Julia Gold Band 51
Ende der zweiten Woche. Asim befand sich über Mittag wie stets in der Botschaft von Behran. Evie hatte sich schon den ganzen Morgen nicht sehr wohl gefühlt, weshalb sie sich auf einem der Sofas im Salon ausruhte und etwas las.
Das Geräusch von Schritten in der Eingangshalle ließ sie erfreut aufspringen. Da nur Asim einen Schlüssel zu der Wohnung hatte und Raschids Leibarzt nie so früh aus der Botschaft zurückkam, nahm sie an, dass Raschid endlich zurückgekehrt sei. Doch ihr freudiges Lächeln verschwand sofort, als zwei Fremde den Salon betraten.
Es waren zwei Araber, die in ihren eleganten Anzügen dunkel und bedrohlich wirkten. „Miss Delahaye?“, fragte der größere der beiden.
Evie schluckte ahnungsvoll. „Wer sind Sie? Was tun Sie hier?“, fragte sie heiser.
Die beiden Männer verbeugten sich auf eine unterwürfige Art, die Evie gar nicht gefiel. Ein eisiger Schauer jagte ihr über den Rücken.
„Verzeihen Sie unser Eindringen“, erwiderte der Sprecher der beiden höflich. „Mein Name ist Jamal Al Kareem. Ich überbringe Ihnen eine Nachricht von Kronprinz Hashim.“
„Und was ist mit Prinz Raschid?“, fragte Evie. „Ist er nicht mitgekommen?“
„Prinz Raschid geht offiziellen Verpflichtungen nach – in Abadilah, dem benachbarten Scheichtum von Behran.“
Abadilah … Erneut überlief Evie ein eisiger Schauer. Abadilah war das Scheichtum, in dem Aishas Vater regierte.
„Wie sind Sie dann in diese Wohnung gelangt?“, fragte sie kühl.
„Als Sicherheitschef des Kronprinzen habe ich zu sämtlichen königlichen Residenzen Zugang. Einflussreiche Familien sind leider gezwungen, besondere Vorkehrungen zu ihrem Schutz zu treffen“, erklärte Jamal Al Kareem ihr, wobei er näher kam. „Denn Macht schafft Feinde.“
Evie wich unwillkürlich einige Schritte zurück. Sie empfand seinen ausgesucht höflichen Ton als Bedrohung – als wollte dieser Araber ihr zu verstehen geben, dass auch sie als ein solcher Feind eingestuft würde.
„Sie sagten, Kronprinz Hashim habe Sie geschickt?“, fragte sie so ruhig wie möglich.
Jamal Al Kareem verbeugte sich erneut. „Der Kronprinz ist höchst besorgt über Ihr gegenwärtiges … Dilemma. Er übersendet Ihnen sein aufrichtiges Bedauern für jeglichen … Kummer, den Sie durch seine vorzeitige Ankündigung der Heirat seines Sohnes in der Presse ertragen mussten.“
„Danke.“ Evie ließ den Blick nervös zu dem anderen Mann schweifen, der auf der Türschwelle stehen geblieben war – fast als würde er auf Asims Rückkehr lauschen. „Aber Sie können Kronprinz Hashim versichern, dass es keinerlei Entschuldigung von seiner Seite bedurft hat.“
„Er wird Ihr großzügiges Verständnis dankbar entgegennehmen“, erwiderte Jamal Al Kareem höflich. „Dennoch bereitet es dem Kronprinzen Sorge, dass er mit der Veröffentlichung der Heiratsankündigung Ihre Gefühle nicht in angemessener Weise berücksichtigt hat. Es war … taktlos von ihm, wie ihm sein geschätzter Sohn bewusst gemacht hat. Deshalb möchte er Ihnen eine Wiedergutmachung anbieten …“
Bei diesen Worten zog der Sicherheitschef des Kronprinzen ein Papier aus der Innentasche seines Jacketts und hielt es Evie hin. Argwöhnisch nahm sie es entgegen und wich rasch wieder einen Schritt zurück. Als sie das Papier in ihrer Hand genauer betrachtete, schluckte sie fassungslos. Es war ein Scheck über zwei Millionen Pfund, ausgestellt auf die World Aid Foundation !
„Der Kronprinz weiß von Ihrem selbstlosen Engagement für diese Wohltätigkeitsorganisation“, fuhr Jamal Al Kareem erklärend fort. „Er bittet Sie, diese bescheidene Spende als Geste der Wiedergutmachung anzunehmen. Und in Anbetracht der Ereignisse glaubt er auch, auf Ihr Verständnis für die traurige Notwendigkeit rechnen zu können, Ihnen auch dieses hier anbieten zu müssen …“
Überrascht blickte Evie auf und sah, dass er ihr eine Visitenkarte entgegenhielt. Kaum hatte sie die Karte genommen, erkannte sie das bekannte Logo einer exklusiven Abtreibungsklinik in London und begriff mit eisigem Entsetzen, was ihr hier wirklich angetragen wurde.
„Der Kronprinz vertraut selbstverständlich auf Ihre Diskretion in dieser … heiklen Zeit“, fuhr Jamal Al Kareem aalglatt fort. „In Erwartung Ihres Verständnisses sendet Ihnen der Kronprinz seine ergebensten Grüße und hofft, dass damit die Sache endgültig beendet wird …“
Die Sache endgültig beendet wird … Diese schrecklichen Worte klangen Evie
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