Julia Gold Band 51
jetzt gesehen.“
„Welche Farben hat die Katze denn?“, fragte er lächelnd.
„Schwarz und weiß.“ Sie lachte, als ihr ein Gedanke kam. „Um Himmels willen, Jalal, verwechsle sie nicht mit einem Stinktier. Wenn du ein Tier mit einem breiten weißen Streifen mitten auf dem Rücken siehst, dann lass es in Ruhe!“
Er schaute ihr in die Augen. „Ich habe nicht die Absicht, eine schwarz-weiße Katze einzufangen. Sie wird von sich aus zu mir kommen müssen.“
Clio hatte das dumpfe Gefühl, dass seine Worte doppeldeutig waren. Hitze stieg ihr in die Wangen. Was wollte er damit sagen? Dass sie den ersten Schritt machen musste, wenn sie ihn begehrte?
Das konnte ihr nur recht sein. Sie hegte nicht die Absicht, ihre wiederentdeckten Triebe mit ihm auszuleben. Und einen Schritt auf ihn zu würde sie ohnehin niemals machen. Somit waren seine Worte eine Erleichterung.
Sie war jedoch nicht so naiv, dass sie glaubte, nur weil Jalal sich in Zara verliebt hatte, könnte er nicht sie, Clio, attraktiv finden. Mit sechzehn hatte sie so etwas geglaubt. Heute wusste sie es besser. Natürlich konnte er mit ihr schlafen, auch wenn er mit dem Herzen bei einer anderen war. Männer taten so etwas schließlich oft genug, oder nicht?
Jedenfalls würde die Frau, die er begehrte, Zara, für ihn wohl unerreichbar bleiben. Und niemand konnte von ihm erwarten, dass er für den Rest des Lebens enthaltsam blieb. Rein sachlich betrachtet hatte Jalal nichts verbrochen. Es war einfach Pech, dass die Frau, deren Name er geflüstert hatte, ihre Schwester war und dass sie einen ähnlichen Vorfall schon einmal erlebt hatte.
Vermutlich würde er sich, genau wie Peter, darüber wundern, dass sie sich den Versprecher in der Hitze des Augenblicks so zu Herzen nahm. Aber er hatte offenbar ja noch nicht einmal gemerkt, dass der Name ihm herausgerutscht war. Falls doch, würde er sie vermutlich als Neurotikerin betrachten.
Drohend rollte der erste Donner, als Jalal das Boot an die Anlegestelle steuerte, und der aufkommende Wind kündete den Regen an. Clio sprang mit dem Seil am Bug aus dem Boot. Im selben Moment fielen die ersten dicken Regentropfen. Jalal lud die Plastiktaschen mit den Laken und den Handwerkskasten aus.
Auf der Veranda suchte Clio in ihrer Tasche nach dem Hausschlüssel. „Ich mache die Hausarbeit allein. Du kannst dich gleich um den Generator kümmern.“
Jalal nickte und stieß die Tür auf. „Kommst du allein zurecht?“
Das fragte er wegen des Schreckenserlebnisses, das sie hier gehabt hatten. Doch sie war seit jenem Vorfall jeden Samstag hier gewesen. Solitaire lag landschaftlich einfach zu schön, als dass schlechte Erinnerungen es ihr verderben könnten.
Dennoch war sie nicht allein gewesen. Ben hatte sie jedes Mal begleitet.
„Würde es dir etwas ausmachen, wenn du erst mit mir hineingehst?“, fragte sie.
Jalal ließ den Handwerkskasten auf der Veranda stehen, folgte ihr und begleitete Clio einmal durch alle Räume. Dabei achtete er jedoch darauf, ihr nicht zu dicht auf den Fersen zu bleiben.
Dadurch fiel es Clio noch mehr auf, dass sie hier vollkommen allein waren.
Solitaire war nicht besonders groß und hatte nur zwei Schlafzimmer. Dafür lag es landschaftlich herrlich, und Gäste, die einmal hier gewesen waren, kamen gern wieder.
Besonders Flitterwöchner liebten dieses Ferienhaus. Mehrere Paare, die auf ihrer Hochzeitsreise hergekommen waren, meldeten sich jedes Jahr wieder. Sie hatten hier viel Sonne, und das Haus lag abgeschiedener als die anderen.
Nachdem sie nichts Außergewöhnliches vorgefunden hatten, nahm Jalal sein Werkzeug und marschierte damit nach draußen in den Regen und zu dem kleinen Schuppen hinüber, der ein paar Meter weiter zwischen den Bäumen stand.
Von einem der Schlafzimmerfenster aus sah Clio ihm nach. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals. Er sah wirklich fantastisch aus. Und der Regen schien ihm nichts auszumachen. Mehr noch, sie hatte schon ein paarmal gespürt, dass er eine Verbundenheit mit der Landschaft besaß, die ihr Herz höher schlagen ließ.
Er senkte nicht einmal den Kopf und lief nicht schneller, nur weil es regnete. Es sah eher so aus, als ginge er gern durch einen Regenschauer. Nein, daran lag es wohl nicht. Er akzeptierte den Regen in der gleichen Art und Weise wie er den Waldboden unter seinen Füßen und die Zweige der Bäume, die seine Schultern streiften, als selbstverständlich betrachtete.
Sie seufzte und wandte sich nicht eher ab, bis er außer Sichtweite
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