Julia Gold Band 51
schockierenden Einzelheiten berichten?“
Danach brach die Verbindung ab. In der nachfolgenden angespannten Stille stand Evie da, hielt sich vorsichtig den schmerzenden Arm und überlegte, was ihre Mutter wohl erst sagen würde, wenn sie von dem Baby erfuhr.
Plötzlich klopfte es an der Haustür. Evie zuckte heftig zusammen und wollte öffnen. Doch Raschid hielt sie zurück.
„Nein! Sieh erst nach, wer es ist.“
Evie ging ans Fenster, spähte hinaus und schrie erschrocken auf. „Es sind Presseleute!“ Rasch zog sie die Vorhänge zu. Aber ein halbes Dutzend Reporter hatte sie schon gesehen und bewegte sich auf das Wohnzimmerfenster zu.
Ein unbeschreiblicher Lärm brach aus. Die Reporter klopften an die Tür und an das Fenster und riefen Evies Namen. Kreidebleich drehte sie sich zu Raschid um. „Was ist eigentlich los? Was hat meine Mutter gemeint? Warum sind die Reporter hier?“
„Keine Ahnung.“ Raschid ging zum Telefon, hob den Hörer ab und wählte eine Nummer.
Evie wartete nervös, während Raschid wütend auf Arabisch mit jemandem sprach. Dabei verfinsterte sich seine Miene zusehends, während das Klopfen an der Tür und dem Fenster so laut wurde, dass Evie keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte.
Mit einer heftigen Verwünschung legte Raschid schließlich den Hörer auf. Im gleichen Moment wurde eine Zeitung durch den Briefschlitz an der Tür geschoben. Evie wollte sie holen gehen, aber Raschid kam ihr zuvor.
„Haben Sie dazu irgendetwas zu sagen, Miss Delahaye?“, rief eine Stimme gedämpft von draußen. „Titelseite. Nicht zu übersehen!“
Evie stand neben Raschid und blickte entgeistert auf die Zeitung in seinen Händen. Dort prangte ein Foto von ihr und Raschid, wie sie sich unter dem Hochzeitsbaldachin küssten. Darüber die Schlagzeile: „Ist dies der Abschied?“ Und darunter: „Die Botschaft von Behran gibt die bevorstehende Heirat von Scheich Raschid Al Kadah mit der Tochter eines benachbarten Scheichs bekannt! Durch die Heirat werden zwei der einflussreichsten Scheichtümer vereint – und Evie Delahaye steht im Regen.“
„Dies ist nicht mit meiner Billigung bekannt gegeben worden!“, erklärte Raschid wütend. „Mein Vater will mich anscheinend vor vollendete Tatsachen stellen.“
„Oh nein!“ Evie sank in den nächsten Sessel.
Raschid überflog mit versteinerter Miene den Bericht in der Zeitung. Keiner von ihnen sagte ein Wort. Sie wussten genau, was das für sie bedeutete. Denn egal, wie gern Raschid die Ankündigung seines Vaters verleugnet hätte – ein Abstreiten wäre eine Beleidigung für seinen Vater und Aishas Familie gewesen.
Das war’s, dachte Evie dumpf. Das Ende für Raschid und sie. Erst jetzt, als sie akzeptieren musste, dass sie ihn nie würde heiraten können, wurde ihr bewusst, dass sie sich insgeheim doch noch Hoffnungen gemacht hatte. Sie war am Boden zerstört.
Das Telefon läutete, die Reporter pochten unermüdlich an Tür und Fenster. Jemand klappte von draußen den Briefkasten auf und rief durch den Schlitz: „Haben Sie das gestern schon gewusst, Miss Delahaye? Sind der Scheich und Sie sich auf der Hochzeit Ihres Bruders deshalb so auffällig aus dem Weg gegangen?“
Wütend warf Raschid die Zeitung beiseite und schob einen Sessel vor den Briefkastenschlitz. Evie saß benommen da. Diese öffentliche Bloßstellung war grausam – missachtete ihre Gefühle und beraubte sie ihres Stolzes. Doch sie war sich sicher, dass Raschid von alldem wirklich keine Ahnung gehabt hatte. Das hätte er ihr nicht angetan.
„Ich werde fortgehen“, flüsterte sie verzweifelt. „Ich habe Verwandte in Australien …“
„Nein!“, fiel Raschid ihr zornig ins Wort.
Sie sah ihn durch einen Tränenschleier an. Sein markantes dunkles Gesicht war aschfahl geworden. „Du wirst nichts tun, bis ich diese Sache geregelt habe. Es muss einen Weg geben!“
Evie schüttelte hoffnungslos den Kopf. Raschid wusste genauso gut wie sie, dass es keinen Ausweg für sie gab!
Draußen vor dem Haus tobte ein Höllenlärm, drinnen bestürmte ein Reporter sie über den Anrufbeantworter mit Fragen. Mit einem heftigen Ruck zog Raschid den Stecker heraus. „Wir müssen hier raus!“ Er nahm das Handy aus seiner Lederjacke, wählte eine Nummer und ging zum Küchenfenster, um in den Hinterhof zu spähen, ob die Rückseite des Hauses auch von Reportern belagert wurde. Doch über die zwei Meter hohe Backsteinmauer, die das Grundstück hier abschirmte, lugte kein verräterisches
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