Julia Gold Band 51
Ferienwohnungen sehen?
Stirnrunzelnd suchte Clio die Tafel nach dem zweiten Haus ab. Und dann entdeckte sie es – unter dem Tiger.
9. KAPITEL
Er ist ein sehr wilder Tiger! dachte Clio, und ein Schauer lief ihr über die Haut. Jalal würde mit ihr die Ferienwohnungen kontrollieren? Warum, zum Donnerwetter, hatte ihre Mutter das so arrangiert?
Nein, Jalal hat dafür gesorgt! dachte sie entsetzt und stellte den Joghurtbecher so ungeschickt ab, dass er wegrutschte, herunterfiel und der Rest über den Boden verschüttet wurde. Sie stürzte aus der Küche, rannte den Flur hinunter und aus der Haustür, die Allee entlang und über die Brücke zum Laden. Keuchend erreichte sie das wunderschöne rote Backsteingebäude.
„Mom!“, rief sie und stürmte hinein.
Trotz des stark verhangenen Himmels waren zwei Frauen mittleren Alters im Laden und betrachteten eines der vielen Bilder. Verwundert wandten sie sich nun um.
Maddy legte den Stift beiseite und schaute von ihrem Schreibtisch auf. „Was ist denn, Clio?“, fragte sie gelassen. Clio dramatisierte von Natur aus gern, und ihr stürmischer Auftritt machte auf ihre Mutter weniger Eindruck als auf die Touristinnen.
Verlegen durch die Aufmerksamkeit, die die beiden Frauen ihr schenkten, hastete Clio zum Schreibtisch ihrer Mutter hinüber. „Warum soll Jalal die Ferienwohnungen mit mir kontrollieren?“, zischte sie leise.
„Warst du nicht da? Ach, nein, du warst gestern Abend weg.“
Clio war auf der Geburtstagsfeier einer Freundin gewesen. Dort hatten fast alle sie verrückt gemacht mit ihrer Fragerei. Alle wollten wissen, wie das Leben mit einem Prinzen denn so wäre. Selbst auf dieser Party hatte sie ihm nicht entkommen können.
„Die Mieter von Solitaire haben angerufen, dass der Generator praktisch restlos versagt hat. Jalal hat sich heute Morgen bereit erklärt, nachzusehen, ob er ihn reparieren kann.“
„Was versteht Jalal von Generatoren?“, fragte Clio ungläubig.
Maddy hob beide Brauen. „Offenbar schon etwas. Er hat sein Lager schließlich mit Windkraft und nicht mit Gebeten in Gang gehalten, weißt du.“
„Das kann ich mir denken. Ich will ihn aber nicht mitnehmen. Kann Dad nicht mitkommen?“
„Dein Vater will heute Morgen im Bootsverleih arbeiten. Er hat Jalal gefragt, ob er Solitaire übernehmen könnte. Stört dich das, Clio?“ Maddy musterte sie ernst über den Rand ihrer Lesebrille. „Abgesehen davon, dass du deine Abneigung ihm gegenüber einfach nicht überwinden kannst?“
„Ja, weil …“ Wo sollte sie anfangen? „Ich will bloß nicht den Tag mit ihm verbringen müssen. Vermutlich wird er mir das Bettenmachen überlassen und sich den typischen Männersachen …“
Ihre Mutter warf ihr einen tadelnden Blick zu. „Das ist etwas ungerecht. Wenn du allerdings eine so große Abneigung gegen ihn hast, sollte Rosalie für dich einspringen.“
„Rosalie!“
„Wenn du meinst, sie versteht inzwischen genug davon.“
„Aber ich … Rosalie kann nicht …“
„Clio, ich habe Kundschaft. Bitte kümmre dich selbst darum und mach, was du für richtig hältst“, bat Maddy und wandte sich der Frau zu, die an den Schreibtisch getreten war. „Entschuldigung, dass ich Sie habe warten lassen. Haben Sie eine Frage?“
„Macht nichts, ich habe es nicht eilig“, erwiderte die Frau zuvorkommend. „Haben Sie vielleicht ein paar preiswerte Drucke von Jerry Eagle Feather?“
„Ich habe ein paar Drucke mit geringer Auflage … Oh, entschuldigen Sie mich einen Moment! Clio!“, rief Maddy ihr nach.
Clio wandte sich um.
„Falls du Rosalie mitschickst, erinnere sie daran, sie möchte beim Solitaire nach der Katze der Williams Ausschau halten.“
Clio nickte und verließ den Laden. Ihrer Mutter war es nicht wichtig, ob sie oder Rosalie die Stunden mit Jalal verbrachten. Sie dachte vielmehr zuerst an die verschwundene Katze der Williams. Clio lief zum Haus zurück. In der Küche traf sie Jalal an. Er stand vor der Hintertür, eine Tasse Kaffee in der Hand, und starrte auf den dunklen, stark bewölkten Himmel.
„Es zieht ein Unwetter auf“, sagte er.
Clio lachte nervös. „Ja, wahrscheinlich.“
„Das Boot ist fertig. Bist du bereit?“
Unentschlossen stand Clio mitten im Raum, schaute Jalal an und hatte weiche Knie. „Hm … ja“, antwortete sie und bemühte sich, einen klaren Gedanken zu fassen. Sollte sie Rosalie bitten, für sie einzuspringen? Sie warf einen Blick auf die Aufgabentafel und sah, dass Rosalie heute Morgen
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