Julia Gold Band 51
war.
Ihre Arbeit erledigte sie in gemütlichem Tempo, während der Wind den Regen gegen die Fenster peitschte. Nachdem sie ein paarmal vergeblich versucht hatte, das Licht im Wohnzimmer einzuschalten, wurde ihr klar, dass es nicht funktionieren konnte, solange der Generator nicht lief. Also hantierte sie im Dämmerlicht herum, putzte die Küche und das Bad und legte frische Handtücher hin.
Und dachte an Jalal.
„Ich habe nicht die Absicht, eine schwarz-weiße Katze einzufangen. Sie wird von sich aus zu mir kommen müssen.“
Wahrscheinlich würde sie ihm für immer dankbar sein, dass er eine solche Einstellung hatte und sie nicht noch einmal ein solches Trauma durchstehen musste. Was immer er sonst getan haben mochte, sie hatte in seinen Armen erkannt, dass sie eine Frau mit viel sexuellem Appetit war. Somit konnte sie doch noch auf ein erfülltes Leben hoffen.
Natürlich nicht mit ihm. Und vermutlich nie wieder mit dieser überwältigenden Leidenschaft, wie sie sie durch ihn kennengelernt hatte. Ihre Empfindungen und Gefühle waren so heftig aufgewühlt worden, dass sie glaubte, es nicht ertragen zu können. Wenn sie nur an ihn dachte, dann war das schon die reinste Qual, geistig wie körperlich. Bittersüß und der Verzweiflung nah.
Sie begehrte ihn, innig und haltlos zugleich. Dieses Verlangen verzehrte sie. Und wenn sie sich vor Augen hielt, dass diese Sehnsucht nie erfüllt werden würde, war das wie Folter. Die Erinnerung an den Augenblick, als er Zaras Namen geflüstert hatte, zerriss sie innerlich fast.
Schließlich war sie fertig mit der Arbeit und ging noch einmal durch die Räume. Doch jetzt, wo sie nichts mehr zu tun hatte, konnte sie ihre Gefühle kaum noch im Zaum halten.
Sie begehrte Jalal aufs Heftigste. Machte es wirklich einen Unterschied, dass er lieber ihre Schwester in den Armen halten würde? Jalal konnte nichts für die schreckliche Erfahrung, die sie in der Vergangenheit gemacht hatte. Es war nicht seine Schuld, dass sie wegen dem, was geschehen war, einen Minderwertigkeitskomplex hatte.
Sie wollte ihn. Seit Jahren hatte sie keinen Mann begehrt, und jetzt sehnte sie sich nach Jalal wie jemand, der durch die Wüste gegangen war und ausgehungert vor einem Festessen steht.
Er war wie eine Fata Morgana. Das wusste sie. Er würde sie nicht um ihrer selbst willen lieben. Gut gehen konnte es nicht, und es würde auch zu nichts führen – außer zu einem einmaligen Lusterlebnis.
Davon war sie überzeugt.
Zum ersten Mal seit ihrem sechzehnten Geburtstag hatte sie die Chance, echte sexuelle Leidenschaft zu erfahren. Was, wenn es das letzte Mal sein sollte, dass sie eine solche Gelegenheit bekam? Was, wenn es ihr Schicksal war, nie wieder ein solches Verlangen zu empfinden? Was, wenn sie wieder in dieses triste Einerlei zurücksank, sobald er gegangen war?
„Sie wird von sich aus zu mir kommen müssen …“
Der Sturm tobte um das kleine Haus, aber er war nicht stärker als der Sturm in Clios Herzen.
10. KAPITEL
Blicklos starrte Clio aus dem großen Fenster in das Unwetter hinaus und hing ihren verworrenen Gedanken nach. Da sah sie plötzlich in der Fensterscheibe ein Licht hinter sich im halbdunklen Raum aufblitzen.
Verwundert wirbelte sie zu der Lampe auf dem kleinen Tisch herum. Vorhin hatte sie ein paarmal versucht, sie anzumachen. Wie hypnotisiert blickte Clio in das Licht. Es flackerte noch zweimal, ehe es seine normale Stärke beibehielt.
Der Generator war repariert.
Jalal würde jeden Moment hereinkommen.
So widerstreitende Gefühle wie Unentschlossenheit und Verlangen überkamen Clio. Sie konnte Jalal nicht gegenübertreten, nicht so, wie sie sich im Augenblick fühlte. Sie wollte auch nicht mit ihm hierbleiben, kilometerweit entfernt vom Haus.
Hätte sie sich selbst besser gekannt, wäre sie darauf gefasst gewesen, welche heftigen Gefühle sie Jalal entgegenbrachte und dass sie nicht die Willenskraft hätte, ihm zu widerstehen.
Hätte sie nur die leiseste Ahnung gehabt, wie es um sie stand, wäre sie nicht mit ihm hierhergekommen. Für nichts auf der Welt! Zu spät begriff sie, dass sie es ihrer Mutter hätte sagen müssen, sich ihr anvertrauen sollen, anstatt in diese Situation zu geraten.
Sie hastete in die Küche, schaltete das Licht dort an und füllte den Wasserkessel. Clio holte gerade Tassen aus dem Schrank und stellte den löslichen Kaffee auf die Anrichte, als Jalal hereinkam. Gleichzeitig flackerte ein Blitz auf und ein tiefes Donnergrollen ertönte, als
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