Drei Jahre lang hatte sie davon geträumt, mit Ben auszugehen. Aber sie hatte sich das ganz anders ausgemalt. Das hier war seltsam und beschämend, ja es
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