Julia Gold Band 51
Evie aufblicken. „Willst du etwa andeuten, ich wäre bewusst schwanger geworden?“, fragte sie scharf. Der Blick ihrer Mutter sprach Bände. „Ich fasse es nicht“, rief Evie tief gekränkt aus, „dass meine eigene Mutter mich eines derartig plumpen Verhaltens verdächtigen kann!“
„Unfälle dieser Art passieren heutzutage einfach nicht mehr, Evie“, wandte ihre Mutter ein.
„Ach nein?“ Evie sprang auf, wobei sie sich mit einer Hand den verbrühten Arm hielt. „Dann sieh mich genau an, Mutter! Denn was du da siehst, ist genau so ein ‚Unfall‘!“
„Evie …“, mischte sich Raschid beschwichtigend ein. „Deine Mutter wollte dich nicht kränken. Es war doch eine ziemlich naheliegende Vermutung …“
Tatsächlich? dachte Evie und sah Raschid argwöhnisch an. „Mir war sie jedenfalls nicht in den Sinn gekommen. Aber hast du vielleicht dasselbe gedacht?“
„Nein“, antwortete Raschid, aber er wich ihrem Blick aus.
Entsetzt wurde Evie sich bewusst, dass die beiden Menschen, die ihr am nächsten standen, tatsächlich von ihr geglaubt hatten, sie könnte derart tief sinken. Und plötzlich hatte sie genug. Verächtlich blickte sie in die betretenen Gesichter der beiden und sagte eisig: „Ich glaube nicht, dass ich euch das jemals verzeihen werde!“ Dann verließ sie mit dem letzten bisschen an Stolz, der ihr noch geblieben war, das Zimmer.
Asim kam genau in dem Moment mit seiner Arzttasche zurück, als Evie an ihm vorbei aus dem Salon lief. Sie wusste nicht, inwieweit es auf Raschids Anweisung geschah, jedenfalls war sie kaum auf die Bettkante gesunken, da klopfte Asim an ihre Zimmertür und trat ein.
„Ich muss Ihren Arm versorgen“, erklärte er ihr ruhig.
Evie widersetzte sich nicht. Schweigend ließ sie es geschehen, dass Asim ihren Arm behandelte, aber in Gedanken ging sie so ziemlich mit jedem ins Gericht. Mit ihrer Familie, mit Raschids Familie, mit der Presse.
„Die augenblickliche Situation ist für alle Beteiligten sehr schwierig“, sagte Asim auf seine diplomatische Weise, als er sich über ihren Arm beugte. „Da werden Dinge gesagt, die man später oftmals bereut.“
„Was nicht heißt, dass man nicht ehrlich war, als man sie sagte“, erwiderte Evie. „Sie denken doch auch, dass ich Raschid mit diesem Baby ganz bewusst eine Falle stellen wollte. Ich habe es Ihrem entsetzten Blick angesehen, als Sie begriffen haben, was los ist.“ Ihr wurde plötzlich klar, dass ihr von nun an vermutlich jeder mit dieser Mischung aus Entsetzen und Mitleid begegnen würde. Bei dieser Vorstellung zuckte sie unwillkürlich zusammen.
„Habe ich Ihnen wehgetan?“, fragte Asim, der ihr gerade einen neuen kühlenden Gelverband anlegte.
„Alle tun mir weh“, brach es aus Evie hervor.
Asim schien zu verstehen, denn er schwieg. Kurz darauf war er mit dem Verband fertig und stand auf.
„Würden Sie mir bitte ein Taxi rufen, während ich ins Bad gehe und mich anziehe?“, sagte Evie. Es war keine Bitte, sondern eine Aufforderung. Evie verschwand im Bad, ohne auf Asims Antwort zu warten.
Zehn Minuten später kam sie, bekleidet mit Jeans und T-Shirt, ins Schlafzimmer zurück. Sie wollte sich gerade das Haar zusammenbinden, als Raschid das Zimmer betrat. Evie sah ihn nur kurz an und wandte sich dann von ihm ab. Er hatte sich umgezogen und trug jetzt einen seiner eleganten Geschäftsanzüge. Evie bemerkte auch, dass er sie mit einer gewissen Vorsicht betrachtete – was sie mit Genugtuung erfüllte, denn es bedeutete, dass er sich ihrer nicht mehr so sicher war.
„Deine Mutter ist gegangen“, informierte er sie.
Sie war nicht überrascht. Ihre Mutter würde Zeit brauchen, um sich mit dem nächsten Skandal abzufinden, der ihrer geplagten Familie drohte.
„Wie Asim mir sagte, hast du um ein Taxi gebeten. Warum?“
„Damit ich von hier weg kann“, antwortete sie kühl. „Warum sonst?“
„Und wohin willst du gehen?“
„Wahrscheinlich nach Hause, nach Westhaven – um mich dort zu verstecken, wie es die gefürchteten schwarzen Schafe einer jeden Familie tun, wenn sie richtig in Schwierigkeiten stecken.“
Raschid seufzte gereizt. „Mach dich nicht so schlecht!“
„Warum nicht?“, konterte sie hart. „Es ist doch die Wahrheit – zumindest werden alle anderen es so sehen, wenn die Sache erst einmal herauskommt.“
„Sei nicht kindisch! Du bist überreizt und reagierst übertrieben empfindlich. Wenn wir heiraten, wird sich niemand mehr darum scheren, wann das Baby
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