Julia Gold Band 51
den sie noch vor ein paar Tagen für immer zu ihrem Feind erklärt hatte.
„Was machen die Männer in der Wüste denn?“, wollte sie scharf wissen. „Packen sich die Frau, die gerade greifbar ist? Offenbar ja! Du hast es gerade bewiesen.“
„In der Wüste sorgen wir dafür, dass eine Frau sich nach dem Kuss sehnt, und dann küssen wir sie, ohne zu fragen.“
Bei der männlichen Selbstsicherheit dieser Behauptung richtete ihr Zorn sich wieder auf ihn. Sie biss die Zähne aufeinander, weil sie sich kaum noch zurückhalten konnte, ihn anzuschreien, dass er ein arroganter Barbar sei. Aber er hatte sie gewarnt …
Er ließ seine Hand über ihren Rücken gleiten. Mit der anderen Hand berührte er ihren Nacken und strich dann mit dem Daumen ihren Kiefer entlang.
Ihre Lippen prickelten. Aber sie wollte keinen Kuss von ihm! Und wenn er sie noch so sehr zu hypnotisieren versuchte. Davon verstand er etwas. Mutig schaute sie direkt in seine Augen.
Das blanke Verlangen, das sie darin sah, erschütterte sie. Sie hatte angenommen, er fühlte sich zu ihr hingezogen. Wie konnte sie ahnen, dass es sich um so eine starke Anziehungskraft handelte? Er blickte sie an wie ein ausgehungerter Mann. Ihr Herz machte einen Satz. Gefühle, die sie nicht kannte, durchströmten sie. Die Hitze, die von ihm ausging, war zu stark. Ihr war, als würde sie verbrennen.
„Dann wirst du mich nie küssen“, erklärte sie, als sie endlich wieder sprechen konnte.
„Forderst du mich heraus, Clio? Wenn eine Frau einen Mann herausfordert, muss sie sich in Acht nehmen. Es könnte passieren, dass er die Herausforderung annimmt.“
Sie verstand nicht, wieso seine Worte sie schmerzten, und sie wusste auch nicht, welcher Art dieser Schmerz war. Doch sie spürte ihn am ganzen Körper, und sie fühlte sich hilflos und ihr wurde fast übel. Sie wünschte, er würde sich von ihr lösen, damit sie wieder durchatmen konnte.
„Warum überrascht es mich nicht, dass ein Nein für dich eine Herausforderung ist?“, gab sie zurück.
Mit dem Daumen hob er ihr Kinn an, sodass ihre Lippen seinen noch näher waren. Ihr Puls beschleunigte sich, und Jalal lächelte sie hintergründig an. „Aber ich habe gar kein Nein gehört, Clio. Hast du eines ausgesprochen?“
In dem Augenblick wurde sie von einem hohen, durchdringenden Sirenenton aufgeschreckt.
Jalal schaute sich stirnrunzelnd um, und Clio bemühte sich, ihre Sinne beisammenzuhalten.
„Ist das ein Feueralarm?“, fragte er.
Schließlich erkannte Clio das Geräusch. „Nein, das ist ein Einbruchalarm!“, rief sie, und als Jalal sie losließ, hastete sie aus der Küche und in das Arbeitszimmer ihres Vater. Ein Dutzend Lichter leuchteten auf der Monitorwand über seinem Schreibtisch. Eines jedoch blinkte heftig. Sie beugte sich vor, um das Schild zu lesen.
„Solitaire!“, hauchte sie. „Dad ist es nicht. Er wollte heute nicht dorthin.“
Jalal schaute ihr zu, als Clio einen kleinen Schrank öffnete und einen Schlüsselbund herausnahm. Dann wich er zurück, als sie herumwirbelte und zur Vordertür lief.
„Ben!“, rief sie.
Jalal folgte ihr. Sie eilte über die Veranda und zur Anlegestelle hinunter. Als sie das Boot erreichte, war er dicht hinter ihr. Sie löste das Heckseil, und als er automatisch das Tau am Bug löste, kletterte Clio an Bord und startete den Motor. Inzwischen waren Rosalie und Donnelly vom Strand herübergelaufen.
„Wir haben Einbruchalarm von Solitaire! Vermutlich ist es aber nur ein Waschbär!“, rief sie, während Jalal weitaus geschickter und geschmeidiger an Bord sprang als beim ersten Mal. Clio wendete das Boot in einem großen Bogen, und als sie am Ende des Anlegestegs vorbeifuhren, fuhr sie an Ben und Rosalie gewandt fort: „Ruft Dad an! Richtet ihm aus, dass ich bereits unterwegs bin und mich bei ihm melde, falls es Probleme gibt.“
Rosalie hielt Donnelly an der Hand. Alle drei nickten.
„Sei vorsichtig!“, rief Ben ihr noch zu.
Clio beschleunigte das Tempo und steuerte das Boot mit hoher Geschwindigkeit über das Wasser.
„Was ist Solitaire?“, fragte Jalal und trat neben sie.
Sie blinzelte. „Oh hallo!“ Es war ihr so selbstverständlich erschienen, Jalal bei sich zu haben, dass sie seine Anwesenheit erst jetzt bewusst wahrnahm. „Eines der Ferienhäuser“, erwiderte sie. „Es liegt etwas abseits.“
Jalal wusste, dass den Blakes einige Ferienhäuser am See gehörten, die vermietet wurden. Ein paar davon hatte er sich mit Brandon angesehen und
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