Julia Gold Band 47
bedrohte ihr inneres Gleichgewicht. Sie hätte sonst was dafür gegeben, jetzt ihre Rosen zu gießen, sie nach Blattläusen abzusuchen, über den Gartenzaun hinweg mit Nachbarn und anderen Rosenzüchtern zu schwatzen. Wie hatte sie sich nur in solch eine Situation hineinmanövrieren lassen können? Sie haderte mit sich, weil ihr nicht rechtzeitig eine glaubwürdige Ausrede eingefallen war.
„Ich finde es nett von Ihnen, dass Sie gleich mitgekommen sind“, sagte Ben, während er den Wagen durch den Abendverkehr steuerte. „Es gibt Schöneres als Überstunden. Aber ich bin verzweifelt. Ich habe meinem Vater ein Versprechen gegeben, und ich muss es halten. Diese Heirat und die Familie bedeuten ihm viel.“
„Hoffentlich erwarten Sie von mir keine fertige Lösung. Ich müsste Sie enttäuschen“, sagte sie leise.
„Haben Sie mich denn jemals enttäuscht?“, fragte er.
Für alles gibt es ein erstes Mal, dachte sie. Sie hatte gerade ihre erste Pseudo-Verabredung, und sie ging zum ersten Mal zu Paoli.
„Entschuldigen Sie die Verspätung, Robert“, sagte Ben zu dem Oberkellner, der sie höflich begrüßte. „Ich habe mich ein bisschen verplant.“
Zeitlich vielleicht nur ein bisschen, aber mit seiner Begleiterin hatte Ben sich gründlich verplant, fand Emily. Sie sah doch ziemlich anders aus als die Frauen, mit denen er sich sonst verabredete. Wenn sie wenigstens Zeit gehabt hätte, sich umzuziehen. Zum Friseur zu gehen. Ein neues Kleid zu kaufen. Ach, sie brauchte von Kopf bis Fuß, innen und außen eine Generalüberholung, wenn sie mit den Frauen mithalten wollte, die er normalerweise an einem Freitagabend ausführte.
Aber sie musste nicht mithalten. Sie war seine Assistentin, und sie war nicht zu ihrem Vergnügen hier, sondern um ihm dabei zu helfen, eine Lebensgefährtin zu finden.
Ben legte die Hand auf ihren Rücken, während sie dem Oberkellner zu einem ruhigen Erkerplatz folgten, dorthin, wo er immer saß, um Frauen mit guten Weinen, appetitlichen Speisen und feinsinnigen Komplimenten zu verwöhnen.
Sie sah sich um. Die weiblichen Gäste trugen modische kurze Kleider, waren mit Diamanten und Perlen behängt und kamen frisch vom Friseur. Das hier war nicht Emilys Welt. Sie war froh über den Tisch in der schummrigen Ecke.
Nachdem er bestellt und den Wein probiert hatte, beugte Ben sich über den Tisch und schaute ihr in die Augen. „Eins müssen Sie mir verraten, Emily.“ Seine Stimme klang einschmeichelnd. „Was halten Sie von der Ehe?“
„Ich habe nie darüber nachgedacht zu heiraten.“
„Ach, kommen Sie. Jeder denkt mal darüber nach. Ich brauche Einblick in die weibliche Seele.“ Er nahm ihre Hand, spielte mit ihren schlanken Fingern. Es verschlug ihr den Atem. Sie hoffte nur, dass er nicht bemerkte, wie ihre Hände zitterten. „Was würden Sie sagen, wenn ein Mann, ich zum Beispiel, Ihnen einen Heiratsantrag machen würde?“
„Ich … Ich weiß nicht“, sagte sie und stürzte in ein inneres Chaos. Natürlich diente das, was er jetzt veranstaltete, dazu, sein Problem von allen Seiten zu beleuchten. Doch die Art und Weise, wie er sich über den Tisch beugte, ihr tief in die Augen blickte, wirkte so echt. Fast konnte sie glauben, er meinte es ernst. Was er natürlich nicht tat. Aber wenn doch, wie könnte sie ablehnen? Das wäre von jeder Frau zu viel verlangt. Sie versuchte, seinem Blick auszuweichen. Sie befürchtete, dass ihre Augen verrieten, was sie seit drei Jahren verborgen hielt.
Er wartete noch immer auf eine Antwort. Je länger er ihr in die Augen sah, desto schwerer fiel es ihr, einen klaren Gedanken zu fassen. Ihr Verstand hatte sich einfach verabschiedet. Am Wein konnte es nicht liegen, sie hatte nur einen Schluck getrunken. Eher schon daran, dass Ben immer noch ihre Hand hielt und sie nun mit dem Daumen streichelte. Hitze durchströmte sie. Dieses Verlangen tief in ihrem Schoß war fremd und verwirrend. Wenn er immer so vorging, würde keine Frau ihm einen Korb geben. Er brauchte nur zu fragen. Herrje, wie sollte sie diesen Abend überstehen?
Gerade als sie entschlossen war, sich mit einem Migräneanfall herauszureden, brachte der Kellner die Salatteller. Emily entzog Ben ihre Hand und gewann ein wenig Gelassenheit zurück.
Beim Essen sprachen sie über belanglose Dinge, doch sobald das Geschirr abgeräumt war, kam Ben wieder zur Sache. „Ich versuche es noch einmal. Sie sind unverheiratet und siebenundzwanzig Jahre alt, richtig? Auf was warten Sie eigentlich? Was
Weitere Kostenlose Bücher